Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt (Symbolbild)
Bildrechte: pa/dpa/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt (Symbolbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Mit oder ohne "Wumms": Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt

Im Kanzleramt ist Bau- und Wohnungsgipfel. Die Ampel-Regierung will mit Verbänden und Vereinen erörtern, wie der lahmende Wohnungsbau angekurbelt werden kann. Die Erwartungen sind nicht allzu groß, mit einem Wohnungs-"Wumms" rechnen die wenigsten.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Erwartet werden zum heutigen Wohnungsgipfel im Kanzleramt neben Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesbauministerin Klara Geywitz (beide SPD) über 30 Verbände und Vereine, die dem "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" angehören.

Dieses Bündnis hatte Geywitz im Frühjahr 2022 aus der Taufe gehoben, um gemeinsam mit Vertretern aus den Bundesländern, den kommunalen Spitzenverbänden, der Wohnungs- und Bauwirtschaft, den Gewerkschaften, Kirchen und auch Umwelt-, Verbraucherschutz- und Sozialverbänden ein Konzept für eine "Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive" zu erarbeiten. Zu den bisherigen Fortschritten soll nun eine Bilanz gezogen und weitere Schritte sollen diskutiert werden.

Wohnungsbau-Ziel der Regierung rückt in immer weitere Ferne

Das Wohnungsbau-Bündnis hatte nach seiner Gründung Vorschläge und Maßnahmen für die Wohnungspolitik erarbeitet - insbesondere zu der Frage, wie das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, erreicht werden kann.

Dieses Ziel wird bisher deutlich verfehlt. 2022 entstanden nur rund 295.000 Wohnungen, für dieses Jahr geht die Baubranche sogar nur noch von 230.000 bis 250.000 aus. Im nächsten Jahr sollen es dann sogar weniger als 200.000 sein - eine möglicherweise plausible Prognose, nachdem im ersten Halbjahr 2023 die Zahl der Baugenehmigungen um satte 27 Prozent einbrach.

Maßnahmenpaket soll Baukosten abbremsen

Für diese Entwicklung werden von der Baubranche besonders gestiegene Zinsen und auch durch die Energie-Gesetzgebung der Ampel deutlich verteuerte Baustandards verantwortlich gemacht. Um für eine Verbesserung der Situation zu sorgen und den Kostenanstieg abzufedern, einigte sich das "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" im Oktober 2022 auf ein Maßnahmenpaket.

Demzufolge wollte der Bund bis 2026 für den sozialen Wohnungsbau 14,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln bereitstellen. Damit unterstütze man die Länder massiv, so das Bundesbauministerium. Zudem sollten Planungsverfahren beschleunigt und digitalisiert werden, standardisierte und damit billigere Bauverfahren sollten eine größere Rolle spielen und auf kommunaler Ebene sollte Bauland besser mobilisiert werden.

Teure Energiestandards sollen "noch warten"

Zu diesen Maßnahmen will das Bündnis beim Treffen im Kanzleramt nun Bilanz ziehen - und die Bundesregierung hat Medienberichten zufolge rechtzeitig zu dem Treffen weitere Maßnahmen zur Ankurbelung des Wohnungsbaus beschlossen.

Nach einer Meldung des "Spiegel" gehört dazu der vorläufige Verzicht auf die Verschärfung der Energiestandards bei Neubauten. "Angesichts der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen in der Bau- und Wohnungswirtschaft durch hohe Zinsen und Baukosten ist die Verankerung von EH-40 als verbindlicher gesetzlicher Neubaustandard in dieser Legislaturperiode nicht mehr nötig und wird ausgesetzt", heißt es in dem Maßnahmen-Papier.

Laut Koalitionsvertrag sollte der Energieeffizienzstandard EH-40 eigentlich ab Anfang 2025 vorgeschrieben werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war zuletzt jedoch von der Vorgabe zur stärkeren Dämmung neuer Häuser abgerückt. "Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes ist sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen. Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH 40 einzuführen", sagte der Grünen-Politiker, der auch Klimaschutzminister ist. Das könne "noch warten", er sehe "diesen neuen Standard in dieser Legislaturperiode nicht mehr".

