Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Beschlüsse des Koalitionsausschusses verteidigt. Er sprach am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag von "Tempo", "Modernisierung" und "Beschleunigung".
Scholz zählte verschiedene geplante Maßnahmen im Infrastruktur- oder Verkehrsbereich auf. Bei Gebäuden werde es "pragmatische" und "sehr zugewandte Lösungen" geben, damit das Land klimaneutral werde. Niemand werde mit seinen Problemen alleine gelassen, sagte Scholz. "Aber, das ist der Unterschied zu früher: Es wird Tempo geben, Beschleunigung, und diese Aufgaben werden alle zielgerichtet verfolgt. Der Stillstand der letzten Jahrzehnte, den wir konservativer Politik zu verdanken haben, ist endgültig beendet. Jetzt kommt Tempo in Deutschland."
Scholz wirbt bei Heizungsplänen um Geduld
Fragen der Abgeordneten gab es vor allem zu den umstrittenen Heizungsplänen. Dabei geht es um die ab 2024 vorgesehene Verpflichtung, wonach neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Unionsvertreter warfen Scholz vor, dass der im Koalitionsausschuss getroffene Beschluss zu schwammig sei.
Der Kanzler warb um Geduld und verwies darauf, die Bundesregierung werde im April einen Gesetzentwurf zur Förderung des Heizungsumbaus in Wohnungen vorlegen. Dabei werde es verschiedene Wege geben, klimaneutral heizen zu können, versicherte Scholz. Man könne auch eine Gasheizung nutzen, wenn diese später mit Wasserstoff betrieben werden könne. "Es wird so sein, dass kein Bürger alleine gelassen wird", sagte der SPD-Politiker zu der in der Ampel angedachten Förderung beim Umbau.
"Machen Sie sich keine Sorgen"
Eine Austauschpflicht für bestehende Heizungen ist nicht geplant. Scholz bekräftigte, für den Fall, dass eine Anlage kaputt gehe, werde es vernünftige Lösungen geben. "Machen Sie sich keine Sorgen."
Insbesondere das Thema Heizung war zwischen den Ampel-Parteien zu einer Streitfrage geworden. Auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) betonte am Mittwoch in einer Mitteilung, dass es soziale Förderungen beim Heizungsbau geben soll. Die Bedingungen würden noch festgelegt, eine reine Altersgrenze solle aber nicht kommen: "Es gibt ja durchaus Menschen, die sind alt und sehr reich, demzufolge ist das sicherlich nicht das einzige Kriterium." Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte mit Blick auf die Förderpläne gesagt: "Und wir werden bei bestimmten Alters- und Einkommensgruppen automatisch auch darauf achten, dass die Vorgaben nicht belastend oder bindend sind."
Derweil gab der Haushaltsausschuss des Bundestags Bundesmittel zu Entlastungen für Verbraucher mit Öl- und Pelletheizungen frei. Insgesamt geht es um bis zu 1,8 Milliarden Euro. Nach einem früheren Eckpunktepapier der Ampel-Fraktionen sollen Verbraucher rückwirkend für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2022 entlastet werden. Die maximale Entlastungshöhe soll bei 2.000 Euro pro Haushalt liegen. Voraussetzung sind Heizkosten, die mindestens das Doppelte des Vorjahres betragen.
Union wirft Kanzler Aufweichen von Klimaschutz vor
Im Bundestag warf Unions-Fraktionsvize Andreas Jung dem Kanzler zudem ein Aufweichen des Klimaschutzgesetzes vor. "Wie können Sie das verantworten?", fragte er mit Blick auf den Beschluss der Koalition, künftig auf verbindliche Jahres- und Sektorenziele bei den Emissionen zu verzichten.
Scholz wies die Vorwürfe zurück und versicherte, die Regierung tue alles, um die Klimaziele zu erreichen. Es gehe vielmehr darum, das Klimaschutzgesetz für die Zukunftsperspektive der Klimaneutralität 2045 "weiterzuentwickeln", sagte Scholz. Auch sei es nicht so, dass es keine Jahresziele mehr geben solle, vielmehr werde weiterhin "jedes Jahr geguckt", ob die Klimaziele für 2030 erreicht werden könnten. Künftig solle alle zwei Jahre geprüft werden, ob Abweichungen so groß seien, "dass wir nachsteuern müssen".
Auch Umweltschützer hatten beklagt, dass nun nicht mehr jeder Sektor – also der Verkehr etwa – verpflichtend seine Klimaziele einhalten müsse.
Scholz bekennt sich zu Kindergrundsicherung
Kritik von Abgeordneten gab es im Bundestag auch daran, dass im Koalitionsausschuss keine Entscheidung zur Kindergrundsicherung getroffen wurde. Der Kanzler bat um Verständnis: "Wir haben auch noch viele andere Reformvorhaben, denn es gibt einen großen Reformstau in Deutschland", sagte Scholz. Die Ampel-Parteien hätten aber das Projekt Kindergrundsicherung im Koalitionsvertrag festgeschrieben und würden es auch umsetzen: "Das ist das gemeinsame Projekt der Koalition", beteuerte Scholz.
Bei diesem Projekt gehe es darum, "dass die Leistungsansprüche, die da zur Verfügung stehen, auch tatsächlich benutzt werden", sagte Scholz. "Wir wissen zum Beispiel von dem Kinderzuschlag, dass der nur zu knapp 30 Prozent genutzt wird - und das ist bitter, wenn man weiß, dass es um Familien geht, die wirklich arm sind, obwohl ein Elternteil oder beide Elternteile arbeiten", fügte der Kanzler hinzu. "Das wollen wir und das werden wir ändern." Die Grundsicherung solle deshalb möglichst unbürokratisch sein.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
Im Video: Geteiltes Echo auf Ampel-Beschlüsse
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