Berlin direkt - Sommerinterview mit Bundeskanzler Scholz
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Scholz stützt Faesers Pläne für schärfere Abschieberegeln

In der Ampel-internen Diskussion über schärfere Abschiebe-Regelungen hat sich Kanzler Scholz hinter Bundesinnenministerin Faeser gestellt. Derweil schließt SPD-Chefin Esken einen Anlauf für ein Parteiverbot der AfD nicht aus.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Mit Blick auf den Umgang mit Geflüchteten hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinter die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für schärfere Regeln zu Abschiebungen gestellt. Er selbst habe den Bundesländern vorgeschlagen, "dass wir an all den gesetzlichen Regelungen arbeiten, die es schwierig machen, eine durchzusetzende Abschiebung auch durchzusetzen", sagte Scholz am Sonntag im ZDF-Sommerinterview. Man habe vereinbart, dass man zum einen die Ausländerbehörden in sehr kurzer Zeit digitalisieren wolle und für die Landesbehörden eine 24-Stunden-Erreichbarkeit organisiere.

Scholz betont Bedeutung von Fachkräftezuwanderung

Zugleich hob Scholz die Bedeutung der Zuwanderung von Fachkräften nach Deutschland hervor. Dafür habe die Regierung jetzt mit dem Fachkräftezuwanderungsgesetz "die notwendigen Voraussetzungen geschaffen", so der Kanzler. Sobald dieses in Kraft getreten sei, müsse auch die Umsetzung für die Unternehmen vereinfacht werden.

Der Kanzler verwies aber auch auf weitere Maßnahmen, um dem Mangel an Arbeitskräften zu begegnen. So habe die Regierung Initiativen ergriffen "für gute Ausbildungsplätze für junge Leute" sowie "Weiterbildungsmöglichkeiten für schon Beschäftigte".

Kanzler dringt auf Ausbau erneuerbarer Energien und Stromnetzen

Gegen die zuletzt immer wieder von Unions-Politikern geäußerten Zweifel an einem auch in Zukunft erfolgreichen Wirtschaftsstandort Deutschland verteidigte Scholz diesen. Er verwies auf milliardenschwere Investitionen ausländischer Konzerne in Deutschland. Scholz sieht aber auch im Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Stromnetze einen Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. Dies werde auch dafür sorgen, "dass die Stromerzeugung in Deutschland billiger wird".

Zurückhaltend äußerte sich der SPD-Politiker hingegen erneut zum Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über einen staatlich subventionierten, niedrigeren Industriestrompreis.

"Taurus"-Lieferung: Scholz hält sich weiter bedeckt

Was die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine betrifft, so legt sich Scholz weiterhin nicht fest. "Wir werden es uns weiter schwer machen", so der Kanzler auf die Frage, ob er der Lieferung der Raketen mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern zustimme. Jede Entscheidung werde sehr sorgfältig abgewogen. Er sei sicher, dass es die große Mehrheit der Bürger es richtig fände, dass man Entscheidungen sorgfältig abwäge und nicht jedes Mal sofort springe, wie jemand irgendwo eine Forderung erhebe.

Der Kanzler sprach sich zugleich für weitere internationale Gespräche über Wege zu einem Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine aus. Er bezeichnete ein Treffen in Saudi-Arabien vom vergangenen Wochenende als "sehr wichtig". Dies sei "wirklich erst der Anfang, leider".

Kanzler mahnt Ampel-Partner zur Ruhe nach Sommerpause

Parteipolitische Konflikte in Deutschland künftig weniger lautstark austragen - das fordert der Kanzler von den Koalitionspartnern in der Ampel-Regierung: "Ich wünschte mir, dass das im Ton manchmal anders stattfindet, als es in der Vergangenheit war", so Scholz auf die Frage nach den Gründen für das Umfragetief der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP. "Ich habe auch den Eindruck, dass sich über den Sommer viele vorgenommen haben, das genau zu ändern", sagte er zu der relativen Ruhe in der Ampel. "Da ermuntere ich alle, dass sie das dann fortsetzen."

SPD-Chefin Esken schließt Anlauf für AfD-Verbot nicht aus

In der ARD-Online-Sendung "Frag selbst" schloss die SPD-Vorsitzende Saskia Esken den Versuch eines AfD-Verbots nicht aus, sollte es dafür ausreichend Erkenntnisse des Verfassungsschutzes geben. Esken bezeichnete am Sonntag die AfD als "gesichert rechtsextreme Partei", die vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse. Wenn sich dort die Erkenntnisse sichern ließen, dann müsste so ein Verbot auch angestrebt werden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. In Thüringen wird die Landes-AfD vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

Esken bekräftigte, dass es keine Zusammenarbeit ihrer Partei mit der AfD geben werde. Um die Rechtspopulisten zu schwächen, helfe gutes Regieren und eine klare Kommunikation.

Im Audio: SPD-Chefin Saskia Esken im ARD-Sommerinterview über die Afd, das Heizungsgesetz und die Bundestagswahl in zwei Jahren

Saskia Esken
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Saskia Esken

Esken will reduzierte Mehrwertsteuer in Gastronomie erhalten

Außerdem meldete Esken für die Haushaltsverhandlungen neue Wünsche an. Sie befürwortete, den von 19 auf sieben Prozent abgesenkten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie beizubehalten. "Ich wäre dafür", sagte sie auf eine entsprechende Frage. Man müsse nun schauen, ob es eine Möglichkeit gebe, die zur Zeit der Corona-Krise eingeführte Reduzierung im Rahmen der Beratungen über den Haushalt 2024 fortzuführen. Dies fordert auch die Branche.

Mit Informationen von AFP, Reuters und dpa

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