Deutschlands Generaldirektorin für Rechtsangelegenheiten Tania von Uslar-Gleichen (l.) während einer Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH)
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Deutschlands Generaldirektorin für Rechtsangelegenheiten Tania von Uslar-Gleichen (l.) während einer Anhörung vor dem (IGH)

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Nicaragua wirft Deutschland Beihilfe zum Völkermord vor

Nicaragua wirft Deutschland Beihilfe zum Völkermord vor

Nicaragua verlangt vor dem höchsten UN-Gericht einen Stopp deutscher Waffenlieferungen an Israel und wirft der Bundesregierung vor, Beihilfe zum Völkermord an der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu leisten. Die Bundesregierung weist das zurück.

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Nicaraguas Prozessvertreter haben Deutschland in der Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag aufgefordert, die Militärhilfe für Israel sofort zu stoppen und die Zahlungen an das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) wieder aufzunehmen. Nicaragua hält der Bundesregierung vor, durch die Unterstützung für Israel Beihilfe zum Völkermord an der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu leisten.

Ausgelöst wurde der Gazakrieg durch den Angriff Hunderter Hamas-Kämpfer auf Israel am 7. Oktober. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1.160 Menschen getötet und 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das spielte bei der Anhörung in Den Haag keine Rolle. Dafür umso mehr, dass bei Israels massiven Gegenmaßnahmen Zehntausende Menschen ums Leben kamen, nach Hamas-Angaben mehr als 33.200 Palästinenser.

Für Deutschland Staatsräson

Deutschland hat sich nach dem Hamas-Überfall eng an die Seite Israels gestellt. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte die Sicherheit des Landes zur Staatsräson. Und es blieb nicht bei Worten: Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr den Export von Kriegswaffen im Wert von 20,1 Millionen Euro nach Israel genehmigt. Darunter waren tragbare Panzerabwehrwaffen, Munition, Zünder und Treibladungen.

Insgesamt genehmigte die Ampel-Regierung 2023 Rüstungslieferungen im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel - zehnmal so viel wie im Vorjahr. Mit Blick auf das Leiden der Zivilbevölkerung und die katastrophale Versorgungslage im Gazastreifen äußert sich die Bundesregierung inzwischen zunehmend kritischer über die israelische Militäroperation.

Grenzen überschritten?

Nach Ansicht Nicaraguas hat Israel mit seiner Offensive die Grenze zwischen legitimer Selbstverteidigung und Völkermord überschritten. Der Botschafter Nicaraguas in den Niederlanden, Carlos José Arguello Gómez, wirft Deutschland vor, diese Unterscheidung nicht zu treffen: "Überraschenderweise scheint Deutschland nicht zwischen Selbstverteidigung und Völkermord unterscheiden zu können", sagte er in der Anhörung. Gómez nannte es zwar "verständlich", dass die Bundesregierung wegen der Verbrechen des Holocaust eine besondere Verantwortung gegenüber Israel wahrnehme. Aber dabei dürfe Berlin nicht das jüdische Volk mit der israelischen Regierung verwechseln.

Im Gazakrieg hat Deutschland Nicaraguas Argumentation zufolge die Pflicht, die Unterstützung für Israel einzustellen. Die ergebe sich aus einem Urteil des Gerichts vom 26. Januar. Das hat in einem Eilverfahren nach einer Klage Südafrikas die Gefahr eines Genozids im Gazastreifen bejaht. Obwohl Berlin spätestens seit diesem Zeitpunkt um die Risiken wisse, liefere es weiter Rüstungsgüter an Israel und nehme damit nach den Worten des französischen Völkerrechtlers Alain Pellet in Kauf, einen Völkermord zu begünstigen: "Kein Staat, weder Israel noch Deutschland, kann sich unter dem Vorwand, sich zu verteidigen oder dem Opfer eines Angriffs bei der Verteidigung zu helfen, von den Grundregeln des Völkerrechts befreien."

Wieder Geld für UNRWA

Nicaragua will Deutschland außerdem gerichtlich zwingen, seine Zahlungen an das UN-Palästinenser-Hilfswerk (UNRWA) wieder aufzunehmen. Deutschland ist nach den USA weltweit der zweitgrößte Geber mit 202 Millionen US-Dollar im Jahr 2022. Einige Staaten haben die Gelder eingefroren, weil UNRWA-Mitarbeiter die Hamas unterstützt haben sollen. Der Nicaragua vertretende deutsche Anwalt Daniel Müller erklärte in Den Haag, die Aussetzung der Finanzierung des UNRWA durch Deutschland gefährde ein lebenswichtiges Mittel zur Unterstützung des palästinensischen Volkes.

Müller nannte es eine "erbärmliche Ausrede", dass Deutschland einerseits humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen leiste und andererseits Waffen und militärische Ausrüstung bereitstelle, mit denen diese Menschen getötet würden. Die deutsche Seite weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Sie hat am Dienstagvormittag zwei Stunden Zeit für ihr Plädoyer. Die Beauftragte für Völkerrecht im Auswärtigen Amt, Tania von Uslar-Gleichen, nannte Nicaraguas Darstellung eklatant einseitig. Deutschland verletze weder die Völkermord-Konvention noch humanitäres Völkerrecht. Wann die 16 Richterinnen und Richter ihre Entscheidung verkünden, ist offen.

Historische Beziehungen

In den Niederlanden hat ein Gericht der eigenen Regierung verboten, weiter F-35-Kampfjets an Israel zu liefern, weil die eingesetzt werden könnten, um im Gazastreifen schwere Verstöße gegen das humanitäre Kriegsrecht zu begehen. Dass sich Nicaragua für die Sache der Palästinenser einsetzt, hat eine lange Tradition. Die engen Beziehungen zwischen der sandinistischen Befreiungsbewegung in Nicaragua und den Palästinensern reichen bis in die 1960er Jahre zurück. Nicaragua war das erste mittelamerikanische Land, das Beziehungen zur PLO aufnahm. Bei der Anhörung in Den Haag betonte Nicaraguas Botschafter, dass die Regierung und das Volk Nicaraguas aufgrund ihres eigenen Kampfes gegen militärische Intervention eine besondere Sympathie für das palästinensische Volk empfänden.

Nicaragua wird autoritär regiert. UN-Fachleute werfen der politischen Führung unter Staatschef Daniel Ortega und seiner Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die Regierung habe die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um grundlegende Freiheitsrechte einzuschränken und Oppositionelle zu verfolgen, heißt es in einem UN-Bericht vom vergangenen Jahr.

Botschafter Carlos Jose Arguello Gomez aus Nicaragua während einer Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH)
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Botschafter Carlos Jose Arguello Gomez aus Nicaragua während einer Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH)

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