Wie gut wurden die Tiere gehalten, deren Fleisch wir essen? Das interessiert nicht nur Kunden, denen Tierwohl wichtig ist, sondern auch die, die Wert auf eine besonders gute Fleischqualität legen. Denn die hängt von mehreren Faktoren ab: Um welche Rasse handelt es sich? Wie wurde das Tier gefüttert? Wie viel Bewegung hatte es? Wie lange durfte es leben, wie langsam durfte es also wachsen? Und schließlich: Wie wurde das Tier geschlachtet? Hatte es vor dem Schlachten Angst, Stress, Panik? Mehr Tierwohl kommt eben nicht nur dem Tier zu Gute, sondern auch dem Kunden.
Wo finde ich gutes Fleisch?
Die Frage für viele ist also, wo sie Fleisch von solchen Tieren finden. Um das beurteilen zu können, braucht man Informationen. Wo kommt das Tier her? Wie wurde es gehalten? Wie lang war sein Weg zum Schlachter?
Unser erster Weg führt uns, wie viele Kunden, in den Supermarkt. Hier sollen vier Haltungsformen des Handels für Klarheit sorgen. Haltungsform 1 zum Beispiel bedeutet für ein Schwein einen Platz von 0,75 Quadratmetern. Das ist gesetzliche Mindestanforderung. Dazu gibt es "veränderbares Beschäftigungsmaterial, mind. bewegliche Kette kombiniert z.B. mit Holzstück", wie es bei der Initiative Tierwohl (ITW) heißt, einem branchenübergreifenden Bündnis der deutschen Fleischindustrie. 0,75 Quadratmeter für ein Schwein sind nicht viel, finden wir. Und schauen uns nach Alternativen um.
Bei Haltungsform 2 stehen dem Schwein schon 0,825 Quadratmeter zur Verfügung, "10 Prozent mehr als gesetzlich vorgesehen". Und es gibt "zusätzliches organisches Beschäftigungsmaterial aus natürlichen Materialien". Bei Haltunsgform 3 sind es schon 1,05 Quadratmeter - und es gibt Stroh zur Beschäftigung sowie "Außenklimareize", also mindestens eine offene Stallfront.
Unsere Wahl: Haltungsform 4
Weil uns das nicht überzeugt, wählen wir die Haltungsform 4, "Premium". Hier stehen dem Schwein schon 1,5 Quadratmeter zur Verfügung - doppelt soviel wie gesetzlich vorgeschrieben. Daneben ein ständiger Zugang zu Auslauf und Freilandhaltung. Auf der Verpackung gibt es einen QR-Code, den wir scannen, um mehr über die Herkunft des Schweins zu erfahren, von dem der Kochschinken stammt, den wir gerade kaufen.
Wir erfahren, dass das Schwein entweder aus Niedersachsen kommt - oder aus Nordrhein-Westfalen. Geschlachtet wurde es entweder in Lohne oder in Grünsfeld. Nicht gerade eine genaue Angabe. Und verarbeitet in Kemnat. Das Schwein wurde also durch die halbe Republik gekarrt. Wer als Kunde Wert auf Regionalität und Handwerk legt und es vor allem etwas genauer wissen möchte, ist hier fehl am Platz.
Wir gehen zum Metzger
Also machen wir uns auf zum örtlichen Metzger. Zur Metzgerei Vogl in München-Haidhausen. Die gibt es dort seit den 1950er Jahren - eine richtige Münchner Institution. 90 Prozent der Wurstwaren kommen hier aus eigener Herstellung. Das Schweinefleisch beziehen Ignaz und Josef Vogl von einer bäuerlichen Erzeugergemeinschaft im baden-württembergischen Wolpertshausen. Es stammt von Schwäbisch-Hällischen Landschweinen, einer alten Rasse, die bekannt ist für ihr exzellentes Fleisch. Die Erzeugergemeinschaft verspricht eine Haltung in hellen, luftigen Ställen mit Stroheinstreu und - wo es die räumliche Situation erlaubt - Auslauf ins Freie. Und bietet Interessierten viele Informationen auf ihrer Website.
Schlachtung in Hofnähe
Geschlachtet wird im nahen Schwäbisch-Hall. Dahin sind die Tiere maximal eine halbe Stunde unterwegs. Selbst schlachten dürfte Metzger Vogl übrigens gar nicht, selbst wenn er wollte, denn in München gilt ein Schlachtverbot. Seit 1871 darf in der Stadt aus Hygienegründen nur noch im Zentralen Schlachthof geschlachtet werden. Für Josef Vogl käme das Schlachten aber auch dann nicht in Frage, wenn er es dürfte: "Weil das einfach nicht geht bei uns. Sie sehen selber: Das ist im Hinterhof, überall wohnen Leute. Im Sommer haben sie die Fenster auf. Das ginge gar nicht, wenn wir die Schweine hier schlachten würden."
