Ab dem Frühjahr nächsten Jahres sollten, so plante es das Bundesverteidigungsministerium vor dem aus der Ampel, rund 650.000 junge Männer und Frauen einen Brief von der Bundeswehr bekommen. Darin: Ein QR-Code, der zu einem Online-Fragebogen führt. Gefragt wird zum Beispiel nach der körperlichen Fitness, vor allem aber nach der grundsätzlichen Bereitschaft zu mindestens sechs Monaten Dienst an der Waffe.
Männer müssen die Fragen beantworten, Frauen können es tun. Die Bundeswehr sichtet die Antworten, trifft eine Auswahl und lädt zur Musterung. Es gilt das Prinzip Freiwilligkeit. Angeschrieben wird man mit Erreichen des wehrfähigen Alters, also im Regelfall mit 18 Jahren.
Gesucht werden zunächst nur einige Tausend Freiwillige
Dass die Bundeswehr nach dem Start des "Neuen Wehrdienstes" genügend Freiwillige findet, erscheint realistisch, denn es sollen im ersten Jahr nur 5.000 sein. Mehr gäben die aktuellen Ausbildungskapazitäten der Truppe nicht her, ist aus dem Bundesverteidigungsministerium zu hören.
In den Folgejahren soll die Zahl der Plätze aber deutlich erhöht werden. Ob sich dann noch genügend Freiwillige finden lassen, ist fraglich. Es könnte sein, dass dann Änderungen am Gesetz und verpflichtende Elemente nötig werden. Das Bundesverteidigungsministerium äußert sich dazu bisher nicht konkreter.
Personalbedarf groß
Klar ist, dass die Bundeswehr neue Wege der Rekrutierung braucht. Die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten soll in den nächsten Jahren von jetzt rund 180.000 auf dann gut 200.000 wachsen. Außerdem werden mehr Reservisten gebraucht, um im Verteidigungsfall den Anforderungen der Nato genügen zu können.
Seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 wirbt die Bundeswehr um Freiwillige zum Beispiel über die Karrierecenter der Streitkräfte. Im Schnitt kommen so 10.000 Frauen und Männer pro Jahr zu den Streitkräften. Diese Möglichkeit wird es weiter geben. Sie allein reicht aber nicht aus, um den Personalbedarf mittel- bis langfristig zu decken. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022 flammt die Diskussion um den Wehrdienst immer wieder auf.
Knapp zwei Jahre Wehrdienst möglich
Der "Neue Wehrdienst" sieht zunächst einen sogenannten Basisdienst von einem halben Jahr vor. Danach kann der Dienst auf bis zu 23 Monate verlängert werden. Dann könnten auch Anreize locken, wie der Erwerb eines speziellen Führerscheins auf Bundeswehr-Kosten oder die Anrechnung des Dienstes auf die Wartezeit für einen Studienplatz. Starten sollen die Wehrdienstleistenden mit rund 1.800 Euro Sold im Monat.
Antwortpflicht auch für Frauen?
Dass Frauen von der Pflicht zur Beantwortung des Fragebogens ausgenommen sind, erscheint Kritikern des "Neuen Wehrdienstes" als nicht mehr zeitgemäß. Im Bundesverteidigungsministerium wurde geprüft, die Antwortpflicht auf Frauen auszuweiten. Die Experten kamen aber zu dem Schluss, dass dafür eine Grundgesetzänderung nötig wäre. Dieses Vorhaben will die Bundesregierung aktuell nicht angehen.
Wann das Gesetz umgesetzt werden kann ist mit dem Ende der Ampel unklar. Dem Gesetzentwurf müssen nach dem Kabinett noch Bundesrat und Bundestag zustimmen. Geplant war, dass der "Neue Wehrdienst" zum Mai des nächsten Jahres in Kraft tritt.
Dieser Artikel ist erstmals am 06.11.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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