Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Weltgemeinschaft aufgerufen, den russischen Angriffskrieg zu stoppen.
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Selenskyj wirft Russland in UN-Rede Völkermord vor

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Weltgemeinschaft aufgerufen, den russischen Angriffskrieg zu stoppen. Die Verschleppung von Kindern geißelte er vor der UN-Vollversammlung als "Genozid". Kanzler Scholz warnte vor einem "Schein-Frieden".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Rede bei der UN-Generaldebatte in New York für scharfe Kritik an Russland genutzt. Selenskyj warf Moskau am Dienstag bei seiner Ansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen vor, mit der Verschleppung von Kindern aus der Ukraine Völkermord zu begehen. "Diesen Kindern wird in Russland beigebracht, die Ukraine zu hassen, und alle Verbindungen zu ihren Familien werden zerbrochen", sagte Selenskyj in seiner 15-minütigen Rede. "Das ist eindeutig ein Genozid."

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hatte im März Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen der mutmaßlichen Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nach Russland erlassen. Russland, das dem IStGH nicht angehört, wies die Vorwürfe zurück.

Energie und Lebensmittel als Waffe

Der ukrainische Präsident sagte an die Adresse der UN-Mitglieder, Moskau greife sein Land nicht nur militärisch an, sondern nutze auch andere Instrumente als Waffen. "Diese Dinge werden nicht nur gegen unser Land eingesetzt, sondern auch gegen Ihres." Als Beispiel nannte er gestiegene Lebensmittelpreise wegen der russischen Blockade von Getreideexporten. "Die Auswirkungen erstrecken sich von der Atlantikküste Afrikas bis nach Südostasien." Ebenso nutze Moskau Energie als Waffe, um Regierungen anderer Länder zu schwächen.

Selenskyj: "Wir müssen das stoppen"

Selenskyj rief zur gemeinsam Abwehr der Gefahr durch Russland auf: "Wir müssen das stoppen." Zugleich warnte er, Russland habe nicht nur im Februar 2022 die Ukraine angegriffen, sondern stelle auch für andere Länder eine große Gefahr dar: "Viele Sitze im Saal der Vollversammlung könnten leer, leer werden, wenn Russland mit seiner Heimtücke und seiner Aggression erfolgreich ist."

"Wenn Hass als Waffe gegen eine Nation eingesetzt wird, dann hört es nie damit auf", mahnte er. "In jedem Jahrzehnt zettelt Russland einen neuen Krieg an." Teile von Moldau und Georgien seien besetzt, Russland habe sich Belarus fast einverleibt, bedrohe Kasachstan, die baltischen Staaten - und die internationale Ordnung.

Selenskyj kündigte in seiner Rede auch einen "globalen Friedensgipfel" an: "Ich lade Sie alle - Sie alle, die keine Aggression tolerieren - ein, gemeinsam diesen Gipfel vorzubereiten." Der ukrainische Präsident warnte vor Versuchen, hinter den Kulissen "zwielichtige Geschäfte" zu machen. "Dem Bösen darf nicht vertraut werden", sagte Selenskyj mit Blick auf Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin.

Scholz warnt vor "Schein-Frieden"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte sich vor der Vollversammlung hinter die internationalen Bemühungen um Frieden in der Ukraine. Gleichzeitig warnte er vor "Schein-Lösungen", die das Wort "Frieden" lediglich im Namen trügen. "Denn: Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung. Frieden ohne Gerechtigkeit nennt man Diktat. Das muss nun endlich auch in Moskau verstanden werden."

Scholz wird an diesem Mittwoch auch dabei sein, wenn es im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen möglicherweise zur direkten Konfrontation der Kriegsgegner Ukraine und Russland kommt. Der ukrainische Präsident Selenskyj wird dann ebenso im höchsten UN-Gremium erwartet wie der russische Außenminister Sergej Lawrow.

Biden: "Nackter Aggression entgegentreten"

Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden bei dem hochkarätigen UN-Treffen die Weltgemeinschaft eindringlich dazu aufgerufen, die Ukraine weiter zu unterstützen. "Die Welt muss der nackten Aggression heute entgegentreten, um andere potenzielle Aggressoren von morgen abzuschrecken", sagte Biden zu Beginn der Generaldebatte. Biden beschwor den Zusammenhalt der UN-Mitgliedsländer: "Wenn wir zulassen, dass die Ukraine zerstückelt wird, ist dann die Unabhängigkeit irgendeiner Nation sicher? Die Antwort ist Nein."

Der Sicherheitsrat ist das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen und für Konfliktlösung und Friedenssicherung zuständig. Ihm gehören 15 der 193 UN-Mitgliedstaaten an. Fünf Atommächte sind ständig dabei und haben Vetorecht bei allen Entscheidungen: die USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich. Einige der anderen 188 Mitgliedstaaten wechseln sich auf den verbleibenden zehn Sitzen alle zwei Jahre ab. Seit Jahren gilt das Gremium wegen gegenseitiger Blockaden der USA, Chinas und Russlands in zentralen Fragen als weitgehend handlungsunfähig.

Mit Informationen von dpa und AFP

Im Video: Präsident Selenskyj spricht vor der UN-Vollversammlung

Generaldebatte der UN-Vollversammlung
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Michael Kappeler
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Generaldebatte der UN-Vollversammlung

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