Nur rund ein Drittel schlachtet noch selbst
Auch außerhalb Münchens schlachtet nur noch eine Minderheit der Metzger selbst. Nach Angaben des Landesinnungsverbandes für das bayerische Metzgerhandwerk trifft das im Freistaat auf 30 bis 40 Prozent der Metzgereien zu, die entweder im eigenen Betrieb schlachten oder in Regionalschlachthöfen, sogenannten "Metzgerschlachthöfen" schlachten oder schlachten lassen. Wie die Metzgerei Stuhlberger in Wartenberg im Landkreis Erding. Seine Schweine bezieht Metzgermeister Ludwig Stuhlberger vom Hof von Adi und Martin Bauer im dreißig Kilometer entfernten Heimpolding im Nachbarlandkreis Mühldorf. Die Tiere werden auf Stroh gehalten, haben 70 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und rund um die Uhr Zugang zum Auslauf ins Freie.
Nicht selbst schlachten? "Schwer vorstellbar"
Die Tiere nicht mehr selbst zu schlachten, ist für Metzgermeister Ludwig Stuhlberger nur schwer vorstellbar. "Mit der Schlachtung", sagt er, "haben wir einen direkten Kontakt zu unseren Lieferanten. Wir können die beeinflussen, können sagen, wie wir die Tiere haben wollen. Wie viel Fett, wie viel Fleisch. Die Qualitätskriterien kann man gar nicht so umsetzen, wenn man Fleisch einfach nur ordert." Möglich ist das auch dank seiner Kunden. Denn die, sagt er, wollen immer genau wissen, wie die Tiere gelebt haben. Fünf Jahre hat er suchen müssen, bis er seinen jetzigen Lieferanten gefunden hat.
Schlachten ohne Stress
Die Schlachtung in der Metzgerei dürfen wir uns anschauen. Nachdem die Schweine angekommen sind, werden sie paarweise hereingeführt. Dadurch haben die Tiere weniger Stress. Im Schlachtraum nimmt man sich Zeit. Keine Unruhe, keine Hektik. Erfahrene Metzger, die sich zuschauen lassen. Danach mussten wir lange suchen. Nach der Betäubung durch einen Stromschlag wird das Schwein mit einem Schnitt in die Halsschlagader getötet und entblutet. Dann werden die Tiere sofort gereinigt, entborstet, zerlegt und gleich verarbeitet.
Fleisch wird schlachtwarm verarbeitet
Das Fleisch der Tiere noch schlachtwarm zu verarbeiten ist mittlerweile selten geworden, weil Schlachtbetrieb und Metzgerei meist nicht am selben Ort sind. Es hat aber einen ganz entscheidenden Vorteil für den Verbraucher, erklärt Metzgermeister Stuhlberger: "Wir brauchen keine Phosphate, wir brauchen keine anderen Zusatzstoffe. 400 Zusatzstoffe sind ja erlaubt, bei uns kommt in sehr vielen Wurstwaren eigentlich nur Salz und Gewürz rein."
Natürliches Phosphat statt künstliches
Dabei kommt es bei der Warmfleischverarbeitung nicht primär auf die Fleischtemperatur an, sondern vielmehr auf die Inhaltsstoffe, die direkt nach der Schlachtung noch im Fleisch vorhanden sind und erst nach ein bis zwei Stunden biochemisch abgebaut werden. So enthält Warmfleisch Adenosintriphosphat (ATP), eine natürliche Phosphatverbindung. Das Brät aus Warmfleisch ist weich, klebrig und weist eine gute Wasserbindung auf. Ganz so, wie es zum Wursten ideal ist. Eigenschaften, die bei Kaltfleisch nur durch die Zugabe von Hilfsstoffen, üblicherweise Phosphaten, erreicht werden. Die Vorteile des natürlichen Phosphats im Warmfleisch bestehen darin, dass der menschliche Körper es nur zum Teil, zu 40 bis 50 Prozent aufnehmen kann. Künstlich zugesetzte Phosphate, wie sie bei der allgemein üblichen Kaltfleischmethode Verwendung finden, werden dagegen zu 100 Prozent aufgenommen und schädigen die Gesundheit bei zu hoher Aufnahme nachweislich.
Der Kunde entscheidet
Bei der Auswahl von Fleisch und von Wurstwaren lohnt es sich also, nachzufragen: Von welchen Tieren stammen sie? Woher kommen die Tiere? Wie wurden sie gehalten? In welchem Alter wurden sie geschlachtet, das heißt: Wie lange durften sie leben? Aber auch: Wie lange hatten sie Zeit, Fleisch anzusetzen? Wo und wie wurden sie geschlachtet? Wie lang war der Transportweg zum Schlachter? Und für die, die Wert auf wenig Zusatzstoffe und natürliches Phosphat statt künstlichem in der Wurst legen: Wurde das Tier unmittelbar nach dem Schlachten verarbeitet? Anhand solcher Fragen kann dann jeder entscheiden, welchem Metzger er sein Vertrauen schenkt.
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