Über das AfD-Ergebnis der Landtagswahl in Niedersachsen zeigt sich die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, schockiert. "Krisenzeiten waren zwar immer eine Feuerprobe für die Demokratie, aber Zuwächse für eine rechtsextreme Partei in dieser Größenordnung sind ein Alarmzeichen für das ganze Land - weit über Niedersachsen hinaus", erklärte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern am Sonntagabend in München.
AfD fast doppelt so viele Stimmen
Hochrechnungen zufolge konnte die AfD bei der letzten Landtagswahl des laufenden Jahres die Stimmanteile fast verdoppeln und schafft demnach ein zweistelliges Ergebnis.
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Knobloch: Extremisten endlich den Boden entziehen
Es sei mehr als verständlich, dass die Menschen "derzeit ihre Sorgen und Nöte mit in die Wahlkabine nähmen", betonte Knobloch. "Wenn sich aber derart viele Wähler für eine Partei entscheiden, die außer Hass und Ausgrenzung nichts zu bieten hat und das Wertegerüst unserer Heimat angreift, dann macht das die Krise nur noch schlimmer." Minderheiten wie die jüdische Gemeinschaft bekämen dies zuerst zu spüren, "am Ende trifft es aber die ganze Breite der Gesellschaft."
Die demokratischen Parteien und die Bundes- und Landesregierungen müssten in dieser Lage eine kraftvolle Antwort geben, mahnte Knobloch: "Damit die Menschen das Vertrauen in die Demokratie nicht verlieren, müssen sie sehen, dass ihre Probleme gelöst werden." Es brauche klare Botschaften und zügige Lösungen, "damit wir den Extremisten endlich den Boden entziehen können."
CDU und SPD mit Schuldzuweisungen
Die AfD spielt zwar in Niedersachsen für die Regierungsbildung keine Rolle, weil niemand mit der Rechts-Partei koalieren will. Aber ihr Ergebnis wurde in den Stellungnahmen der anderen Parteien als Alarmsignal gewertet - zumal sie auch bundesweit in Umfragen im Höhenflug ist. Nach einer Analyse von Infratest dimap hat die AfD vor allem von den Sorgen der Menschen vor unbezahlbaren Energierechnungen profitiert.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert beklagte, andere Parteien hätten einen "Anti-Ampel-Wahlkampf" gemacht und müssten sich fragen, "ob sie mit dem Nörgeln nicht schlussendlich die Falschen gestärkt haben." Dagegen hat der "rechte Rand" nach Meinung von CDU-Generalsekretär Mario Czaja vom Unmut über den Zickzack-Kurs der Bundesregierung profitiert.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zeigt sich besorgt. Die Verluste der anderen demokratischen Parteien und der "Gewinn für Putinfans machen Sorgen", twitterte der Grüne.
AfD fordert Friedensverhandlungen mit Putin
Der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla erklärte in Interviews, seine Partei sei in Bund und Land geeint aufgetreten und habe auf die richtigen Themen gesetzt, nämlich die Ursachen der Energiekrise und eine "verfehlte Bundespolitik". Der AfD-Chef wiederholte die Forderung, die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs aufzuheben, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen und weiter billiges Gas aus Russland zu beziehen. "Wir stehen auch an der Schwelle eines dritten Weltkriegs", sagte Chrupalla - dieses Problem benenne keine andere Partei. Nötig seien Friedensverhandlungen mit Russland.
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