Wolfgang Schäuble (CDU)
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Turbulenzen bei der Union - Schäuble gegen Mitgliederbefragung

Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl rumort es in der Union. Heute treffen sich Spitzenpolitiker der Partei. Noch-Bundestagspräsident Schäuble machte indes klar: Für die Wahl eines neuen CDU-Chefs solle es keine Mitgliederbefragung geben.

Zwei Wochen nach dem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl streitet die Union über die Schuldfrage und die CDU sucht nach einer personellen Neuaufstellung. Am Samstag haben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) bereits überraschend bekannt gegeben, dass sie auf ihre Bundestagsmandate verzichten und den Weg frei machen für zwei jüngere Politiker aus dem Saarland: Nadine Schön (38) und Markus Uhl (41). Die beiden hätten den Wiedereinzug ins Parlament sonst verpasst, kommen als Nachrücker von der CDU-Landesliste nun doch noch zum Zuge.

Beratungen am Montag: Druck aus den Bundesländern

Am Sonntag berieten sich die CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden aus Bundestag und Landtagen. Am Montag will sich das CDU-Präsidium treffen. Das beherrschende Thema: Analyse der Wahlniederlage und welche Konsequenzen die Union bzw. die CDU daraus ziehen werden.

Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann drängte am Montagmorgen bereits auf ein schnelles Ergebnis: "Ich gehe davon aus, dass das Präsidium einen klaren Zeitplan beschließen wird, der den Weg bis zu einem Sonderparteitag aufzeigt", sagte Althusmann der Deutschen Presse-Agentur. Der Bremer-CDU-Vorsitzende Carsten Meyer-Heder fordert, die Bundes-CDU müsse sich inhaltlich, strukturell und personell neu aufstellen.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther drängt sogar auf einen kompletten personellen Neustart: "Wir brauchen insgesamt einen Aufbruch und sollten deshalb unseren gesamten Vorstand neu wählen - und zwar noch im Verlauf dieses Jahres", sagte Günther und kritisierte, dass bei der Debatte über die Neuaufstellung der Partei immer nur Männer eine Rolle spielten.

Schäuble gegen Mitgliederbefragung für möglichen neuen CDU-Chef

Bei der Wahl eines möglichen neuen Bundesvorsitzenden sollten nach Ansicht von Althusmann die Mitglieder stärker einbezogen werden. Insbesondere dann, wenn es auf eine strittige Entscheidung zwischen mehreren Kandidaten hinauslaufe. Wolfgang Schäuble hält diesen Weg für falsch.

"Die CDU Deutschland hat kein besseres Organ, um die Basis zu berücksichtigen als den Parteitag", sagte der Bundestagspräsident im Rahmen eines Literaturfestivals in Hamburg. Auf vorherigen Parteitagen hatten Delegierte über die neue Spitze der Christdemokraten abgestimmt. Eine Abstimmung unter Mitgliedern könne etwa durch Meinungsumfragen beeinflusst werden.

CDU-Chef Armin Laschet hatte angekündigt, dass er den Spitzengremien der Partei an diesem Montag einen Vorschlag zur personellen Neuaufstellung vorlegen will. Er selbst möchte diesen Prozess moderieren.

Söder: Kritik an Kandidat und Strategie

CSU-Chef Markus Söder führt das schlechte Ergebnis der Union auf den unpopulären Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) und eine schwache Wahlkampfstrategie zurück. "Es ist einfach so: Am Ende wollten die Deutschen einen anderen Kanzlerkandidaten als den, den CDU und CSU aufgestellt haben", sagte Söder, der selbst gerne Kanzlerkandidat geworden wäre, am Samstag bei der Landesversammlung der Jungen Union (JU) in Deggendorf. "Genauso wie es eine Rolle gespielt hat, dass wir von Anfang an nicht ganz sicher waren, welche Strategie wir inhaltlich eigentlich fahren."

In der CSU hatte es auch schon während des Wahlkampfs immer wieder kritische Töne in Richtung des Unionskanzlerkandidaten und CDU-Chefs Armin Laschet gegeben.

Merz: Tiefpunkt in Zusammenarbeit von CDU und CSU

Der ehemalige Fraktionschef Friedrich Merz kritisierte indes mit Blick auf das Verhältnis von CDU und CSU: "Das Jahr 2021 markiert einen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit und unseres Umgangs miteinander." In seinem am Samstag verschickten Newsletter schrieb er, dass nicht alle zu jeder Zeit von jeder Entscheidung restlos überzeugt sein müssten. "Aber so wie in den Wochen vor der Wahl geht man in einer sich immer noch 'bürgerlich' nennenden Union einfach nicht miteinander um." Das sei respektlos und "streckenweise rüpelhaft" gewesen.

Merz selbst habe an der Basis wohl sehr viele Anhänger, vermutet Niedersachsens CDU-Vorsitzender Althusmann. Merz habe "einen gewissen natürlichen Führungsanspruch". "Er mag vom Alter her nicht das junge Gesicht sein, aber er genießt innerparteilich vermutlich die größte Zustimmung, wenn es zu einer Mitgliederbefragung käme." Aber, "so wie ich es verstanden habe", wolle er sich nicht erneut in eine Auseinandersetzung mit den bekannten Kandidaten wie Jens Spahn, Norbert Röttgen oder anderen begeben, so Althusmann.

Altmaier: Wiederaufstieg nur mit CDU-CSU-Team

Söder sei seit über einem Jahr neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) derjenige Unionspolitiker, der bundesweit die höchste Wertschätzung genieße, sagte Bundeswirtschaftsminister Altmaier der Deutschen-Presse Agentur. "Die neue CDU-Führung und Markus Söder müssen ein starkes Team bilden. Nur so kann der Wiederaufstieg gelingen."

Debakel bei Bundestagswahl

Die Union war bei der Bundestagswahl am 26. September auf 24,1 Prozent abgestürzt, während die SPD stärkste Kraft wurde. Ihre Entscheidung, zuerst Sondierungsgespräche mit der SPD zu führen, hatten Spitzenpolitiker von Grünen und FDP auch mit der aktuellen Zerstrittenheit der Union begründet.

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