Krieg macht vor Kultur nicht halt – das wird gerade mehr als deutlich. Die russische Armee setzt ihre Angriffe auf Ziele in der Ukraine unvermindert fort. Nach Angaben örtlicher Behörden wurde in Mariupol eine Kunstschule bombardiert. Seither ist das berühmte Monument auf dem zentralen Platz von Borodjanka ein Trümmerhaufen.
In Berlin äußerte sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth erschüttert. Sie sagte, Putin und seine Schergen wollten die eigenständige Kultur der Ukraine zerstören. Um das zu verhindern, hat Roth vor einigen Monaten das Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine gegründet.
400 Museen in der Ukraine zerstört oder beschädigt
Die Ukraine war vor Beginn des Krieges reich an Kultur: Tausende Museen und Kulturstätten, darunter sieben Welterbestätten. Beate Reifenscheid leitet das Ludwig-Museum in Koblenz und ist Deutschland Präsidentin des Internationalen Museumsrates ICOM. Sie spielt eine zentrale Rolle im Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine, das von Kulturstaatsministerin Claudia Roth gegründet wurde um zum Schutz dieser Kulturschätze beizutragen.
"In der Tat sind es eigentlich über 5000 Museen in der Ukraine. Und von denen sind jetzt im Moment, so weit wir wissen, 400 betroffen", so Reifenscheid im BR24 Thema des Tages. "Das heißt, die sind entweder zerstört oder aber beschädigt, bis hin zu massiv beschädigt."
Historische Baudenkmäler und Kirchen dem Erdboden gleich gemacht
Neben historischen Baudenkmälern seien von den Zerstörungen ganz massiv auch Kirchen betroffen. "Wir wissen von 270 Kirchen, die zerstörten worden sind", so Reifenscheid. Auch das Nationalmuseum in Kiew sei getroffen worden. "Es wird auch von uns beobachtet, dass die Ikonen dessen, was kulturelle Identität für die Ukraine ausmachen kann, sehr gezielt beschossen wurden. (...) Es sind viele Orte, wo Philosophen und Literaten gelebt haben, die beschossen worden sind und die einfach richtig zerstört sind", so die Museumsdirektorin weiter.
"Man kann schon davon ausgehen, dass es nicht nur zufällige Bombenabwürfe sind, sondern dass da sehr gezielt auch immer wieder ganz wichtige Baudenkmäler getroffen werden." Außerdem werden aus den Museen auch gestohlen, fügt Reifenscheid hinzu.
Ukrainische Kunstwerke auf dem russischen Markt
Beate Reifenscheid geht auch davon aus, dass ukrainische Raubkunst in Russland ausgestellt oder dort auf dem Kunstmarkt gehandelt werde. "Deshalb gibt es ja große Bestrebungen, diese sogenannten 'Red Lists', also die roten Listen zur Abwehrung des illegalen Handels, parat zu haben. Solche Verzeichnisse würden zum Beispiel auch an Zollstationen ausgelegt.
Aber man solle sich nichts vormachen, fügt die Kunstexpertin hinzu: "Vieles verschwindet natürlich unter der Hand und wird jetzt nicht gerade auf großen internationalen Plattformen angeboten. Das wird schon schwierig sein, das einzudämmen." Jedoch versuchten sie die Bestände digital zu erfassen, um überprüfen zu können was geklaut wurde und und was nicht.
- Zum Artikel: "Kriegsfotografie: Mit Bildern Bewusstsein für Krisen schaffen"
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.