Es gibt drei Themenschwerpunkte, die aus dem Wahlprogramm der AfD herausstechen: Die Partei übt grundlegende Kritik an der aktuellen Flüchtlingspolitik, der Europapolitik und der Art und Weise, wie Deutschland mit der Corona-Pandemie umgeht. Die beiden ersten Themen prägen die Partei seit ihren Anfängen. Migration ist nach Ansicht der AfD für viele Missstände in Deutschland verantwortlich und gehöre massiv beschränkt. Aus der Euro-Skepsis wurde inzwischen die Forderung: Austritt aus der EU. Im Corona-Krisenmanagement hat die AfD lange gebraucht, um sich eine Linie zu geben: Zu viele Einschränkungen, keine Maskenpflicht, weniger Steuergeld für Corona-Hilfsprogramme.
"Dem Klimawandel positiv begegnen"
Die AfD bezweifelt grundsätzlich, dass die Erderwärmung menschengemacht ist. In der Konsequenz findet die Partei, dass alle Bemühungen, weniger CO2 auszustoßen und das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, unnötig und die Kosten dafür herausgeschmissenes Geld bedeuten. Es gehe lediglich darum, sich „an die veränderten Bedingungen anzupassen“. Wäre die AfD an der Regierung, würde sie – nach dem Vorbild von US-Präsident Donald Trump – den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen beschließen.
Die Partei ist gegen den Ausstieg aus der Kohle und hält nichts davon, Kernkraftwerke vorzeitig außer Betrieb zu nehmen. Den Ausbau von erneuerbaren Energieformen - Strom aus Wind und Sonne - würde die AfD nicht fördern. Klimapolitische Eingriffe in den Verkehr lehnt die Partei ab: sie will keine Umweltzonen, kein Tempolimit auf Autobahnen, keine Beschränkungen etwa für Dieselfahrzeuge.
Migration und Asyl
Die AfD will die Rückkehr zu Grenzkontrollen und Grenzzäunen, "solange der Schutz der EU-Außengrenze fehlt". Asylanträge sollen nur noch "bei nachgewiesener Identität und Staatsangehörigkeit" gestellt werden können. Die AfD will mehr abschieben und mehr Länder zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklären. Einen Familiennachzug für Flüchtlinge will die Partei grundsätzlich ausschließen.
Für den Bereich "qualifizierte Zuwanderung", also den Zuzug von ausgebildeten Fachkräften, sieht die AfD Japan als Vorbild. Auf dem Parteitag in Dresden stimmten die Delegierten zunächst für eine Formulierung, die nur noch Fachkräfte mit fünf Millionen Euro zugelassen hätte. Einige AfD-Spitzenpolitiker intervenierten. Jetzt steht im Wahlprogramm, dass "die Erfahrungen aus Japan wegweisend sein" können.
Wirtschaft/Steuern
Die Einstellung der Partei zum Klimawandel prägt auch die Wirtschaftspolitik, die sie verfolgt. Im Wahlprogramm heißt es: "Politisch initiierte Umbrüche wie die 'Klimarettung' fordern enorme Investitionen und Umstrukturierungen und treffen manche Branchen brachial." Deshalb will die AfD, dass "politisch herbeigeführte Belastungen" komplett aufgehoben werden. Konkreter wird sie in diesem Punkt aber nicht.
Steuerpolitisch schwebt der AfD ein vereinfachtes System vor, konzentriert auf Umsatzsteuer und Einkommenssteuer. Erbschafts- oder Vermögenssteuer würden dann wegfallen, das würde besonders der Oberschicht zugute kommen. Weitere Forderungen: Solidaritätszuschlag ganz abschaffen und bei der Einkommenssteuer neue Stufen und höhere Freibeträge einführen. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) würde das zu Steuerausfällen führen.
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Bauen, Wohnen, Mieten
Mehr Bauland ausweisen und die Kosten senken – das ist die grundsätzliche Forderung der Partei, um Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen. Geld sparen ließe sich der AfD zufolge, indem die Grunderwerbssteuer auf selbst genutzte Immobilien (aktuell zwischen 3,5 und 6,5%) gestrichen wird – allerdings nicht für alle. Im Gegenzug schwebt der Partei vor, dass Käufer ohne deutsche Staatsbürgerschaft 20 Prozent Grunderwerbssteuer zahlen.
