27.03.2025, Berlin: Levin Holle (l), Vorstand Finanzen und Logistik der Deutschen Bahn AG, verlässt das Podium neben Richard Lutz, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Bahn AG, am Ende der Pressekonferenz. Die Deutschen Bahn stellt die Bilanz für 2024 vor. Foto: Carsten Koall/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Bilanz-PK Deutsche Bahn - Jahreszahlen 2024

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Jahresbilanz der Bahn: Verspätung, Verschuldung, Verunsicherung

Jahresbilanz der Bahn: Verspätung, Verschuldung, Verunsicherung

Seit Jahren fährt die Bahn ein Minus ein. Auch 2024. Wieder stellt die Bahn eine Trendwende in Aussicht. Eine neue Koalition könnte demnächst die Vorstände austauschen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Bahn zieht Bilanz und man weiß, was kommt: Verspätung, Verschuldung, Verunsicherung. Der Ablauf ist jedes Jahr derselbe. Ein ernst dreinschauender Bahnchef, sekundiert vom Finanzvorstand, gibt sich demütig und optimistisch. Nur die Worte variieren. Bahnchef Richard Lutz spricht dieses Jahr von "der größten Krise seit 30 Jahren". Zum Beispiel die Pünktlichkeit: Hier lag die Bahn im vergangenen Jahr bei einem Allzeittiefstwert von 62,5 Prozent pünktlicher Fernzüge. Gut für die Bahn, dass ausgefallene Züge erst gar nicht in die Statistik einfließen. Schlecht für die Bahn ist, dass Kunden ab einer Stunde Verspätung eine Entschädigung beantragen können und das auch taten. Der Konzern musste 200 Millionen Euro bezahlen, 70 Millionen mehr als im Vorjahr.

Weniger Fahrgäste im Fernverkehr

"Wir merken, dass die Geduld unserer Kunden endlich ist", sagt Lutz. Geringere Pünktlichkeit führte zu weniger Fahrgästen im Fernverkehr. Die Verkehrsleistung sank um drei Prozent auf 44,1 Milliarden Personenkilometer. Der Umsatz sank um rund 50 Millionen Euro, der operative Verlust verdoppelte sich auf 96 Millionen Euro. Im Güterverkehr bei DB-Cargo transportierte die Bahn neun Prozent weniger. Der Umsatz sank um 3,2 Prozent. Nur bei DB Regio lief es besser: Nach Verlusten im Vorjahr konnte man hier 5,9 Prozent mehr Umsatz einstreichen. Das Deutschlandticket habe für mehr Regionalverkehrsnutzer gesorgt, sagt Lutz.

Millionen- statt Milliardenverlust dank Bundesgeldern

Dass der operative Verlust vor Zinsen und Steuern bei nur 333 Millionen lag, nachdem er 2023 noch 2,18 Milliarden betragen hatte, gibt wenig Anlass zu Freude. Grund waren wohl vor allem Ausgleichszahlungen des Bundes für die Instandhaltungsmaßnahmen. Geld also, für das die Bahn 2024 nicht selbst aufkommen musste.

Wie es wurde, was es ist

Woran liegt es also? Die desaströse Pünktlichkeit erklärt man vor allem mit dem schlechten Zustand der Infrastruktur. Viele ungeplante Baustellen führten zu Verspätungen. Das Netz sei auch ohne diese Notfallmaßnahmen schon über die Maßen ausgelastet. "Negativ ausgewirkt haben sich auch die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL im ersten Quartal 2024 sowie insbesondere im Schienengüterverkehr die schwache Konjunktur", heißt es im Bericht.

Wie es besser werden soll

Die Bahn will sanieren, was Geldbeutel und Bauunternehmen hergeben. Zusammengefasst steht das im Bahn-internen Strategiepapier "S3" unter anderem für Sanierungen zwischen 2024 und 2027. Die erste Sanierung, die Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt, ging die Bahn öffentlichkeitswirksam an. Man wollte zeigen, dass es geht. Fünf Monate wurde die wichtige Strecke gesperrt.

Die Bahn feiert sich dafür. Eisenbahnexperte Prof. Christian Böttger von der TU Berlin fordert eine ehrliche Bilanz der Kosten, bevor man das Konzept auf weitere 40 Korridore überträgt. Der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange dagegen sieht in der Riedbahn-Sanierung eine "Mogelpackung". "Generalsanierung, das bedeutet, mein Haus ist neu danach. Was die Deutsche Bahn uns geliefert hat, war eine Reparatur an Weichen, Stellwerken, aber nicht eine Generalsanierung", sagt Lange gegenüber BR24. Das Sanierungskonzept der Bahn werde in der neuen Regierung evaluiert und neu aufgesetzt.

Bahn setzt auf das neue Sondervermögen

Die Bahn verspricht sich von den Generalsanierungen mehr Pünktlichkeit: Sie peilt bis zu 80 Prozent bereits 2027 an. Außerdem will sie ihre Verwaltung verschlanken und bis dahin 10.000 Stellen einsparen. Für all das hofft sie auf Geld aus dem Sondervermögen. Allein die Sanierung der Riedbahn beläuft sich auf rund 1,5 Milliarden Euro - 15 Prozent mehr als nach dem Ende der Bauarbeiten veranschlagt waren. Für die Sanierung Hamburg-Berlin sind 2,2 Milliarden Euro vorgesehen. Bis zu 150 Milliarden Euro brauche der Konzern aus dem Sondervermögen Infrastruktur, betonten Lutz und sein Finanzvorstand.

Topgehalt für den Bahnchef und unklare Aussichten

Für den Vorstandsvorsitzenden Lutz selbst macht sich die "größte Krise" in seinem Konzern bislang nicht bemerkbar. Im Gegenteil: Sein Gehalt stieg inklusive Boni auf 2,1 Millionen Euro im Jahr 2024. Allerdings ist unklar wie es für Lutz und weitergeht. In einem Papier der Koalitionsverhandler von Union und SPD ist die Rede von "einer Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand". Der Bahnchef sagt, er wolle diese Pläne nun abwarten.

Im Video: Experte Christian Böttger zur Bahn-Bilanz

Experte Christian Böttger
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Experte Christian Böttger

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