Der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) wird sich mit dem russischen Vorwurf beschäftigen, es habe in der Ukraine einen Völkermord gegeben. Diesen hatte Russland als Grund für seinen Überfall Anfang 2022 auf das Land angegeben. Das Gericht hat sich jetzt zuständig für ein Verfahren erklärt, das die Ukraine angestrengt hat. Von der Entscheidung aus Den Haag geht ein wichtiges Signal aus: Russlands Kriegsbegründung kann vor Gericht verhandelt werden.
Russland und Ukraine sind Vertragsstaaten der Völkermord-Konvention
Weder die Ukraine noch Russland haben sich der Zuständigkeit des Gerichtshofs in Den Haag unterworfen. Allerdings sind beide Länder Vertragsstaaten der Völkermord-Konvention. Die Ukraine beruft sich jetzt auf eben diese Konvention und wirft Russland vor, den internationalen Vertrag zu missbrauchen, um seinen Angriffskrieg zu rechtfertigen. Putin habe den Einmarsch in die Ukraine unter anderem damit begründet, dass die russischen Minderheiten in Donezk und Luhansk einem Völkermord ausgesetzt seien, den die ukrainische Regierung begehe.
Mit diesem falschen Völkermord-Vorwurf missbrauche Russland das internationale Recht als Vorwand für seinen Krieg. Für genau diese Frage hat sich der IGH nun für zuständig erklärt. Für nicht zuständig erklärte er sich allerdings für weitergehende Klagepunkte der Ukraine. Ob Russland mit seinem Krieg und der Anerkennung von Donezk und Luhansk selbst die Völkermord-Konvention verletzt hat, wird nicht Teil des kommenden Prozesses in Den Haag sein.
Wie geht das Verfahren jetzt weiter?
Der Internationale Gerichtshof hat nun entschieden, dass er für die Klage der Ukraine in weiten Teilen zuständig ist. Damit hat die Ukraine ein wichtiges Ziel erreicht. Es wird vor den Augen der Welt ein Prozess in Den Haag über die russische Kriegsbegründung geben.
Bereits kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der IGH in einem Eilverfahren allerdings schon angeordnet, dass Russland seine Angriffe einstellen muss.
UN-Gericht hat keine Durchsetzungskraft
Der IGH, der gelegentlich als Weltgericht bezeichnet wird, hat allerdings keine Möglichkeit, seine Entscheidungen zwangsweise durchzusetzen. Dennoch tragen Staaten Streitigkeiten immer wieder öffentlichkeitswirksam vor diesem UN-Organ aus. In der vergangenen Woche forderte das Gericht Israel auf, einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern. Völkermord wird in einer UN-Konvention definiert als ein Verbrechen mit der Absicht, eine ethnische oder andere Bevölkerungsgruppe zu zerstören.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!