Das Rednerpult im Plenarsaal
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Wie verständlich sind die Reden im Bundestag? Eine Studie hat sich mit dieser Frage beschäftigt. (Archivbild)

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Studie: Linken-Politikerin hielt verständlichste Bundestagsrede

Studie: Linken-Politikerin hielt verständlichste Bundestagsrede

Bandwurmsätze und "Denglisch": Eine Studie zu Reden in der Haushaltsdebatte stellt den Bundestagsabgeordneten in Sachen Verständlichkeit ein durchwachsenes Zeugnis aus. Es wimmelt vor Fremdwörtern und Fachbegriffen. Doch einige erzielen gute Noten.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Als der 20. Bundestag im Oktober 2021 erstmals zusammentrat, gab es von der Chefin eine klare Ansage: "Politik ist nur dann gut, wenn sie auch verständlich ist", sagte Präsidentin Bärbel Bas (SPD) in ihrer Antrittsrede. Nur wer verständlich spreche, könne auch jene noch erreichen, die sich von "der Politik" nicht mehr angesprochen fühlten. "Wir können über unsere Sprache zeigen, dass wir das Wohl aller im Blick haben", sagte Bas. Für ihre Worte erntete sie Applaus aus allen Reihen.

Doch an der Verständlichkeit im Bundestag hapert es, wie eine Untersuchung der Universität Hohenheim zeigt. Zwar sind die Forscherinnen und Forscher im Großen und Ganzen zufrieden mit den Reden. So seien sie etwa verständlicher als die der Dax-Vorstände auf ihren Hauptversammlungen, wie Co-Autor Frank Brettschneider sagte. "Dennoch ist bei einigen noch Luft nach oben."

Fachwörter und lange Sätze machen Reden unverständlich

Brettschneider und sein Team nahmen sich für ihre Untersuchung 96 Reden aus der Haushaltsdebatte vom vergangenen September vor und prüften sie auf Verständlichkeit. "Fremdwörter und Fachwörter, Wortkomposita und Nominalisierungen, Anglizismen und 'Denglisch', lange Sätze - all das erschwert die Verständlichkeit", sagte Co-Autorin Claudia Thoms.

Aus derlei Kriterien entwickelten Brettschneider und sein Team mithilfe einer selbst entwickelten Software den sogenannten Verständlichkeitsindex. Er soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Das Notenfeld rangiert von 0 (formal schwer verständlich) bis 20 (formal leicht verständlich).

Verständlichste Reden von Abgeordneten der Linkspartei, CDU und AfD

Ihre Ergebnisse zeigen: Einige Politikerinnen und Politiker liegen mit ihren Reden schon nah am Optimum, aber die Streuung ist groß. Die verständlichsten Reden hielt demnach die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch, die auf einen Wert von 19,5 kam. Auf dem zweiten Platz folgten Jens Spahn (CDU) und Leif-Erik Holm (AfD) mit jeweils 19,2. Die unverständlichste Rede hielt laut Studie die CDU-Abgeordnete Kerstin Vieregge (7,9).

Von allen Kabinettsmitgliedern kamen die verständlichsten Reden von einer, die der Regierung nun nicht mehr angehört: die ehemalige Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Sie konnte einen Wert von 18,4 erzielen. Damit liege sie 0,1 Punkt vor Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Am wenigsten verständliche Reden kamen aus Reihen der FDP und AfD

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) landete innerhalb der Koalition mit 16,3 auf dem fünften Platz. Damit liege sein Wert zwar etwas höher als der von Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU), der auf 15,4 komme. Insgesamt rangiere die SPD aber mit einem Durchschnittswert von 15,3 hinter der CDU (16,5). Die am wenigstens verständlichen Reden kamen demnach aus Reihen der FDP und der AfD (jeweils 14,3).

Studienleiter Frank Brettschneider zeigte sich von den Ergebnissen positiv überrascht. Mit einem Durchschnittswert von 15,3 liege die Verständlichkeit der Haushaltsdebatte über der Politikberichterstattung vieler Zeitungen, die laut Index auf einen Wert zwischen 11 bis 13 kommen. Das Vorurteil, dass von der Bevölkerung niemand verstehen könne, was im Bundestag gesprochen werde, treffe zumindest auf die Haushaltsdebatte nicht zu, sagte der Kommunikationswissenschaftler. Zum Vergleich: Doktorarbeiten der Politikwissenschaft kommen im Schnitt auf 4,3 Zähler.

Anglizismen können Parteien modernen Anstrich verleihen

Es gibt einen Trend, den das Team beklagt: immer mehr "Denglisch", also das Mischen von deutscher und englischer Sprache. Von "Gamechanger-Instrumenten" ist da die Rede oder vom "out-of-the-box-Denken". Das Englische sickert immer tiefer ins Deutsche ein, wie auch die Neuaufnahmen von Wörtern im Duden zeigen.

Derlei Anglizismen könnten in der politischen Debatte dazu dienen, sich und seiner Partei einen modernen Anstrich zu verleihen, sagte Marcus Maurer, Professor für politische Kommunikation an der Universität Mainz. Es gebe sicherlich Begriffe, die Politikerinnen und Politiker vermeiden sollten. Allerdings sei die Verständlichkeit bis ins letzte Wort nicht das oberste Ziel der Abgeordneten.

Lange Worte mindern Verständlichkeit

"Die Reden richten sich an die Öffentlichkeit, allerdings stehen dazwischen die Medien", sagte Maurer. In deren Berichterstattung müssten sie mit ihren Reden vordringen. "Und die Abgeordneten haben Erfahrung damit, was man sagen muss, um am Abend in den Tagesthemen vorzukommen", sagte Maurer. Zu emotionalisieren oder den politischen Gegner zu attackieren, das gehört ihm zufolge zu den bewährten Methoden. "Studien zeigen, dass das Klima rauer wird im Parlament."

Zu den häufigsten Verstößen gegen die Verständlichkeitsregeln zählt Brettschneiders Team auch "Wortungetüme": lange, zusammengesetzte Wörter, die gerne für Gesetze bemüht werden. Als Beispiel werden das "Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz" oder das "SprinD-Freiheitsgesetz" genannt.

Fach- oder Generaldebatte? Verschiedene Ansprüche bezüglich der Verständlichkeit

Wie verständlich die Debatten im Bundestag sind, hängt Maurer zufolge auch von ihrer Art ab. Über Fachdebatten werde kaum berichtet, weshalb sich Abgeordnete weniger um ihre Verständlichkeit bemühen müssten. "Bei der Generaldebatte ist die Verständlichkeit vermutlich hoch, allerdings geht es da weniger um die Sache als um den Schlagabtausch", sagte Maurer.

Dieses Entweder-oder ist nicht, was sich Bärbel Bas in ihrer Antrittsrede vorgestellt hatte. Im Gegenteil forderte sie, auch die schwierigen juristischen Fragen so übersetzen, dass jeder und jede folgen kann. "Wir brauchen dazu Worte, bei denen Zuhören Freude macht."

Mit Informationen von dpa und KNA

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