Jede Partei hat Wunschpartner, die sie auch schon vor der Bundestagswahl mehr oder weniger deutlich benennt. Allerdings lassen sich die meisten noch Spielraum. Denn allzu viel "Ausschließeritis" kann einer Partei auf die Füße fallen, wenn das Wahlergebnis feststeht. Erst dann ist klar, welche Macht-Optionen es gibt und wer vielleicht über seinen Schatten springen muss.
Der Wahlabend ist eine Zäsur, Politiker schalten um von Wahlkampf auf Gesprächsbereitschaft, senden mehr oder weniger deutlich erste Signale für ein Wunsch-Regierungsbündnis aus. Aber auch dann gilt noch: Allzu viel Festlegung engt den Spielraum ein.
- Zum Artikel: Der lange Weg zu Koalition und Kanzler: Wie es nun weitergeht
Mehr Parteien, mehr Kombinationsmöglichkeiten
In der Geschichte der Bundesrepublik hat es bisher für eine Koalition zweier Lager gereicht: Meist geführt von der Union, also von den Schwesterparteien CDU und CSU, zwischendurch aber auch immer wieder mit einem SPD-Kanzler an der Spitze. Die Zeit der dominierenden Volksparteien ist aber so gut wie vorbei. Mit sieben Parteien im Bundestag ist die Regierungsbildung komplizierter geworden, es gibt mehr Kombinationsmöglichkeiten. Nach der Wahl am Sonntag hätte ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP ("Ampel") die größte Mehrheit im Bundestag, dicht gefolgt von "Jamaika" (Union, Grüne, FDP) und einer "GroKo" aus Union und SPD.
- Zum Artikel "Koalitionen nach der Wahl: Das sind die Optionen"
Erster Schritt: Sondierungsgespräche
Jede Partei sollte mit Beginn der Sondierungen für sich im Klaren sein, in welcher Konstellation sie ihre Kernanliegen am besten umsetzen könnte. Welche Maximalforderungen gibt es, welche roten Linien, und wo preist man schon vorab Verhandlungsspielraum ein? Auf dieser Basis kann man mit Vertretern der in Frage kommenden anderen Parteien sondieren.
Das ist Aufgabe der Top-Riege, eingebunden sind die Spitzen von Partei und Fraktion und auch einflussreiche Ministerpräsidenten und -präsidentinnen. Im Rückblick auf die gescheiterten Jamaika-Sondierungen im Herbst 2017 betonen Vertreter von Union, FDP und Grünen, damals habe man zu viel Inhalte in diese erste Phase gepackt. Das sei ein Fehler gewesen.
Zweiter Schritt: Formelle Koalitionsgespräche
Die Sondierungen sollen erst einmal eine belastbare gemeinsame Basis von Parteien ergeben, auf der formelle Koalitionsgespräche aufbauen. Alle Seiten haben dann für sich definiert: Welche Themenfelder werden besprochen, wer verhandelt, wo trifft man sich? Auch die Forderungen, wer welche Ministerien für sich beansprucht, liegen dann schon auf dem Tisch. Wie viele Ressorts eine Partei bekommt, hängt dabei vom Wahlergebnis ab. Die Großen Linien werden im Verhandlungsplenum besprochen, die oftmals mühsame Detailarbeit in vielen thematischen Arbeitsgruppen.
Keine vorgegebenen Fristen
Es gibt keinen vorgegebenen Zeitpunkt, bis zu dem eine Koalition stehen muss. Nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 hatte es fast sechs Monate gedauert. Erst Mitte März 2018 setzten die Spitzen von CDU, CSU und SPD ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag. Zwei Tage später wurde Angela Merkel vom Bundestag als Bundeskanzlerin wiedergewählt. Merkel wird jetzt die Amtsgeschäfte so lange weiterführen, bis sich eine neue Koalition gefunden hat.
Grafik: Die weiteren Schritte bis zur Koalition
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