Nach dem gescheiterten Aufstand der Wagner-Söldner am vergangenen Wochenende wachsen die Sorgen um eine Destabilisierung Russlands. "Dieses Land ist schon in einem Zustand, der kläglich ist", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn im Interview mit Bayern 2. Es bestehe die Gefahr, dass das "Monopol der öffentlichen Macht, der Militärs, der Polizei" nicht mehr in der Hand der Regierung sein könnte. Eine Gefahr seien die vielen verschiedenen Armeen im Lande: "Die Wagner-Truppe, Kadyrow hat eine Truppe, Gazprom hat eine Truppe. Und es gibt noch Dutzende."
Ramsan Kadyrow, Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien, hatte seine Truppen ausrücken lassen, um Rostow und Moskau vor einfallenden Wagner-Kämpfern zu verteidigen.
Destabilisierung der Atommacht Russland großes Problem
Russland sei ein großes Land und verfüge über 6.000 Atomsprengköpfe, so Asselborn. Eine Destabilisierung des Landes könne zu ganz großen Problemen führen, nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt. Dass die Atomwaffen zum Einsatz kommen, glaubt Asselborn dennoch nicht. Das russische Militär sei sich darüber bewusst, dass das in die Katastrophe führen würde.
Er hoffe darauf, dass Länder wie Indien, Brasilien, Südafrika und China sehen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin angeschlagen sei und es falsch sei, "alle Eier in den Korb von Putin zu legen".
Auch Lukaschenko warnt vor Folgen eines Zusammenbruchs
Auch der autoritär regierende belarussische Präsident Alexander Lukaschenko bezeichnete den kurzzeitigen Aufstand der Söldnertruppe als ernsthafte Bedrohung sowohl für sein Land als auch für Russland. Als sich die Ereignisse am Wochenende überschlugen, habe er das Militär in Kampfbereitschaft versetzt, sagte Lukaschenko in einer Rede vor Offizieren und warnte vor einer Ausweitung des Kriegs in der Ukraine. "Wenn Russland zusammenbricht, werden wir alle unter den Trümmern umkommen", sagte er.
Wo ist Wagner-Chef Prigoschin?
Zum Aufenthaltsort von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin äußerte sich Lukaschenko nicht. Das auf die Beobachtung von Militäraktivitäten spezialisierte, unabhängige Projekt Belaruski Hajun teilte mit, ein Privatjet Prigoschins sei am frühen Dienstagmorgen auf einem Militärflugplatz außerhalb der belarussischen Hauptstadt Minsk gelandet. Ob der Wagner-Chef an Bord war, blieb unklar.
Der belarussische Präsident hatte die Einigung mit Prigoschin vermittelt, die letztlich dazu führte, dass dieser am Samstag einen Vormarsch seiner Kämpfer auf Moskau abbrach. Teil dieser Vereinbarung war, dass Prigoschin ins Exil nach Belarus gehen sollte. Unklar war, was dort mit ihm passieren würde.
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB teilte zwar am Dienstag mit, er habe die Ermittlungen gegen den Wagner-Chef eingestellt, wie ebenfalls am Wochenende vereinbart wurde. Allerdings hegten Beobachter erhebliche Zweifel, dass Putin Prigoschin ungeschoren davonkommen lassen würde.
Putin will Wagner-Kämpfer in die Streitkräfte holen
Nach dem gescheiterten Aufstand der Wagner-Söldner am Wochenende hat Putin der Gruppe in einer Fernsehansprache dafür gedankt, dass sie die Revolte abgebrochen und ein Blutvergießen vermieden habe. Den Kämpfern bot er an, nun in den regulären russischen Streitkräften zu dienen.
- Zum Artikel: Nach Revolte: Putin gibt Wagner-Söldnern Versprechen
Mit Informationen von dpa, AP und Reuters
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