Der Gesetzesentwurf zur teilweisen Legalisierung von Cannabis wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen und damit auf den Weg gebracht. Nachfolgend müssen noch Bundestag und Bundesrat dazu beraten. Mit einem Inkrafttreten rechnet das Gesundheitsministerium bis zum Jahresende.
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Lauterbach zur Cannabis-Legalisierung: "Gesetz mit Augenmaß"
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hob hervor, dass mit dem Gesetz bestehende Probleme angegangen werden sollen: Der steigende Konsum, zunehmende Drogenkriminalität, ein Schwarzmarkt, auf dem es zunehmend toxische Beimischungen gebe. Cannabis heute habe "wenig mit dem Cannabis-Konsum von vor 30 Jahren zu tun". Höhere THC-Werte, Beimengungen und Streckungen seien bedenklich. Diesen Problemen wolle man mit einer "kontrollierten Legalisierung" begegnen. Lauterbach sprach von einem "Gesetz mit Augenmaß".
Der Gesundheitsminister betonte in der Pressekonferenz zum Gesetzesvorhaben, dass der Kinder- und Jugendschutz "ausgedehnt" werde. Die teilweise Legalisierung werde von einer Kampagne begleitet, die das Thema enttabuisiere und die jedem das Wissen um die Gefahren des Konsums vermittle. Insbesondere Jugendliche sollen mit der Kampagne erreicht werden. Bis zum Alter von 25 Jahren könne das wachsende Gehirn vom Konsum nachhaltig geschädigt werden und zu Psychosen, Aufmerksamkeitsstörungen sowie einer größeren Suchtaffinität führen.
Die Legalisierung sollte in Deutschland nicht so weit gehen wie "in Holland oder einigen amerikanischen Bundesstaaten", so Lauterbach. Das hätte dazu geführt, dass der Konsum ausgedehnt worden wäre. Das neue Gesetz hingegen wolle den Konsum eingrenzen und sicherer machen. Für eine Festlegung von Grenzwerten beim Autofahrer wolle man zunächst wissenschaftliche Studien auswerten.
Cannabis-Legalisierung: Das ist vorgesehen
Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach sieht vor, dass der Besitz von 25 Gramm Cannabis für erwachsene Privatpersonen straffrei sein soll.
Zudem können Privatpersonen mit bis zu drei Pflanzen selbst Cannabis anbauen. In neu zu gründenden Vereinen von bis zu 500 Personen soll zudem für den privaten Konsum Cannabis angebaut werden dürfen. Die Abgabe soll für Mitglieder auf 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat beschränkt werden. Nach Angaben von Lauterbach werden die Preise "wahrscheinlich" niedriger als auf dem Schwarzmarkt sein.
Geplant ist zudem eine Präventionskampagne zum Jugendschutz. Für Kinder und Jugendlichen bleibt der Konsum verboten. Um Anbauorte solle es eine Schutzzone von 200 Meter Abstand etwa zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Spielplätzen oder Sportstätten geben.
Lauterbach: Den Schwarzmarkt austrocknen
Lauterbach hatte die Teillegalisierung von Cannabis-Anbau und -Konsum bereits früher damit gerechtfertigt, dass man damit den ohnehin stattfindenden Cannabis-Konsum aus der Illegalität hole und einen Schwarzmarkt austrockne. Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), verteidigte das Vorhaben und sprach am Mittwoch im Deutschlandfunk von einem "Paradigmenwechsel". Der Konsum von Cannabis werde nicht verharmlost, es gebe aber mehr Gesundheits- und Jugendschutz sowie Prävention. Eine reine Verbotspolitik habe zu mehr Konsum geführt.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wies Befürchtungen des Deutschen Richterbunds zurück. Wenn Menschen auf legale Weise Cannabis kaufen und konsumieren könnten, würden weniger Fälle vor Gericht landen, sagte er den Funke-Medien. Der Richterbund hatte gewarnt, eine Legalisierung der Droge werde zu einer zusätzlichen Belastung der Justiz führen.
Erneute Kritik von Bayerns Gesundheitsminister Holetschek
Kurz vor der Pressekonferenz am Mittwoch hatte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek einen sofortigen Stopp der Bundesregierungspläne zur Cannabis-Legalisierung gefordert. Lauterbach dürfe Kritik von Ärzten, dem Deutschen Richterbund und der Gewerkschaft der Polizei an dem Vorhaben nicht ignorieren, sagte der CSU-Politiker. "Wenn Lauterbach immer noch nicht zur Vernunft kommt, muss Bundeskanzler Scholz die Notbremse ziehen und den aberwitzigen Legalisierungskurs stoppen."
Besser oder schlechter für den Jugendschutz?
Ein Streitpunkt ist, ob der Jugendschutz mit dem Gesetz geschwächt oder gestärkt wirkt. Holetschek hatte erst im April gesagt: "Und die entscheidende Frage ist, ob damit der Kinder- und Jugendschutz gestärkt werden kann. Wenn ich eine Droge verharmlose und zum Eigengebrauch freigebe und gleichzeitig betone: Das fördert den Jugendschutz."
Gegenteilig argumentierte hingegen die Sprecherin für Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Kristine Lütke, im Interview mit der Bayern 2 radioWelt: "Mit einer kontrollierten Abgabe an Erwachsene können wir hier für einen besseren Gesundheits- und Verbraucherschutz, aber eben auch für einen besseren Kinder- und Jugendschutz sorgen." Die FDP-Politikerin aus Nürnberg wies darauf hin, dass immer mehr Verunreinigungen wie Schwermetalle oder Haarspray in den Drogen sei, all das belaste die Gesundheit. Durch eine Legalisierung seien Konsumenten "nicht mehr gezwungen, sich auf dem Schwarzmarkt zu versorgen".
Risiken im Umgang mit Cannabis räumte Lütke zwar ein, verwies aber Präventions- und Aufklärungsprogramme, "damit ein mündiger Umgang mit Cannabis stattfinden kann". Der Drogenbeauftragte Blienert forderte zugleich mehr Mittel für die Prävention, etwa für die Drogenberatung an Schulen. Auch einen Grenzwert für Autofahrer hält er für sinnvoll, sieht hier aber noch Klärungsbedarf. Cannabis baue sich im Körper anders ab als Alkohol, es könne Tage später noch nachgewiesen werden.
Länder können Gesetz im Bundesrat nicht stoppen
Nachdem das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen hat, müssen Bundestag und Bundesrat noch darüber beraten. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist das Gesetz jedoch im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.
Mit Informationen von dpa, KNA und AFP
Im Video: Freude und Kritik zur geplanten Cannabis-Legalisierung
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