Viele Punkte, wenig Zeit - so könnte man die diesjährige Frühjahrskonferenz der Innenminister von Bund und Länder, die heute in Berlin zu Ende gegangen ist, vielleicht zusammenfassen. Denn die Themenliste war so lange wie noch nie. Was die Ministerinnen und Minister bei ihren dreitägigen Beratungen alles vereinbart haben - ein Überblick:
Mehr Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen
Ein zentraler Kompromiss wurde etwa beim Thema Waffenverbot im öffentlichen Raum getroffen: Die Innenministerinnen und -minister der Länder wollen ein bundesweites Waffenverbot in Zügen und an Bahnhöfen prüfen lassen. Das Bundesinnenministerium sei gebeten worden, "gegebenenfalls auf eine entsprechende Änderung der Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn insbesondere in Bezug auf Messer, hinzuwirken, erklärte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU).
In einem gemeinsamen Papier der Innenminister heißt es, in Zügen sei ein "besonderer Schutz" nötig, da es bei Gewalttaten kaum Flucht- oder Ausweichmöglichkeiten gebe. Wegen der überregionalen Verkehrsverbindungen sei eine bundeseinheitliche Regelung zu Waffenverboten in Zügen und an Bahnhöfen erforderlich. Bundesinnenminister Nancy Faeser hatte sich bereits im Vorfeld dafür stark gemacht. Ein solches Verbot solle im gesamten Personenverkehr gelten, sagte die SPD-Politikerin bei der Abschlusspressekonferenz in Berlin.
Stärkere Kontrollen - auch durch Videoüberwachung
Um schlimme Gewalttaten zu verhindern, soll außerdem künftig strikter kontrolliert werden. Für die Kontrolle sollten aber weder das Zugpersonal und Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste in erster Linie verantwortlich sein, so Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD). Dies sei vielmehr die Aufgabe von Bundespolizisten und Beamte der Landespolizeien. Deren Präsenz soll deswegen erhöht werden.
Die Innenminister einigten sich zudem darauf, für mehr Videoüberwachung in Zügen, Straßenbahnen und an Bahnhöfen zu sorgen. Die Zahl der Kameras für die Videoüberwachung an Bahnhöfen und Bahnanlagen soll bis 2024 von 9.000 auf 11.000 erhöht werden.
Migration soll besser gesteuert werden
Versammeln konnten sich die Mitglieder der Innenministerkonferenz (IMK) auch hinter der Forderung, die Fluchtzuwanderung stärker einzudämmen. Die Bundesregierung müsse mehr Anstrengungen unternehmen, Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhielten, in ihre Herkunftsländer zurückzubringen, um die Kommunen zu entlasten. Die Länder wollen, dass ihnen der Bund deshalb neben dem aktuellen Lagebild zur Migrationslage auch Prognosen zu Fluchtbewegungen zur Verfügung stellt. Darüber hinaus soll "die Möglichkeit einer situativen und lageangepassten Intensivierung des Grenzschutzes an besonders betroffenen Binnengrenzen" geschaffen werden.
Der Wunsch einiger Länder nach vorübergehenden stationären Kontrollen an der Grenze zu Polen und der Schweiz setzte sich hingegen nicht durch. "Das aller größte Problem haben wir im Moment auf der Route Belarus-Polen", sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). Er erklärte, die IMK habe sich dafür ausgesprochen, Georgien, Armenien, Moldau, Indien, Marokko, Tunesien und Algerien als sogenannte sichere Herkunftsländer einzustufen. Die Bundesregierung will aber nur Staaten auf die Liste setzen, die EU-Beitrittskandidaten sind. Bundesinnenministerin Faeser erklärte, deswegen habe sie auch die Vorbereitung dafür getroffen, Moldau und Georgien als sicheren Herkunftsstaat einzustufen.
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Gesprengte Geldautomaten als wachsendes Problem
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung der 219. Innenministerkonferenz war der starke Anstieg bei Sprengung von Geldautomaten. Faeser führte aus, man habe sich mit der Kreditwirtschaft auf eine Vielzahl konkreter Schritte verständigt. Dazu gehörten verstärkte Videoüberwachung, der Einbau von Nebelanlagen sowie Einfärbe- oder Klebesysteme an Banknoten und die Reduzierung von Bargeldbeständen in den Filialen.
