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Polizei warnt: Warum "TikTok-Detektive" die Ermittlungen stören

Ein Problem für die Polizei: Menschen, die als selbst ernannte Ermittler versuchen, bei Kriminalfällen Informationen herauszufinden und das auf Social Media-Plattformen wie TikTok teilen. Denn statt zu helfen, stören sie eher die Ermittlungen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor selbsternannten Ermittlern. "Hobby-Detektive mit einem Hang zu Social-Media-Aktivitäten stören eher die polizeilichen Ermittlungen, als dass sie diese effektiv unterstützen würden", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz der Deutschen Presseagentur dpa. Zudem sei nicht auszuschließen, dass insbesondere Social-Media-Beiträge Unbeteiligte falschen Verdächtigungen und eventuellen Nachstellungen und Gefahren aussetzten.

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Vorausgegangen war ein Fall in Großbritannien: Dort hatte die Polizei von Störungen durch selbst ernannte Ermittler bei einer Vermisstensuche berichtet. In dem aufsehenerregenden Fall in Nordwestengland hatten Polizei, Angehörige und Anwohner beklagt, dass viele Privatleute, die zum Teil von weit her angereist waren, über die Suche nach einer 45-jährigen Frau spekuliert hatten und ihre Aktivitäten etwa bei TikTok dokumentierten. Das Interesse vor allem auf TikTok war enorm. Innerhalb von drei Wochen wurden dort Videos mit dem Namen der Vermissten als Hashtag 270 Millionen Mal abgerufen. In den USA sind Hobby-Detektive ein bekanntes Phänomen. Selbst ernannte Experten äußern sich in Scharen auf Youtube und TikTok zu Kriminal- und Vermisstenfällen.

Das treibt Hobby-Ermittler auf Social Media an

Den meisten gehe es um Anerkennung und darum, ihren Selbstwert zu steigern, erläuterte der Psychologe André Ilcin. Mit ihren Videos bewiesen sie, bei einer wichtigen Sache ganz nah dran zu sein und hofften auf ein paar Sekunden Ruhm. Dazu komme Angst, etwas Wichtiges zu verpassen. Dieses Gefühl sei vor allem in sozialen Medien weit verbreitet – einen Namen dafür gibt es längst: FOMO, Fear of Missing Out. Dabei spiele das Internet eine große Rolle, sagte Ilcin, Mitglied im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP). Im riesigen Resonanzkörper des World Wide Web finde sich jeder wieder, auch wenn er noch so verrückten Ideen anhänge.

"In manchen Fällen kommt es zu einer Identitätsverschiebung", sagte Ilcin. Solche Menschen lebten sich etwa als Polizisten aus, im Glauben, klüger zu sein als die Ermittler, teils angetrieben von raschen Lösungen in TV-Krimis. Psychologe Ilcin verwies auf den sogenannten Dunning-Kruger-Effekt: Das eigene Selbstbild stimme nicht mit der Realität überein. Stattdessen werde der Jagdinstinkt geweckt, die eigene Teilnahme diene als Kick.

Gewerkschaft: "Lasst die Polizei ihre Arbeit machen"

"Ein langjähriges Studium von Detektivfilmen ersetzt jedenfalls weder eine kriminalpolizeiliche Ausbildung noch die jahrelange Erfahrung routinierter Ermittler", betonte Poitz. Die Kriminalpolizei wisse, was sie tue, sagte der Gewerkschaftsvize. Die Ermittlungen würden sich teilweise nicht für Außenstehende erschließen und könnten auch Zeit ins Anspruch nehmen.

Falls die Polizei nicht weiter wisse, binde sie unter Umständen die Öffentlichkeit ein. "Dies kann durchaus neue Ansätze für einen Fall ergeben – das Herumschnüffeln selbst ernannter Poirots oder Holmes nicht", sagte Poitz mit Blick auf Detektive aus der Literatur, wie etwa Hercule Poirot oder Sherlock Holmes. Die Gewerkschaft appelliert an die Vernunft: "Lasst die Polizei ihre Arbeit machen. Warum? Weil sie es kann."

Mit Informationen von dpa.

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