Vor genau zehn Jahren wurde die Partei "Alternative für Deutschland" gegründet. Für das kommende Jahr erhofft sich AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla eine Regierungsbeteiligung seiner Partei in den ostdeutschen Bundesländern.
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Zu den fehlenden Koalitionsaussichten sagte er im Interview mit Bayern 2: "Friedrich Merz baut neue Brandmauern auf [...] und da muss ich als Ostdeutscher immer schmunzeln. Wir sind es gewohnt, Mauern einzureißen, und wir werden diese Mauern einreißen, wenn die anderen Parteien keine Bündnisse mehr schmieden können, weil es einfach nicht mehr ausreicht."
Die AfD reiche allen anderen Parteien die Hand, über Probleme und deren Lösung zu diskutieren. Auf kommunaler Ebene gebe es bereits eine Zusammenarbeit. "Das wird sich auch auf Landes- und Bundesebene durchsetzen, man muss eben Geduld haben", so Chrupalla.
Chrupalla: Verfassungsschutz soll erklären, was an der AfD radikal sei
Die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz als rechteextremen Verdachtsfall bezeichnete er als "Regierungsschutz, der politisch instrumentalisiert und missbraucht wird". Der Verfassungsschutz sei immer zu den Parteiveranstaltungen und Bürgerdialogen eingeladen. Dort könne er sich gerne ein Bild machen. "Und dann soll er mir bitte erklären, was an uns radikal ist", sagte der AfD-Bundessprecher.
AfD-Feier in Königstein: Proteste angekündigt
Ihr zehnjähriges Bestehen will die AfD an diesem Montag im hessischen Königstein feiern. Bei der Veranstaltung werden nach Angaben eines Sprechers etwa 300 Parteimitglieder erwartet, darunter die beiden Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Eine Rede wird auch vom Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland erwartet. Rund um die Veranstaltungshalle in dem Kurort wollen verschiedene Verbände, Gewerkschaften und Parteien demonstrieren. Nach Polizeiangaben wurden "mehrere Gegenversammlungen" angemeldet. Eine Straßensperrung ist angekündigt. Weitere könnten nicht ausgeschlossen werden, hieß es. In der AfD sehe man eine große Bedrohung für die Demokratie, heißt es in einem Aufruf mehrerer Gruppen zu der Protestkundgebung.
Chrupalla: "Natürlich gab es in der Vergangenheit Fehler"
Dass laut ARD-Deutschlandtrend drei Viertel der Deutschen der Ansicht sind, die AfD distanziere sich nicht genug von rechtsextremen Positionen, erklärt Chrupalla mit dem Wachstumsprozess der Partei: "Natürlich gab es in der Vergangenheit Fehler, die wir begangen haben, das ist auch ein Stück weit etwas, was zum politischen Wachstum dazugehört. Jetzt sind wir nicht mehr die junge Partei, sondern jetzt muss es einen Zug nach vorne geben. Und sie werden uns die nächsten Jahre daran messen können."
Das zehnjährige Bestehen der AfD bezeichnete Chrupalla als "riesige Erfolgsgeschichte". Die AfD sei nicht vom Himmel gefallen, sondern habe eine Lücke geschlossen in der Parteienlandschaft, für Bürger, die sich nicht mehr repräsentiert fühlen. Die AfD vertrete die Interessen der deutschen Bürger, des Mittelstandes, des Handwerks. Und das seien die Dinge, die kaum noch eine Partei in Deutschland überhaupt vertrete.
AfD im Bundestag - "Parlamentarische Arbeit wird verachtet"
Die AfD ist in allen deutschen Landtagen vertreten außer dem von Schleswig-Holstein, und seit 2017 auch im Bundestag. Das Klima sei mit dem Einzug der AfD rauer geworden, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Pöbeleien haben zugenommen. Die parlamentarische Arbeit wird von der AfD verachtet." Die AfD sei keine normale Partei, sondern autoritär, ausländerfeindlich, ausgrenzend und wolle die Gesellschaft auseinandertreiben.
Politikwissenschaftler: AfD wird bleiben
Mehrere Politikwissenschaftler schließen eine Regierungsbeteiligung der AfD nicht mehr aus. "Es wird noch dauern, bis die AfD in einem Bundesland regiert, aber auszuschließen ist es – siehe die Erfahrung mit der Linken – nicht", sagte der Mainzer Parteienforscher Jürgen Falter der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der Bonner Politologe Frank Decker sagte: "Die AfD ist gekommen, um zu bleiben, und sie wird bleiben."
Positionen zu radikal - Wähler-Zuwachs fraglich
Mittelfristig sieht Decker sie im Westen bei Wahlen knapp im zweistelligen Bereich. Im Osten "dürfte der Zuspruch mehr als doppelt so hoch bleiben". Die AfD profitiere unter anderem davon, dass sie von anderen Parteien nicht oder zu wenig repräsentierte Themen und Positionen besetze und einnehme, etwa bei der Zuwanderung oder beim Klimaschutz. "Beide Themen werden die Agenda auch in den nächsten Jahren prägen."
Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke glaubt, dass die AfD in den kommenden zehn Jahren bundespolitisch nicht an Bedeutung gewinnt. "Die AfD wird mit ihrer radikalen Ausrichtung bundesweit im Turm von zehn Prozent plus gefangen bleiben", sagte Funke der "Rheinischen Post". Anders sehe es jedoch in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen aus, da scheine die Partei potenziell machtfähig geworden zu sein.
Mit Informationen der dpa.
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