In der kommenden Woche solle mit Branchenvertretern auf Bundesebene erneut darüber beraten werden. Sollten die Präventionsmaßnahmen nicht ausreichend umgesetzt werden, würden gesetzliche Verpflichtungen auf den Weg gebracht, ergänzte Faeser. Hessens Ressortleiter Beuth fügte an, die Geldautomatensprengung sei "der Bankraub 2.0", daher müsse der Strafrahmen angepasst werden.
Zurückhaltung bei Cannabis-Legalisierung
Ob und wann die Legalisierung von Cannabis in Deutschland kommt, darüber herrscht bei den Innenministern noch Unsicherheit. Die Auswirkungen der von der Bundesregierung geplanten Legalisierung lägen "im Trüben", sagte Beuth. Es sei völlig unklar, welche Entwicklungen sich für Kriminalität, Verkehrssicherheit, Polizeikontrollen, Schwarzmarkt und Konsum ergeben würden.
- Zum Artikel: Bayern will Cannabis-Legalisierungspläne verhindern
Daher müsse das Bundesinnenministerium eine internationale Vergleichsstudie in Auftrag geben, um aus den Erfahrungen anderer Länder zu lernen und "die richtigen Schlüsse für die Kriminalitätsbekämpfung zu ziehen". Beuth verwies auf das Beispiel der Niederlande. Dort sei in dem Zusammenhang eine Drogenmafia stark geworden, die den Staat herausfordere.
Besserer Schutz vor Gewalt gegen Homosexuelle und Transmenschen
Die Innenministerinnen und -minister wollen den Kampf gegen trans- und homophobe Gewalttaten verbessern. Der hessische Minister Beuth sagte, die Innenminister plädierten für einen besseren Opferschutz. Hürden, die diese bisher von Anzeigen abhielten, müssten abgebaut werden. Faeser betonte: "Wir müssen mehr Bewusstsein, mehr Sensibilität und somit auch mehr Unterstützung für die Betroffenen schaffen." Queerfeindliche Gewalt müsse "als solche klar benannt und gezielt verfolgt werden", sagte Faeser.
Der von der IMK eingesetzte Arbeitskreis legte in einem Abschlussbericht mehr als 20 Empfehlungen vor. Konkreten Handlungsbedarf sieht das Gremium demnach in der Polizeiarbeit - etwa bei der Aus- und Fortbildung, bei der Schaffung dortiger Ansprechstellen und beim Ausbau von Präventionsmaßnahmen. Auch sollen Strafanzeigen über das Internet ermöglicht werden, wie es etwa in Berlin schon praktiziert wird.
Die derzeitige IMK-Vorsitzende, Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD), sprach vor Journalisten außerdem über Gewaltstraftaten von Menschen im psychischen Ausnahmezustand oder mit psychischen Beeinträchtigungen. Die Sicherheitsbehörden stünden hier vor einem "Symptom, nicht der Ursache", sagte sie. Frühzeitige Hilfe und die Zusammenarbeit von Behörden und Einrichtungen bis hin zur Gefahrenprognose und Gegenmaßnahmen sollten vorangetrieben werden.
Speicherung von IP-Adresse im Kampf gegen Kindesmissbrauch
Geschlossen zeigten sich die Innenminister auch im Vorhaben, Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen besser aufzuklären. Sie bekräftigten ihre Forderung, eine Speicherung von IP-Adressen möglich zu machen, um Täter, die Missbrauchsdarstellungen an Kindern verbreiten, besser ermitteln und verfolgen zu können.
Auch Faeser fordert dies. Auf Bundesebene werden die Pläne bislang aber noch von der FDP blockiert, die stattdessen das Quick-Freeze-Verfahren vorgeschlagen hat, bei dem Daten nur bei einem konkreten Anlass gesichert werden sollen. Berlins Senatorin Spranger (SPD) verwies auf das große Dunkelfeld von Missbrauchstaten. Es liege in diesem Bereich noch viel Arbeit vor den Verantwortlichen, sagte sie.
Mit Material von dpa und AFP.
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