Mitten im Berliner Regierungsviertel bauen Arbeiter aus Holz-Modulen ein neues Gebäude für den Bundestag. 400 Abgeordnetenbüros entstehen im Luisenblock-West. Sie werden dringend gebraucht, denn der nächste Bundestag könnte so groß werden wie nie.
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Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung geht davon aus, dass im Extremfall bis zu 1.000 Abgeordnete ins nächste Parlament einziehen könnten. Das sei aber schwer vorauszusagen und hänge von verschiedenen Variablen ab.
Warum wird der Bundestag immer größer?
Zum Beispiel: Das Abschneiden der großen Parteien. Ihre Kandidaten haben in der Vergangenheit viele Wahlkreise direkt gewonnen. Holen sie über die Erststimme mehr Mandate als ihnen nach dem Anteil der Zweitstimmen zusteht, bekommen sie Überhangmandate. Die anderen Parteien erhalten dann Ausgleichsmandate, damit die Mehrheitsverhältnisse nicht verzerrt werden. Die Folge: Der Bundestag wird immer größer.
Eigentlich sollten 598 Abgeordnete im Parlament sitzen. Aktuell sind es 709. Wahlrechtsexperte Vehrkamp hält das für ein Problem. Je größer der Bundestag, umso schwerer sei es, Mehrheiten zu organisieren und in Gremien zu diskutieren. Ganz zu schweigen von den Kosten.
Opposition sieht sich durch Wahlrecht im Nachteil
Seit Jahren diskutieren die Parteien über ein neues Wahlrecht. Ein Kompromiss kam nie zustande. Union und SPD setzten im vergangenen Oktober ihre Reform durch: Zur Wahl 2025 soll es weniger Wahlkreise geben. Und: Mandate werden ab sofort in einem komplizierten Verfahren miteinander verrechnet, bis zu drei Überhangmandate werden nicht mehr ausgeglichen.
Linke, Grüne und FDP sehen sich benachteiligt. Große Parteien würden bevorzugt, kritisierte der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns in der Bundestagsdebatte. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann warf der Koalition Wählertäuschung vor. Für den FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle gibt die Reform keine Antwort auf das drängende Problem eines XXL-Bundestags.
Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor wies das in der Bundestagsdebatte im vergangenen Oktober zurück. Die Koalition habe ein "ein faires und ein verfassungskonformes Modell" gefunden.
Verfassungsrichter entscheiden nur über Eilantrag
Ob das neue Wahlrecht vor dem Verfassungsgericht besteht, entscheiden die Karlsruher Richter wohl erst später. Heute geht es erstmal nur darum, ob die neuen Regeln bei der Wahl Ende September angewendet werden können. Falls nicht, gilt das alte Recht.
Für Wähler ändert sich dadurch nichts. Die Regeln wirken sich nur darauf aus, wie Stimmen in Mandate umgerechnet werden.
Wahlrechtsexperte verlangt langfristige Lösung
Wahlrechtsexperte Vehrkamp hofft auf klare Worte aus Karlsruhe. Denn der jetzige Gesetzestext lasse viele Fragen offen. So sei nicht klar, ob die bis zu drei unausgeglichenen Überhangmandate insgesamt gemeint seien oder pro Bundesland oder pro Partei. Vehrkamp fordert: "Dazu sollte es als Mindestbedingung eine Klarstellung geben."
Überhangmandate haben nach Meinung des Wahlrechtsexperten in einem Viel-Parteien-System nichts mehr zu suchen. Sie könnten Mehrheiten verzerren und im Extremfall regierungsfähige Mehrheiten verhindern. Dazu brauche es ein Grundsatzurteil des Verfassungsgerichts zum Wahlrecht. Doch bevor das kommt, dürften die neuen Büros im Regierungsviertel bezugsfertig sein.
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