"Im Ausland zu leben, befreit einen Bürger nicht von den Pflichten gegenüber seinem Heimatland", schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Dienstag im Online-Dienst X. Deswegen habe er Maßnahmen angeordnet, die der "Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Männern im wehrfähigen Alter in der Ukraine und denen im Ausland" dienten. Was Kuleba konkret meint: Die Ukraine will dafür sorgen, dass die im Ausland lebenden ukrainischen Männer im wehrfähigen Alter zurückkehren.
Folgen für wehrfähige ukrainische Männer im Ausland
Die ukrainische Nachrichtenseite "ZN.UA" hatte am Montag über ein entsprechendes Papier aus dem Außenministerium berichtet. Es enthält demnach eine Anweisung an die ukrainischen Konsulate. Sie sollen Männern zwischen 18 und 60 nur noch Papiere ausstellen, mit denen sie in die Ukraine zurückkehren können. Für andere Behördengänge, etwa Passverlängerungen, müssten die Männer also in ihr Heimatland zurückkehren. Das ukrainische Außenministerium bestätigte die Angaben nicht.
Jedoch war es der Außenminister Kuleba selbst, der auf X deutlich machte, was er von ukrainischen Männern Ausland erwartet - und was ihnen droht, sollten sie auf den Dienst an der Front verzichten.
Ukraine hat große Schwierigkeiten, neue Soldaten zu rekrutieren
Ein wehrfähiger Mann im wehrfähigen Alter, der mit seiner Auswanderung dem Staat gezeigt habe, dass er sich nicht um dessen Überleben kümmere, könne keine Dienstleistungen von diesem erwarten. Sein Ministerium werde bald Genaueres bekannt geben, so der Außenminister.
Der Schritt steht offenbar im Zusammenhang mit dem neuen Mobilisierungs-Gesetz, das Präsident Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche unterzeichnet hatte. Es soll in wenigen Wochen in Kraft treten und dafür sorgen, dass mehr Männer gefunden werden, die für einen Militärdienst in Frage kommen. Allein in Deutschland leben mehr als 200.000 Ukrainer im wehrfähigen Alter. In der EU sind es insgesamt mehr als 650.000.
Nach Hunderttausenden flüchtigen Wehrpflichtigen wird gefahndet
Mit der Einführung des Kriegsrechts wurde Wehrpflichtigen eigentlich bis auf wenige Ausnahmen die Ausreise verboten. Trotzdem sind Hunderttausende ukrainische Männer mit gefälschten Dokumenten oder über die grüne Grenze ins Ausland geflüchtet, um sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Dem ukrainischen Innenminister Ihor Klymenko zufolge fahndet seine Behörde bereits nach Hunderttausenden, die Einberufungsbescheide und Musterungsvorladungen ignoriert haben.
Die Ukraine ist nach mehr als zwei Jahren Krieg stark ins Hintertreffen gegenüber den russischen Angreifern geraten. Die Armee hatte zuletzt große Schwierigkeiten, neue Soldaten zu rekrutieren. Schon im Dezember bat sie um Hunderttausende neue Soldaten. Diesen Monat hatte der Staat nach langer Diskussion ein Gesetz zur Mobilmachung verabschiedet. Wer die Einberufung ignoriert, dem drohen künftig harte Strafen.
Derweil kann die Ukraine mit neuen Hilfspaketen aus dem Ausland rechnen. Neben den USA hat nun auch Großbritannien weitere Waffenlieferungen zugesagt. Konkret sind das Hunderte Fahrzeuge, Kampfboote, über 1.600 Raketen und Millionen Schuss Munition.
Karte: Die militärische Lage in der Ukraine
Mit Informationen von AFP und dpa.
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