Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine gibt es Befürchtungen, Moskau könnte das Nachbarland angreifen. Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin sagte am Donnerstag im Interview mit der radioWelt auf Bayern 2, der russische Präsident Wladimir Putin nehme die Ukraine als Geisel, egal ob er in das Land einmarschiere oder nur damit drohe.
Nun hat der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck, im Umgang mit Russland mehr Verständnis gefordert. "Es geht letztlich darum, dass die Russen sagen, wir fühlen uns in unserer Sicherheit bedroht", sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende und frühere Ministerpräsident von Brandenburg im Interview mit Bayern 2.
Platzeck: Putin wollte "Sicherheitsarchitektur auf Augenhöhe"
Platzeck verwies auf eine Rede des russischen Präsidenten im September 2001 im Deutschen Bundestag. Putin habe damals "einen einzigen Wunsch geäußert: Schafft eine Sicherheitsarchitektur auf Augenhöhe, an der wir teilnehmen", so Platzeck. Dieser Wunsch Putins sei zwar gehört worden, aber "letztendlich in die Schublade gekommen, es hat sich keiner ernsthaft darum gekümmert".
Vergleich mit der Kuba-Krise
Sicherheitsbedenken, wie sie Wladimir Putin auch am Donnerstag auf seiner jährlichen Pressekonferenz geäußert hatte, hält Platzeck für legitim und verweist zur Begründung auf die Kuba-Krise. In den 60er Jahren wollte die Russen Raketen auf Kuba aufstellen, so Platzeck, der damalige amerikanische Präsident John F. Kennedy habe dann aber gesagt: "Kinder, wenn ihr das macht, dann gibt es Krieg. So nah wollen wir keine Raketen an unserer Grenze haben."
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Platzeck: Sanktionen haben Zweck nicht erfüllt
Von den verhängten Sanktionen gegen Moskau hält der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums nichts. Diese hätten bisher ihren Zweck nicht erfüllt, betonte Platzeck. Nötig sei vielmehr die Neuauflage der Helsinki-Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Außerdem bräuchte es nicht weniger, sondern wieder mehr ökonomische Kooperation.
Vor dem Hintergrund der Spannungen hatte Russland vergangene Woche Entwürfe für zwei Abkommen mit den USA und der Nato veröffentlicht, mit denen eine Osterweiterung des Militärbündnisses sowie die Errichtung von US-Militärstützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre untersagt werden sollen.
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