Auch EU-Sanierungspflicht könnte ausgebremst werden

Auch von einer Sanierungspflicht auf EU-Ebene will die Regierung dem Papier zufolge unter dem Eindruck der Wohnungsknappheit wieder abrücken. Verpflichtende Sanierungen einzelner Wohngebäude sollen demnach ausgeschlossen werden.

Außerdem will die Ampelregierung nach Angaben des "Spiegel" den Erwerb von Wohneigentum unter Familien stärker fördern - mit einer Anhebung der Kredithöchstbeträge um 30.000 Euro. Eine weitere Maßnahme gegen die Wohnungskrise ist laut dem vorliegenden Papier ein geplantes Wohneigentumsprogramm für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden, das über die staatliche Förderbank Kfw abgewickelt werden soll.

Keine große Hoffnung auf den Wohnungsbau-"Wumms"

Die Baubranche hatte zuletzt kritisiert, es gebe nur zu kleinteilige Hilfsmaßnahmen der Regierung. "Alles, was wirklich Geld kostet, bekommen wir nicht", sagte ein Brancheninsider. "Das Paket der Bundesregierung wird wohl keinen entscheidenden Impuls bringen, um die Auftragsnachfrage wieder nachhaltig anzukurbeln", erklärte er gegenüber der Agentur Reuters.

Von zwei wichtigen Verbänden wird das Treffen im Kanzleramt sogar ganz boykottiert, sie warfen der Bundesregierung am Freitag vor, eine "in erster Linie öffentlichkeitswirksame" Veranstaltung auszurichten. Andere Verbände äußerten hingegen Hoffnung auf wichtige Fortschritte und stellten Forderungen an die Politik.

Die Rufe der Branchen- und Lobbyverbände nach Steuererleichterungen und einem 50 Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramm, einem wahren Wohnungsbau-"Wumms", wird sie aber kaum erfüllen können. Dazu setzen der Bundeshaushalt und die Schuldenbremse zu enge Grenzen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) wird zweistelligen Milliardensummen für die Baubranche wohl nicht zustimmen.

Mehr Neubau oder mehr Mieterschutz?

Dazu scheint zu passen, dass die jüngsten Äußerungen aus der Bundesregierung zum Thema Wohnungsbau in leicht unterschiedliche Richtungen weisen. Kanzler Scholz, der Gastgeber des Bündnis-Treffens, sah am Samstag bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Nürnberg eine wesentliche Mitverantwortung für die Bau-Flaute bei den Bundesländern. Diese sträubten sich bei den Bauvorschriften noch immer, bundeseinheitlichen Standards zuzustimmen, die serielles und damit billigeres Bauen leichter machten, torpedierten also quasi die Vorschläge des Bündnisses.

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil warb derweil für das Vorhaben der Koalition, die Förderung von Familien zu verbessern. "Ich finde, wir müssen Familien stärker helfen, sich die eigenen vier Wände leisten zu können", sagte er der "Bild am Sonntag". So sollten die Einkommensgrenzen für zinsgünstige Baukredite für Familien angehoben werden: "Ich bin dafür, die Regeln so zu verändern, dass noch mehr Familien diese Kredite nutzen können."

Die Grünen betonten hingegen, dass sie Neubau nur für einen Teil der Lösung halten und forderten mit Blick auf den Wohnungsgipfel eine Stärkung der Mieterrechte - inklusive einer Verschärfung der Mietpreisbremse. Parteichefin Ricarda Lang sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Dieses Land braucht eine Mieterschutzoffensive für bezahlbares Wohnen. Es heißt jetzt, Fortschritte zu machen bei der Mietrechtsreform, der Verschärfung von Mietpreisbremse und Kappungsgrenze und der Begrenzung von Indexmieten."

Mit Informationen von AFP und Reuters

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!