"Wir sind bereit für den Frieden, für Frieden für unser gesamtes Land": Diese Worte sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag bei seinem Besuch in der von der russischen Besatzung befreiten Stadt Cherson im Süden des Landes. "Wir kommen voran", sagte er vor Soldaten nahe eines Verwaltungsgebäudes, an dem sich zahlreiche Zivilisten mit ukrainischen Fahnen versammelt hatten.
Die Befreiung Chersons sei "der Anfang vom Ende des Krieges", sagte Selenskyj. Er dankte den westlichen Staaten für deren anhaltende Unterstützung und betonte, vor allem die Lieferung von US-Raketen habe einen großen Unterschied gemacht.
Selenskyj zu Besuch: "Das motiviert auch sehr"
Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Ankunft der ukrainischen Truppen in Cherson würden für sich sprechen, sagte Selenskyj. "Ihre Reaktionen sind nicht gestellt." Seit Freitag begrüßen die Menschen in der Stadt die einrückenden ukrainischen Soldaten teils frenetisch. Selenskyj grüßte auf den Straßen Soldaten, verteilte Orden und posierte für Fotos mit den Truppen.
Er wolle den Menschen in Cherson mit seiner Anwesenheit seine persönliche Unterstützung ausdrücken, sagte Selenskyj vor Journalisten. Außerdem wolle er selbst die Emotionen und die Energie seiner Landsleute spüren. "Das motiviert auch sehr."
Befreiung von Cherson
Die russischen Streitkräfte hatten sich zuvor auf das östliche Ufer des Flusses Dnipro zurückgezogen - dort kontrollieren sie weiterhin rund 70 Prozent der Region Cherson. Die Befreiung von Cherson nach einer zermürbenden Offensive, die die russischen Truppen zum Rückzug aus der Stadt zwang, ist einer der bisher größten Erfolge der Ukraine seit dem Beginn des russischen Angriffs. Cherson ist eine von vier ukrainischen Regionen, die die Regierung in Moskau völkerrechtswidrig annektiert und zum Teil des Staatsgebiets der Russischen Föderation erklärt hat.
Nach Angaben Selenskyjs haben Ermittler in den zurückeroberten Teilen der Region Cherson bislang bereits mehr als 400 russische Kriegsverbrechen aufgedeckt. Es seien Leichen von Soldaten und Zivilisten gefunden worden. Weiter sagte er in seiner abendlichen Video-Botschaft am Sonntag, es würden zurückgebliebene russische Soldaten und Söldner festgenommen. In 226 Ortschaften mit insgesamt über 100.000 Einwohnern sei der Rechtsstaat wiederhergestellt worden. Vorwürfe, Zivilisten seien getötet und verschleppt worden, weist Russland zurück.
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Kremlsprecher kommentiert Besuch nicht direkt
Einwohner berichteten, die abziehenden russischen Truppen hätten die Stadt geplündert. Sie zerstörten auch wichtige Infrastruktur, bevor sie sich zurückzogen. "Die Energieanlage, die das gesamte rechte Ufer der Region Cherson und einen bedeutenden Teil der Region Mykolajiw mit Strom versorgte, ist praktisch zerstört", erklärte der Leiter des staatlichen Stromversorger Ukrenergo, Wolodymyr Kudryzkyj, auf Facebook. Die Zerstörung sei ein Folge "der ohnmächtigen Wut der Besatzer vor ihrer Flucht", fügte er hinzu. Der größte Teil der befreiten Region Cherson sei bereits seit dem 6. November ohne Strom, sagte Kudryzkyj. "Wir tun unser Bestes, um die Menschen so schnell wie möglich wieder mit Strom zu versorgen."
Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte den Besuch von Selenskyj in Cherson nicht kommentieren, sondern sagte lediglich: "Sie wissen, dass es sich um das Gebiet der Russischen Föderation handelt."
Biden: Rückeroberung "bedeutender Sieg" für die Ukraine
US-Präsident Joe Biden bezeichnete die Rückeroberung der Gebietshauptstadt am Montag als "bedeutenden Sieg". Die ukrainische Armee sei "wirklich wunderbar", sagte er in Nusa Dua auf der indonesischen Insel Bali. "Ich kann nur applaudieren." Die USA würden auch weiterhin helfen, damit die Ukrainer sich selbst verteidigen können. Washington werde aber nicht in irgendwelche Verhandlungen ohne Kiew treten.
Mit Informationen von Reuters, AP und dpa
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