Der in Russland inhaftierte Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben seiner Unterstützer aus dem Gefängnis nahe Moskau an einen unbekannten Ort gebracht worden. Ein Gericht habe Nawalnys Anwalt mitgeteilt, dass der Kreml-Kritiker "die Region Wladimir verlassen" habe, in der er inhaftiert gewesen sei, teilte Nawalnys im Exil lebende Sprecherin Kira Jarmisch mit. "Es ist nicht klar, wohin genau", fügte sie hinzu. Rund eine Woche war unklar, was mit dem 47-Jährigen geschehen war.
Seit Dezember kein Kontakt zu Nawalny
Nawalnys Angehörige hatten seit dem 6. Dezember nichts mehr von dem Oppositionellen gehört. Im Sommer war Nawalnys Haftstrafe auf 19 Jahre erhöht worden, zusätzlich zu den elfeinhalb Jahren, die er gerade absitzt. Insgesamt summieren sich jetzt die Strafen auf 30 Jahre Strafkolonie. Verurteilt ist er unter anderem wegen angeblichem Extremismus. Nawalny ist deshalb international als politischer Gefangener eingestuft. Ein Gericht ordnete zudem seine Überführung in ein Gefängnis mit schärferen Haftbedingungen an. Überführungen von einer Strafanstalt zur anderen dauern in Russland häufig mehrere Wochen.
Zusammenhang mit Präsidentenwahl vermutet
Nawalnys Umfeld hatte sich bereits darauf vorbereitet, dass der prominenteste Kritiker von Präsident Wladimir Putin in ein härteres Straflager verlegt werden könnte. Laut Nawalnys Mitarbeiter Ljubow Sobol steht der Zeitpunkt der Verlegung wohl im Zusammenhang mit der Ankündigung Putins, bei der Präsidentenwahl im März erneut zu kandidieren: "Sie haben derart Angst vor Nawalny, dass sie entschieden haben, Nawalny so weit wie möglich von der Außenwelt abzuschneiden."
Nawalnys Kampagne gegen Putin-Wiederwahl
Vergangene Woche hatte das Team von Nawalny eine Kampagne gegen die Wiederwahl von Präsident Putin im kommenden März gestartet. Unter dem Motto "Russland ohne Putin" wird dazu aufgerufen, für andere Kandidaten zu stimmen. Auch deshalb geht sein Umfeld davon aus, dass er in ein noch härteres Straflager verlegt worden sein könnte.
Nawalny gilt als schärfster innenpolitischer Kritiker von Präsident Wladimir Putin. Nach einem Giftanschlag, für den er den Kreml verantwortlich macht, war er zu seiner Behandlung nach Deutschland ausgereist. Westliche Labore gingen vom Nervengift Nowitschok aus. Nawalny beschuldigte Präsident Putin, das Attentat auf ihn beim Geheimdienst FSB beauftragt zu haben. Im Januar 2021 kehrte Nawalny nach Russland zurück und wurde sofort verhaftet.
Mit Informationen von AFP
Im Audio: Prozesse gegen Regimegegner in Russland: Wie viel Stalin steckt in Putin?
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