Eines steht in Italien nach dem Wahlsieg des rechten Bündnisses unter Führung der Rechtsaußen-Politikerin Giorgia Meloni fest: Es wird eine neue Regierung in Rom geben. Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Wahllokale kommt Giorgia Melonis Fratelli d'Italia auf mehr als 26 Prozent und damit vier Punkte mehr als bei der letzten Wahl 2018. Matteo Salvinis Lega stürzte dagegen von 17 auf neun Prozent ab. Die Forza Italia von Silvio Berlusconi kam auf rund acht Prozent. Die Mitte-Links-Partei (PD) um Enrico Letta kam auf rund 19 und die 5-Sterne-Bewegung des ehemaligen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte auf rund 15 Prozent.
Der Weg vom Wahlsieg zum Regierungsantritt kann in Italien allerdings langwierig und kompliziert sein. In den vergangenen Jahrzehnten hat es nach den Wahlen zwischen vier und zwölf Wochen gedauert, bis eine neue Regierung im Amt war.
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Video: Alexander Graf Lambsdorff über das italienische Wahlergebnis
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Vier Etappen, bis Draghi-Nachfolger im Amt ist
Grundsätzlich gilt: Je deutlicher das Wahlergebnis ist, desto schneller geht es. Aber manche Schritte lassen sich nicht verkürzen - weil sie von der italienischen Verfassung vorgeschrieben oder fester Teil der republikanischen Tradition sind.
Sicher scheint, dass der scheidende Ministerpräsident Mario Draghi noch im Amt sein wird, wenn die Staats- und Regierungschefs der EU am 7. Oktober zu ihrem informellen Gipfeltreffen in Prag zusammenkommen. Bevor seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger im Amt ist, stehen vier Etappen an:
Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses
Auf der Website des Innenministeriums wird am Tag nach der Wahl das vorläufige Ergebnis nach und nach so lange aktualisiert, bis alle Stimmen ausgezählt sind. Im Lauf des Tages dürfte dort dann das offizielle Endergebnis bekanntgegeben werden.
Neugewähltes Parlament tritt zusammen
Die italienische Verfassung schreibt vor, dass sich die neugewählten Parlamentskammern, der Senat und das Abgeordnetenhaus, innerhalb von 20 Tagen nach der Wahl zu ihrer konstituierenden Sitzung treffen - in diesem Jahr also spätestens am 15. Oktober. Bei dieser Sitzung werden die Präsidenten der beiden Kammern gewählt. Erst danach kann der offizielle Prozess der Regierungsbildung beginnen.
Präsident beauftragt Regierungschef
Es gehört zur politischen Tradition in Italien, dass der Staatspräsident die Beratungen über die Bildung einer neuen Regierung zuerst mit den Präsidenten der beiden Parlamentskammern beginnt, gefolgt von den Vorsitzenden der wichtigsten Parteien und gegebenenfalls den Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen.
Bei einem eindeutigen Wahlergebnis sind diese Beratungen Formsache und dauern rund zwei Tage. Fällt das Ergebnis nicht eindeutig aus, können sie bis zu einer Woche beanspruchen, weil es dann tatsächlich darum geht, eine vertrackte Situation aufzulösen.
Nach den Beratungen beauftragt der Staatspräsident dann eine Persönlichkeit mit der Bildung einer neuen Regierung. Wichtigstes Kriterium dabei ist, dass sie eine realistische Aussicht hat, eine Mehrheit im Parlament hinter sich zu vereinen. In diesem Fall also voraussichtlich Meloni.
In einer ersten Reaktion betonte sie, die Wähler hätten den rechten Parteien einen klaren Auftrag erteilt, die Regierung zu bilden. Nun sei Einigkeit gefragt, um die vielen Probleme im Land anzugehen. "Wenn wir dazu aufgerufen werden, diese Nation zu regieren, werden wir dies für alle Italiener tun, mit dem Ziel, das Volk zu vereinen, das Verbindende zu fördern und nicht das Trennende", sagte Meloni vor Journalisten.
Die vom Staatspräsidenten beauftragte Persönlichkeit akzeptiert das Mandat dann "unter Vorbehalt", wie es im italienischen Politikjargon heißt. Danach beginnen die offiziellen Verhandlungen mit den politischen Verbündeten über die Ministerposten und das Regierungsprogramm. Bei erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen kehrt die oder der Beauftragte zum Präsidenten zurück und "hebt den Vorbehalt auf".
Die Regierung wird ins Amt geführt
Die neue Regierung wird dann umgehend öffentlich bekannt gegeben und noch am selben oder spätestens am folgenden Tag vor dem Staatspräsidenten vereidigt. Anschließend begeben sich der neue Ministerpräsident oder die neue Ministerpräsidentin und das Kabinett zum Palazzo Chigi im Zentrum Roms, dem offiziellen Sitz des Regierungschefs. Dort übergibt der scheidende Ministerpräsident offiziell seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger die Regierungsgeschäfte. Als symbolische Geste wird dabei eine Handglocke überreicht, mit der der Ministerpräsident traditionell die Kabinettssitzungen eröffnet.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden im Hinblick auf die Regierungsbildung zwei seit Gründung der italienischen Republik bestehende Rekorde gebrochen: 2008 brauchte der damalige Wahlsieger Silvio Berlusconi nur 24 Tage, um nach der Wahl ins Amt eingeführt zu werden - es war die schnellste Regierungsbildung aller Zeiten. 2018 benötigte Giuseppe Conte ganze 89 Tage - ein Negativrekord.