Die Vorgaben für Neubauten in Bezug auf Brandschutz, Wärme- und Schallschutz gehen der AfD viel zu weit. Die Energieeinsparverordnung lehnt sie ganz ab. Den sozialen Wohnungsbau hält die Partei für gescheitert, er belaste die Steuerzahler über Gebühr. Der AfD schwebt stattdessen ein staatliches Wohngeld für Menschen mit niedrigen Einkommen vor. Mietpreisbremse und -deckel lehnt die AfD ab.
Digitalisierung
Das Zukunftsthema Digitalisierung streift die AfD nur, der ausgewiesene Fachpolitiker für diesen Bereich, der IT-Unternehmer Uwe Kamann, ist 2018 aus Protest gegen die Radikalisierung der Partei ausgetreten. Inzwischen prägt Joana Cotar die Digitalpolitik der Partei, die Bundestagsabgeordnete wäre gern AfD-Spitzenkandidatin geworden, unterlag aber Alice Weidel.
Zentrale Forderungen der AfD lauten: Den Netzausbau vorantreiben, die Verwaltung digitalisieren – das würden im Grunde alle anderen Parteien auch so unterschreiben. Die Datenschutz-Grundverordnung DSGVO sei zu bürokratisch, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz NetzDG führe zu Zensur – beides sei abzuschaffen. Das Löschen von Inhalten auf sozialen Plattformen wie Facebook oder Twitter sieht die AfD grundsätzlich kritisch, entscheiden dürfe nur die Justiz. Wie sie zu den Hausregeln steht, die sich solche Unternehmen geben dürfen, führt die Partei nicht aus.
Bildung: zurück zu alten Strukturen
In diesem Bereich würde die AfD viele Entwicklungen der vergangenen Jahre rückgängig machen. Diplom- und Magisterstudiengänge an den Universitäten statt Bachelor und Master. Außerdem: kein Geld mehr für Gleichstellungsbeauftragte und Gender-Studies.
Für die Schulen wünscht sich die Partei, dass Heimatliebe und Traditionsbewusstsein explizit gefördert werden. Islamunterricht lehnt die AfD ab. Mit Blick auf schulpflichtige Asylbewerber solle es Unterrichtsinhalt sein, sie auf "die Möglichkeit ihrer Rückkehr in ihr Heimatland vorzubereiten". Der Lernfortschritt einheimischer Schüler dürfe nicht beeinträchtigt werden. Digitale Lernmittel findet die AfD sinnvoll, allerdings erst ab der 5. Klasse. Statt auf Inklusion setzt die AfD auf Förder- und Sonderschulen.
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Gesundheit
Neben der Kritik am Corona-Krisenmanagement geht es im Kapitel über die Gesundheitspolitik unter anderem um die Finanzierung der Krankenhäuser. Weg von den Fallpauschalen, hin zu einem Individualbudget für jede Klinik. Um Ärzte zu entlasten, schwebt der AfD ein Bonussystem vor, um Versicherte von "leichtfertigen Arztbesuchen" abzuhalten.
Es soll finanzielle und organisatorische Hilfen geben für Ärztinnen und Ärzte, die sich im ländlichen Raum niederlassen wollen. Und finanzielle Anreize für Medizinstudenten, wenn sie nach dem Ende ihres Studiums in strukturschwachen Gebieten arbeiten. Etwa über günstige Studiendarlehen. Häusliche Pflege ist nach Ansicht der AfD aus sozialen und finanziellen Gründen das beste Modell. Die Partei befürwortet passive Sterbehilfe und ist gegen eine Pflicht zur Organspende.
Außen-/Verteidigungspolitik
Die AfD gibt als Ziel eine "strategische Autonomie für Deutschland und seine europäischen Partner" aus. Allerdings will die Partei nicht zu viel Abstimmung mit den anderen EU-Staaten über den europäischen Auswärtigen Dienst (EAD). Die EU-Sanktionen gegen Russland (verhängt als Reaktion auf die Krim-Annexion und den Krieg im Donbas) will die AfD aufheben, die Wirtschaftsbeziehungen ausbauen, die Gaspipeline Nordstream2 in Betrieb nehmen.
Weitere Forderungen: NATO-Einsätze nur noch auf dem Gebiet ihrer Bündnisstaaten, mehr Geld für die Bundeswehr plus die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Dazu eine Partnerschaft mit den USA auf Basis einer "Gleichberechtigung" und eine aktive Beteiligung Deutschlands an der "Neuen Seidenstraße" Chinas.
- Die Wahlprogramme der Parteien und Themen zur Bundestagswahl im Überblick
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