Immer mehr Bedürftige, immer weniger Nahrungsmittelspenden: Vor der Jahreshauptversammlung des Vereins Tafel Deutschland in Mannheim ist die Lage der ehrenamtlichen Essensverteiler in Bayern angespannt – auch in Bayern, wie Peter Zilles, Vorsitzender des Landesverbands Tafel Bayern mit Sitz in Bayreuth berichtet. Er bezeichnet die Lage als "herausfordernd".
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Aufnahmestopp oder verkürzte Ausgabezeiten möglich
"Wir schauen, wie wir das Beste daraus machen können", sagt Zilles. Derzeit könne man das Angebot noch aufrechterhalten. Sollte die Schere zwischen sinkenden Lebensmittelspenden und steigendem Bedarf weiter auseinandergehen, könne es passieren, dass einzelne Tafeln über einen Aufnahmestopp oder verkürzte Ausgabezeiten nachdenken müssten.
Angesichts der schwierigen Lage bei der Verteilung von Lebensmitteln an bedürftige Menschen rufen die Tafeln und auch der Sozialverband Deutschland nach mehr Verantwortung von Seiten des Staates. "Die Arbeit der Tafeln überall in Deutschland verdient unser aller Respekt und Anerkennung", so die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier. "Aber der Staat hat die Verantwortung, das Existenzminimum abzusichern - und nicht die Tafeln."
Sozialverband: Berichte von den Tafeln "erschreckend"
Die Berichte von den Tafeln seien erschreckend, sagt Englmeier. "In Zeiten von Rekordinflation und Preisexplosion können sich viele nicht einmal mehr das Essen leisten", so die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland. Dabei gehe es nicht allein um Menschen, die Bürgergeld empfingen, sondern auch um Millionen Geringverdienende und Rentner. Nach wie vor kämen sehr viele Geflüchtete nach Deutschland, sagt der Vereinsvorsitzende des Landesverbands der Tafeln in Bayern, Peter Zilles - einerseits aus der Ukraine, andererseits auch wieder immer häufiger über das Mittelmeer: "Sie alle sind potentielle Tafel-Kunden."
Zur gleichen Zeit gebe es jedoch immer weniger Lebensmittelspenden. Dies führt Bayerns Tafel-Vorsitzender Zilles zum einen darauf zurück, dass die Lebensmittelhändler immer häufiger auf digitale Bestellsysteme zurückgriffen. So könnten sie die Bestellmengen besser an den tatsächlichen Bedarf anpassen, es bleibe weniger übrig.
Konkurrenz bei Lebensmitteln durch Mitbewerber wie Foodsharing
"Zum anderen haben wir viele Mitbewerber wie zum Beispiel Foodsharing", sagt Zilles. Allerdings begrüße man, dass auch andere Vereine versuchten, möglichst viele Lebensmittel vor dem Mülleimer zu bewahren. Denn Lebensmittelrettung sei neben der Hilfe für Menschen mit niedrigem Einkommen das zweite Anliegen der Tafeln.
Bayernweit helfen nach Angaben von Peter Zilles derzeit rund 11.300 Menschen ehrenamtlich bei den rund 170 Tafeln im Freistaat - das sei eine erfreulich hohe Zahl. "Was die normale Tafeltätigkeit angeht, haben wir derzeit genügend Ehrenamtliche", sagt der Landesvorsitzende. "Schwieriger ist es, Leute zu finden, die eine Tafel leiten wollen." Denn dabei müsse man sich auf mehr Wochenstunden und unregelmäßige Einsatzzeiten einstellen.
Das Bundestafeltreffen von Donnerstag bis Samstag in Mannheim ist die Jahreshauptversammlung der Orts- und Landesverbände der Tafeln. Dabei wird auch ein neuer Bundesvorstand gewählt.
Mit Informationen von dpa, KNA und Reuters.
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