Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben sich im vergangenen Jahr so viele Menschen gemeldet wie nie zuvor. Das geht aus dem Jahresbericht der Beratungsstelle hervor, der am Dienstag in Berlin vorgelegt wurde. 2022 gab es demnach gut 8.800 Anfragen. Im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Anstieg um 14 Prozent und verglichen mit 2019 eine Verdopplung, hieß es.
Anfragen zu rassistischer Diskriminierung am häufigsten
Am häufigsten wandten sich Menschen an die Beratungsstelle wegen rassistischer Diskriminierung. Diese Anfragen machten 43 Prozent aus. In 27 Prozent der Fälle ging es um Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung, in 21 Prozent wegen des Geschlechts. Jede zehnte Anfrage bezog sich auf Benachteiligungen wegen des Alters, jede 20. nannte Diskriminierungen wegen der Religion. Laut Bericht gab es bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auch Meldungen und Beratungsanfragen zu Benachteiligungen aufgrund des sozialen Status und wegen einer Elternschaft.
Die meisten Ratsuchenden berichteten von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt (27 Prozent). 20 Prozent der Menschen wurden bei sogenannten Alltagsgeschäften diskriminiert, zum Beispiel bei der Wohnungssuche, aber auch beim Restaurantbesuch, beim Einkaufen oder in Bus und Bahn.
Ataman: Bewusstsein für Antidiskriminierung wächst
Das Bewusstsein für Antidiskriminierung in der Bevölkerung wachse, erklärte Ataman. Dies sei "ein wichtiges Zeichen gesellschaftlicher Reife und Integration", so die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. "Immer mehr Menschen nehmen Diskriminierung nicht hin. Das belegen die Zahlen ganz deutlich. Wir haben deutlich mehr Anfragen, als wir entgegennehmen können." Diskriminierungen in Deutschland "treten geballter auf als je zuvor", sagte Ataman. Sie berichtete etwa von einer "nie da gewesenen Welle von Hass im Internet".
Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz
Ataman will Diskriminierung durch Systeme Künstlicher Intelligenz stärker in den Blick nehmen. Im Sommer wolle sie dazu konkrete Vorschläge vorlegen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) solle dazu "zukunftsfähig" gemacht und reformiert werden, so Ataman.
Im AGG sei bisher zum Beispiel nicht berücksichtigt, wie durch Algorithmen und automatisierte Entscheidungssysteme Diskriminierungen geschehen könnten. Beispiele im Alltag seien Wohnungsvergaben oder Stellenbewerbungen, die datenbasiert mit künstlicher Intelligenz arbeiteten. Hier brauche es mehr Transparenz, forderte Ataman.
Antidiskriminierungsstelle berät Betroffene
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nennt als Diskriminierungsmerkmale, die besonders geschützt sind, Alter, Behinderung, Geschlecht, sexuelle Identität, Religion und Weltanschauung. Dazu soll das AGG auch vor rassistischen und antisemitischen Diskriminierungen schützen.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berät seit 2006 Betroffene auf Basis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bei der Durchsetzung ihrer Rechte, wenn sie beispielsweise aus rassistischen, ethnischen, geschlechtlichen oder religiösen Gründen diskriminiert werden oder wurden. Die Stelle holt auch Stellungnahmen der Gegenseite ein und vermittelt gütliche Einigungen. Die Gesamtzahl der Anfragen bei der Antidiskriminierungsstelle hat sich über die Jahre kontinuierlich erhöht.
Mit Informationen von KNA und dpa
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