Jahr für Jahr beenden in Deutschland zehntausende Jugendliche die Schule ohne einen Abschluss - ihr Anteil verharrt seit Jahren auf einem hohen Niveau. Das bekräftigt eine aktuelle Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.
Kein Schulabschluss: Mehr Jungen als Mädchen
Im Jahr 2021 haben rund 47.490 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen. Das entspricht einem Anteil von etwas mehr als sechs Prozent an allen gleichaltrigen Jugendlichen. Im Zehn-Jahres-Vergleich stagniert der Studie zufolge die Quote der Jugendlichen ohne Schulabschluss seit 2011 auf diesem Niveau. Die Analyse umfasst alle junge Menschen, die zum Ende ihrer Pflichtschulzeit keinen Schulabschluss erhalten. Dies sind demnach mit 60 Prozent mehr Jungen als Mädchen.
Junge Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft sind mit 13,4 Prozent fast dreimal so häufig betroffen wie deutsche Gleichaltrige mit 4,6 Prozent. Jede oder jeder zweite ohne Mittelschulabschluss war zudem in einer Förderschule.
Große Unterschiede zwischen den Bundesländern
Verlassen in Bayern lediglich 5,1 Prozent aller Abgängerinnen und Abgänger die Schule ohne Abschluss, sind es in Bremen mit zehn Prozent anteilig fast doppelt so viele. In Bremen, Rheinland-Pfalz und im Saarland stieg die Quote dabei seit 2011 - in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und am deutlichsten in Mecklenburg-Vorpommern sank sie.
Schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt
"Trotz positiver Entwicklungen in einzelnen Bundesländern ist es in den vergangenen zehn Jahren insgesamt nicht gelungen, den Anteil junger Menschen ohne Schulabschluss zu reduzieren", erklärte dazu Nicole Hollenbach-Biele, Expertin für schulische Bildung bei der Bertelsmann-Stiftung. Das sei insbesondere deshalb ein Problem, weil die moderne Arbeitswelt immer komplexere Anforderungen stelle. Wer ohne Abschluss die Schule verlasse, habe ein höheres Risiko, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu landen.
Dass Jugendliche ohne Schulabschluss kaum Chancen auf eine Ausbildung haben, belegen der Studie zufolge Daten aus dem jüngsten Berufsbildungsbericht. Demnach sind zwei Drittel der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 34 Jahren, die keinen Schulabschluss haben, ohne Berufsausbildung. Das hat Folgen: Die Arbeitslosenquote ist bei ungelernten Menschen fast sechsmal so hoch wie bei jenen mit Berufsausbildung.
Vergeudete Gelegenheit für die Wirtschaft
"Jeder junge Mensch ohne Schulabschluss ist einer zu viel", resümierte Bildungsforscher Klemm. Denn das bedeute deutlich schlechtere Zukunftsaussichten für die Betroffenen. Die Gesellschaft könne es sich angesichts des wachsenden Fachkräftemangels nicht leisten, diese Menschen durchs Raster fallen zu lassen.
Um Jugendlichen künftig bessere Perspektiven zu geben, empfiehlt die Bertelsmann Stiftung unter anderem, besonders leistungsschwache Schülerinnen und Schüler im Unterricht bestmöglich zu fördern. Dabei könnten digitale Anwendungen helfen, Lernrückstände frühzeitig zu erkennen und die Jugendlichen in ihrem Lernprozess individuell zu begleiten.
Vorschlag: Erlernte Kompetenzen dokumentieren
Die Bildungsexpertin Hollenbach-Biele schlägt außerdem vor, erlernte Kompetenzen der Schüler über das klassische Abschlusszeugnis hinaus zu dokumentieren. "Auch Jugendliche ohne Abschluss erwerben im Laufe ihrer Schulzeit eine Vielzahl von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die überhaupt nicht sichtbar werden", so Hollenbach-Biele. Diese Informationen sei aber wichtig, um deren Chancen auf eine Ausbildung zu verbessern.
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