Deutschland im Fußballfieber – im Juni wird es so weit sein. Dann steigt die EM im eigenen Land. Doch es gibt Extremisten unterschiedlichster Couleur, die solche Feste nutzen könnten, um Anschläge zu verüben. Auf ein solches Szenario müssen sich Polizei, Bundeswehr, Zoll und Rettungsdienste vorbereiten. Gemeinsam haben sie nun mit insgesamt 800 Teilnehmern in Mittelfranken und der Oberpfalz diesen Fall trainiert. Die "Counter Terrorism Exercise 2024" (CTE) war eine länderübergreifende Übung.
Es ging darum, Terroristen zu stoppen und mit chemischen, biologischen, radiologischen oder nuklearen Kampfstoffen umzugehen. "Wir müssen immer auch mit dem rechnen, wovon wir alle hoffen, dass es nie eintritt", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Sonntagnachmittag in Sulzbach-Rosenberg.
Konkrete Terrordrohungen gebe es nicht, so Herrmann. Dass aber Anschläge möglich sind, zeigte sich zuletzt in Grünheide in Brandenburg. Bisher unbekannte Täter hatten vor gut zwei Wochen an einem frei zugänglichen Strommast Feuer gelegt, der Teil der Stromversorgung der Tesla-Autofabrik in Grünheide ist. Die Produktion kam über Tage zum Erliegen. Die linksextreme Vulkangruppe erklärte, sie sei für den Anschlag verantwortlich.
Szenario: Geiselnahme während Fußball-EM
Über die länderübergreifende Übung in Bayern sagte Polizeisprecher Michael Petzold, dass man sich ein Jahr lang vorbereitet habe. Die letzte CTE habe es vor zwölf Jahren in Schleswig-Holstein gegeben. Auf dem Gelände von Polizei und Bundeswehr in Nürnberg, Roth, Sulzbach-Rosenberg und Amberg sowie an externen Standorten wie zum Beispiel in Regensburg oder in einer U-Bahn-Station in Nürnberg stellten sich die Einheiten einem fiktiven komplexen Anschlag mit mehreren Tatorten.
Zu dem Szenario gehörte der gestellte Versuch von Terroristen, eine mit Sprengstoff bestückte Drohne in eine Menschenmenge zu fliegen. Simuliert wurden auch Schüsse eines Heckenschützen von einem Hausdach auf Einsatzkräfte und Schüsse in einer U-Bahn-Station, eine Geiselnahme in einem Redaktionsgebäude sowie ein Angriff eines Messerstechers in einem Gebäude, in das sich Fußballfans flüchteten, wie ein Sprecher der Polizei erläuterte. Es gab – ebenso gespielt – Tote und Schwerverletzte. Die Übung fand weitgehend geheim statt.
Terroristen mit chemischen Kampfstoffen
Dazu gehörte auch, dass eine Verhandlungsgruppe mit den Geiselnehmern kommunizierte. Beamte hätten zur Übung gestellte Chatgruppen überwacht, über die sich Angehörige verschiedener Terrorzellen in ganz Deutschland austauschten. Diese seien unter anderem in Konstanz, Hanau, Erfurt und München lokalisiert worden, in Nürnberg seien zwei – ebenfalls fiktive – Verdächtige nachts in einem Café gefasst worden, teilte der Polizeisprecher mit.
Bei ihren Recherchen seien Beamte im Rahmen der Übung auf ein Labor gestoßen, in dem der hochgefährliche chemische Kampfstoff Sarin hergestellt worden sei. Bei der fiktiven Festnahme von Verdächtigen sei ein Beamter kontaminiert worden, so Petzold über das weitere Szenario. Der Schutz vor chemischen, biologischen, radiologischen oder nuklearen Gefahren sei ein wesentlicher Teil der Übung gewesen.
Innenminister Herrmann zieht positive Bilanz
Um das Geschehen so realistisch wie möglich aussehen zu lassen, seien gar Maskenbildner des Staatstheaters Nürnberg beteiligt gewesen. Zehn Liter Kunstblut und Verbandsmaterial im Wert von rund 10.000 Euro seien eingesetzt worden.
Innenminister Herrmann zog eine positive Bilanz: Die Einsatzkräfte hätten eindrucksvoll bewiesen, "dass sie Hand in Hand gut gerüstet für die verschiedensten Gefahren- und Bedrohungslagen sind". An einzelnen Stellen – etwa bei der Kommunikation untereinander – gebe es Verbesserungspotenzial, weshalb die Übung ausführlich nachbereitet werde. Derlei Einsatzsituationen könnten von heute auf morgen eintreten, weshalb es wichtig sei, diese immer wieder zu trainieren, sagte der Minister.
Mit Informationen von dpa.
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