Der Pflegebonus kommt: Das Geld vom Bund soll je zur Hälfte zwischen den Beschäftigten von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen aufgeteilt werden. Für beide Bereiche stehen demnach 500 Millionen Euro zur Verfügung. So steht es in einem Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums, das BR24 vorliegt.
Intensivpfleger sollen höheren Bonus bekommen
In den Krankenhäusern sollen die Träger gemeinsam mit der Beschäftigtenvertretung entscheiden, wer den Bonus bekommt und in welcher Höhe die Prämie ausgezahlt wird. "Die Prämien sollen sich in erster Linie an Pflegekräfte in der Pflege am Bett richten. Pflegekräfte im Bereich der Intensivpflege sollten einen höheren Bonus erhalten als Pflegekräfte in anderen Bereichen", heißt es in dem Papier des Ministeriums.
Das Geld für die Prämienzahlungen werde an die Kliniken verteilt, die durch Corona besonders belastet waren. Das Ministerium spricht von rund 837 Krankenhäusern. Etwa 280.000 Pflegekräfte würden in diesen Kliniken vom Pflegebonus profitieren.
550 Euro für Vollzeitbeschäftigte in der Altenpflege
In der Altenpflege soll die Prämie in gestaffelter Höhe an das Personal ausgezahlt werden – ja nach "Nähe zur Versorgung, Qualifikation, Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit". In dem Ministeriumspapier heißt es: "Den höchsten Bonus erhalten dabei Vollzeitbeschäftigte in der direkten Pflege und Betreuung." Bis zu 550 Euro soll es für sie geben. Für Auszubildende ist ein Bonus von bis zu 330 Euro vorgesehen.
3.000 Euro machten die Runde
Patientenschützer kritisieren die Pläne von Minister Lauterbach. "Die Skeptiker in Sachen Pflegebonus behalten recht. Denn von den in Aussicht gestellten 3.000 Euro kommt so am Ende nur ein Sechstel in der Altenpflege an", sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Und in den Kliniken würden Mitarbeiter benachteiligt, die sich um andere Patienten gekümmert hätten. Über 19 Millionen Klinikpatienten stünden 200.000 Patienten gegenüber, die an Corona gelitten hätten, argumentierte Brysch. Er sieht nun Bundeskanzler Olaf Scholz gefordert.
In mehreren Medienberichten war im Vorfeld von einem geplanten Bonus in Höhe von 3.000 Euro pro Pflegekraft die Rede. Der Betrag resultiert aus einem Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums. Darin heißt es, dass eine Prämie bis zu einer Höhe von 3.000 Euro steuerfrei gestellt werde, "wenn sie aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen gezahlt wird". Damit will wohl Christian Lindner seinen Teil zur Anerkennung beitragen, indem er den Pflegebonus dem Zugriff des Fiskus entzieht. Dabei handelt es sich aber lediglich um einen finanziellen Rahmen für den Fall, dass die Länder zusätzlich zum Bundesbonus noch etwas drauflegen wollen.
Auch Ärzte wollen Bonus haben
In den vergangenen Tagen sind immer mehr Forderungen und Erwartungen an den Pflegebonus laut geworden. Auch die Ärzteschaft erhebt Anspruch auf den Corona-Bonus. Die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, erklärte kürzlich: "Wir haben uns als Ärzteschaft bei der ersten Corona-Prämie ganz bewusst zurückgehalten und gesagt, jetzt ist die Pflege mal dran. Bei der zweiten Corona-Prämie haben wir uns schon sehr geärgert, dass die Ärzte nicht berücksichtigt wurden. Ein drittes Mal werden wir das nicht hinnehmen." Die Mediziner versorgten im Team mit den Pflegekräften die Patienten auf den Krankenhausstationen. Sie seien ebenfalls einer hohen Belastung ausgesetzt und tragen schließlich die Hauptverantwortung, so Susanne Johna weiter.
Gewerkschaft fordert mehr Geld
Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro reichten nicht aus, findet die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Der Betrag müsse deutlich aufgestockt werden. Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler forderte zuletzt: "Im Gesundheitswesen arbeiten sehr viele Menschen, und die haben alle ihren Teil dazu beigetragen, in der Pandemie die Versorgung und Pflege sicherzustellen." So müssten neben dem Pflegepersonal in den Kliniken und Heimen auch die Beschäftigten in der Behindertenhilfe oder im Rettungsdienst davon profitieren, mahnte Bühler. Eine Staffelung der Prämie sei dabei denkbar. "Aber alle Beschäftigten müssen nach unserer Überzeugung etwas bekommen."
Dafür kommt Unterstützung aus den Reihen der SPD. Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, sagte, man wünsche sich, dass der Pflegebonus auch an die Beschäftigten in den Einrichtungen der Behindertenhilfe gehe.
Auch Pflegerat übt Kritik
Neben der Stiftung Patientenschutz sieht auch der Deutsche Pflegerat den Pflegebonus kritisch. "Die Prämien-Auszahlung birgt die Gefahr von ungerechter Verteilung und kann unter den Pflegenden zur Spaltung beitragen", sagt Pflegeratspräsidentin Christine Vogler im BR24-Interview. Sie gönne allen im Gesundheitsbereich eine Prämienzahlung, aber am Ende werde das Geld dafür nicht reichen.
4.000 Euro Bruttolohn als Einstiegsgehalt
Statt einem Pflegebonus müsse es dauerhaft deutlich bessere Löhne geben. Das Bruttoeinstiegsgehalt müsse künftig bei 4.000 Euro liegen, fordert Vogler. Sie schlägt außerdem Freistellungen von der Lohnsteuer vor, "so dass jeden Monat die Lohnsteuer ganz wegfällt oder zu 70 bis 80 Prozent wegfällt". Ein weiterer Vorschlag: Krisensituationen langfristig in Tarif- und Arbeitsverträge einbauen. "Damit das nicht so ein Goodwill ist", so Vogler, abhängig davon, wer gerade regiert und wie viel Geld die Staatskasse hergibt. Dann würden Pflegekräfte in besonders belastenden Situationen und Zeiten automatisch einen Aufschlag auf ihren Lohn erhalten. Dies ließe sich laut Christine Vogler auch für weitere Berufsgruppen wie Ärzte und Medizinische Fachangestellte so regeln.
Gesetze seien "halbherzig und nicht zu Ende gedacht"
Der Frust und die Verzweiflung unter den Pflegenden seien groß, erklärt die Präsidentin des Pflegerats. Politisch wurde schon viel gesagt und angekündigt. Doch viele Gesetze seien "halbherzig und nicht zu Ende gedacht". Es brauche einen großen Wurf, spürbare Verbesserungen, eine Vision für die Zukunft. Vogler: "Wir stoßen oft auf offene Ohren, in der Regel immer bei den Parteien, die in der Opposition sind. Und die dann, wenn sie in die Regierung kommen, ganz oft am System Gesundheit selbst verzweifeln." Das könne so nicht weitergehen.
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