Gut drei Wochen nach dem Sieg eines Dreier-Oppositionsbündnisses bei der Parlamentswahl in Polen hat Präsident Andrzej Duda mit einer umstrittenen Entscheidung den Machtwechsel weiter hinausgezögert. Das Staatsoberhaupt erteilte am Montag dem bisherigen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki von der nationalkonservativen PiS den Auftrag zur Regierungsbildung. Er habe sich nach der guten parlamentarischen Tradition gerichtet, wonach ein Vertreter der stärksten Fraktion den Regierungsbildungsauftrag bekomme, sagte Duda in Warschau.
Dieser Schritt des Präsidenten, der selbst aus dem Lager der PiS stammt, könnte Polen weitere Wochen der politischen Instabilität bringen. Zuvor hatte Duda bereits den Termin für die konstituierende Sitzung des neuen Parlaments auf den 13. November gelegt - fast einen Monat nach der Wahl.
Drei Oppositionsparteien wollen ohne PiS regieren
Bei der Parlamentswahl im Oktober hatte die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zwar die meisten Stimmen gewonnen, drei Oppositionsparteien können und wollen aber ohne sie eine Regierung bilden. Duda steht der derzeitigen Regierung nahe. Deshalb war bereits darüber spekuliert worden, dass er trotz der kaum vorhandenen Chancen auf eine mehrheitsfähige Regierung unter Führung der PiS zunächst Amtsinhaber Morawiecki den Regierungsauftrag erteilen könnte.
Gemäß der polnischen Verfassung besteht der erste Schritt in der Regierungsbildung darin, dass der Präsident einen designierten Ministerpräsidenten auswählt und ihn mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt, das dann vom Parlament bestätigt werden muss. Erst danach kann der Präsident den Regierungschef und die Minister offiziell ernennen. Wenn das Kabinett keine Zustimmung erhält, wird der Prozess mit einem anderen designierten Ministerpräsidenten wiederholt.
Tusk wird wohl später beauftragt werden
Im neuen Parlament, das am 13. November zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt, verfügt die PiS über 194 der 460 Stimmen. Sollte Morawiecki keinen Erfolg mit der Bildung einer Regierung haben, will Duda nach eigener Ankündigung den Regierungsauftrag an die liberalkonservative Bürgerkoalition von Oppositionsführer Donald Tusk vergeben. Diese bastelt bereits mit zwei weiteren Oppositionsparteien, dem konservativen Dritten Weg und dem Linksbündnis Lewica, an einem Koalitionsvertrag. Das Dreierbündnis verfügt mit 248 Parlamentssitzen über eine Mehrheit.
Tusk zeigte sich am Montagabend sicher, dass er am Ende Ministerpräsident wird. Die Opposition hatte bereits befürchtet, der Präsident könne den Regierungswechsel verzögern, um der PiS noch weitere Monate an der Macht zu ermöglichen.
Mit Informationen von dpa und AFP
Video: Nach der Wahl - Chance für die Opposition in Polen
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