Kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg setzt sich die FDP für "eine Politik für das Auto" ein – so das Motto eines Präsidiums-Beschlusses von Montag. Eine der darin enthaltenen Forderungen ist kostenloses Kurzeitparken in Innenstädten oder alternativ ein kostengünstiges Flatrate-Parken. So sollten mehr Kundinnen und Kunden für die Geschäfte angelockt und das "Sterben der Innenstädte" im ländlichen Raum gebremst werden.
FDP-Plan zu Parkplätzen: Handelsverband Bayern kritisiert Einseitigkeit
In Parkplätzen und Erleichterungen für Autofahrer allein kann aber nach Ansicht von Bernd Ohlmann, Pressesprecher vom Handelsverband Bayern, nicht die Lösung liegen. Für die Städte müssten individuelle Konzepte gefunden werden, unter Einbindung aller Akteure – Gastronomie, Politik, Anwohner und Verwaltung. Geschäfte müssten zwar erreichbar sein, so Ohlmann gegenüber dem BR, aber es zähle für Innenstädte und Fußgängerzonen auch, dass die Menschen sich wohlfühlen und die Aufenthaltsqualität hoch sei.
Es sei auf der einen Seite zwar falsch, Autofahrer an den Pranger zu stellen, so Ohlmann. "Aber auf der anderen Seite, kann man nicht einfach nach dem Gießkannenprinzip sagen, jetzt Schleusen auf, alle Autofahrer wieder rein in die Innenstädte, Fußgängerzonen werden zurückgebaut und zack sind alle Probleme der Innenstädte gelöst. Das geht natürlich auch nicht." Der "Königsweg" müsse Erreichbarkeit und Wohlfühlfaktoren vereinen, auch wenn die Menschen "am liebsten an der Kasse parken" möchten.
Erfüllen müssten die Forderungen die Kommunen
In ihrem "Auto-Plan" fordert die FDP auch, dass weniger Fußgängerzonen und Fahrradstraßen eingerichtet werden sollten, um Autos in den Städten mehr Raum zu geben: "Wir wollen Umwandlungen von Straßen in Fahrradstraßen oder Fußgängerzonen nur mit einem schlüssigen Gesamtkonzept und unter Einbezug der Anwohner und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen der anliegenden Gewerbe", heißt es im als Erstes aufgeführten Punkt des Konzeptes. Eine Sperrung für den Verkehr "aus ideologischen Gründen" sorge nur für eine Verlagerung des Verkehrs und werde abgelehnt.
Erfüllen müssten diese FDP-Forderungen die Städte und Gemeinden. Denn wie viele Fußgängerzonen oder Parkplätze es gibt und wie viel das Parken kostet, das bestimmen die Kommunen, ebenso, ob sie Tempo-30-Zonen einrichten.
Bayerischer Städtetag: Erinnert "an 1960er-Jahre"
Beim Bayerischen Städtetag jedoch stoßen die Forderungen auf Kritik. Der FDP-Plan würde weder für städtische noch ländlich geprägte Gegenden Lösungen aufzeigen. "Er erinnert an die autogerechte Stadt der 1960er-Jahre", sagt das geschäftsführende Vorstandsmitglied Bernd Buckenhofer auf BR-Anfrage. Es würden weder das veränderte Mobilitätsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger noch die Belange der Anwohner berücksichtigt. Verkehrswende bedeute in verdichteten Räumen auch, öffentlichen Raum zu Gunsten des Fahrrads, der Fußgänger und des ÖPNV zurückzugewinnen. Dafür bräuchten die Städte mehr Handlungsspielraum.
Weitere Forderung: Begleitetes Fahren ab 16 Jahren
Zum Forderungskatalog der FDP gehört auch, Jugendlichen ab 16 Jahren das begleitete Autofahren zu ermöglichen. Durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sollen "grüne Wellen" im Verkehrsfluss effektiver werden. Für Baustellen verlangt die FDP Arbeit auch an Wochenenden und in der Nacht sowie im Dreischichtbetrieb. Zudem enthält der FDP-Forderungskatalog bekannte Positionen wie den Verzicht auf ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen sowie auf angebliche Stilllegungspläne der EU-Kommission für Millionen Dieselfahrzeuge. Allerdings hat Brüssel erklärt, keine solchen Pläne zu verfolgen.
Gemischte Reaktion vom ADAC
Der ADAC lobte zwar den FDP-Vorschlag zum begleiteten Fahren ab 16, übte aber auch Kritik. "Fahrradstraßen dagegen leisten einen guten Beitrag, die Verkehre stärker zu trennen und so die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen", sagte eine ADAC-Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Anziehungseffekte für Autos sollten "vermieden werden, um bestehende Verkehrsprobleme nicht zu verschärfen".
Kritik von den Grünen
Die FDP wolle die Form von Mobilität ermöglichen, die "vor Ort gefragt und gefordert" werde, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag auf Kritik an den Auto-Plänen. So hält es Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch nicht für sinnvoll, Autos gegen Fußgänger zu stellen. "Worum es doch eigentlich geht, ist alle zusammen zu denken, um weniger Stau in den Städten und mehr Freiraum für alle", mahnte Audretsch. Das gehe nur mit Investitionen in die Infrastruktur, in Busse und Bahnen oder in die Sanierung von Brücken. "Es ist ein gefährlicher Irrglaube, dass man mit mehr Autoverkehr mehr wirtschaftliche Stärke in den Innenstädten schafft", warnte auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne).
"Ein Kulturkampf einseitig gegen das Auto ist ein Kulturkampf gegen die Lebensrealität der Menschen insbesondere in Ländern wie Brandenburg und ländlichen Regionen", sagte der brandenburgische FDP-Chef Zyon Braun. Er soll eine zur Verkehrspolitik eingesetzte Arbeitsgruppe der Liberalen leiten.
Braun sagte, dass der Plan der Liberalen "keine Pro-Auto-Kampagne" sei. Und er verwies darauf, dass das 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr öffentlich subventioniert und damit auch von Menschen in denjenigen Regionen solidarisch mitgetragen werde, die nicht an den Nahverkehr angeschlossen sind.
Mit Information von AFP, dpa und dem ARD-Hauptstadtstudio
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