Gepresste Plastikballen mit deutschen Verpackungen in Asien oder die riesigen Plastikteppiche in den Ozeanen. – Bilder, die alle deutschen Recycling-Anstrengungen konterkarieren. Fast 230 Kilogramm Verpackungsmüll produzierte jeder Bundesbürger im Jahr 2019, gibt das Umweltbundesamt an. Das ist mehr als der europäische Durchschnitt. Wie viel davon wirklich recycelt wird, das lässt sich nicht so einfach feststellen.
Gesetzliche Recycling-Vorgaben für 2022 werden erreicht
Dieses Jahr ist die gesetzliche Recycling-Quote für Kunststoffe auf 63 Prozent gestiegen. Nach Auskunft der "Duales System Holding", also dem "Grünen Punkt", wird diese Quote wohl erreicht: Schon 2020 landeten über 60 Prozent aller lizensiert hergestellten Kunststoffverpackungen in den Verwertungsanlagen und gelten damit als recycelt. Verbrennung zählt nicht dazu. Trotzdem sagt Helmut Schmidt, Vorstand in der Umweltakademie in München:
Eigentlich ist das System auf ganzer Ebene gescheitert und müsste abgeschafft werden.
Helmut Schmidt, Vorstand der Umweltakademie in München
Entscheidend für die Umwelt: Anteil an Rezyklat
Denn für den ehemaligen zweiten Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs München taugt die Recycling-Quote gar nicht als Indikator dafür, wie gut Wiederverwertung funktioniert. Ganz einfach, weil sie nur widergibt, wie hoch der Anteil der Verpackungsabfälle ist, der in den Verwertungsprozess hineinwandert.
Entscheidend für die Umwelt ist aber, wie viel am Ende als Rezyklat wieder für neue Verpackungen verwendet wird. Und das sind zwischen 15 Prozent laut Schmidt und 20 Prozent laut Norbert Völl, Sprecher der "Duales System Holding".
Verpackungen müssten wiederverwertbar sein
Einig sind sich beide, dass der Gesetzgeber tätig werden muss: Verpackungen müssten so produziert werden, dass sie nicht nur das Produkt schützen, sondern einfach wiederverwertet werden könnten. Immer mehr Lebensmittelverpackungen aber, wie etwa für Wurst- oder Käse, bestehen aus unterschiedlichen Materialien, die schwer oder gar nicht voneinander getrennt und dann recycelt werden können. Selbst aus einem Joghurtbecher wird kein neuer Joghurtbecher, sondern er wandert allenfalls in minderwertige Plastikprodukte, die nicht für Lebensmittel geeignet sind.
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Vorgaben für mehr Altplastikanteil in Verpackungen fehlen
Als positives Beispiel nennt Norbert Völl die Entwicklung bei den PET-Flaschen für Getränke. Ab 2025 müssen diese laut EU-Verordnung 25 Prozent Rezyklate, also Altplastik, enthalten. Schon jetzt bestehe ein Riesenbedarf, die Rezyklate aber sind teuer. Würden aber auch etwa für Farbeimer oder Putzmittelflaschen fest Recycling-Anteile vorgeschrieben, so vermutet Völl, dann würden sich dringend nötige Investitionen in Großanlagen auch rentieren.
Echtes Recycling ist teuer, schnelles Verwerten ist billig
Geld verdienen mit recycelbarem Kunststoff ist aufwändig, bis am Ende wertvolles Rezyklat entsteht: Recycling-Flaschen sind 50 bis 100 Prozent teurer in der Herstellung, sagt Norbert Völl. Viel einfacher sei es, Verwertern Geld zu geben, damit sie nicht wieder verwertbare Kunststoffe annehmen.
Damit gelten sie schon als recycelt, auch wenn sie exportiert werden. Etwa 20 Prozent des deutschen Verpackungsmülls wandert ins Ausland. Inzwischen meist in EU-Länder wie die Niederlande oder Polen. Auch dort müssen sich die Verwerter zertifizieren lassen, aber bei Verstößen passiert meist trotzdem nichts.
Plastikproblem im Dualen System unlösbar?
Dass sich das Geschäft mit dem Müll rentieren muss, darin liegt für Helmut Schmidt der Kern des Problems: "Ich kann von Unternehmen, die mit Abfall Geld verdienen, nicht erwarten, dass sie sich tatsächlich auch für Abfallvermeidung einsetzen". Die Anreize für die Verbraucher, Verpackungen zu vermeiden, sind also von Haus aus gering. Aber genau das würde der Umwelt und dem Klima am meisten helfen.
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