Papst Franziskus (l.) und der ehemalige Papst Benedikt XVI. (r.) in einer Kapelle des Vatikans.
Bildrechte: Osservatore Romano/Handout/dpa

Papst Franziskus (l.) und der ehemalige Papst Benedikt XVI. (r.) in einer Kapelle des Vatikans.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Warnung an Franziskus: Ex-Papst Benedikt pocht auf Zölibat

"Ich kann nicht still bleiben" - Ex-Papst Benedikt warnt vehement vor einer Aufweichung des Zölibats. Er kommt damit einer Entscheidung von Papst Franziskus zuvor. Vatikan-Experten sind erstaunt.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist vehement gegen eine Lockerung des priesterlichen Eheverbots eingetreten. Damit ist er einer in der Zölibatsdebatte erwarteten Entscheidung von Nachfolger Franziskus zuvorgekommen.

"Ich kann nicht still bleiben!" schreibt er zur Frage des Zölibats in einem gemeinsam mit dem erzkonservativen Kardinal Robert Sarah verfassten Buch, aus dem die französische Zeitung "Le Figaro" vorab Auszüge veröffentlichte.

Die Ehe erfordere, dass sich ein Mann völlig seiner Familie hingebe, so Benedikt. "Da wiederum der Dienst für den Herrn die völlige Hingabe eines Mannes erfordert, scheint es nicht möglich, diese zwei Berufungen gleichzeitig fortzuführen."

Benedikt und Kardinal Sarah warnen in dem Buch weiter, dass sich die katholische Kirche nicht von "schlechten Einlassungen, Theatralik, diabolischen Lügen und im Trend liegenden Irrtümern" beeinflussen lassen dürfe, "welche den priesterlichen Zölibat entwerten wollen". Sie warnen auch, dass Priester durch die "ständige Infragestellung" des Zölibats "verwirrt" würden.

Heikler Zeitpunkt

Das Buch von Benedikt und Sarah kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: Franziskus will bald ein Dokument zur Frage vorlegen, ob das Priesteramt für verheiratete Männer geöffnet werden soll.

Damit will das Kirchenoberhaupt auf das Ergebnis einer Bischofssynode zum Amazonasgebiet im Oktober 2019 reagieren. Eine Mehrheit der Teilnehmer hatte sich für die Priesterweihe verheirateter Männer ausgesprochen, um den Mangel an Geistlichen zu lindern. Inzwischen verschärfte sich die Personalkrise derart, dass Gläubige monatelang keine Messe feiern können.

Franziskus hatte Mitgefühl mit den Gläubigen in der Region geäußert. Zwar gilt er seit langem als Verfechter des Zölibats, betont aber zugleich, dass es sich um eine Tradition handele, keine Doktrin. Daher könne sie sich ändern. Zudem erklärte der Papst, dass es pastorale Gründe geben könne, die an einem bestimmten Ort Ausnahmen zulassen könnten.

Ungewöhnlicher Schritt

Den Appell und die Einmischung des früheren Papstes Benedikt werten Beobachter als ungewöhnlich, zumal er nach seinem spektakulären Rücktritt 2013 Unterordnung unter Franziskus zusagte.

Zu kirchenpolitischen Debatten schwieg Benedikt weitgehend. Eine Ausnahme bildete ein umstrittener Aufsatz im vergangenen Jahr, in dem er den massiven sexuellen Missbrauch durch katholische Geistliche auf die sexuelle Revolution der 1960er-Jahre zurückführte.

Dass sich Benedikt nun in die heikle Zölibatsdebatte einschaltet, könnte als öffentlicher Versuch der Einflussnahme auf Franziskus verstanden werden.

Der Vatikan-Experte Iacopo Scaramuzzi schrieb auf Twitter, die "Kohabitation" von früherem und derzeitigem Papst sei "schwierig", wenn der Amtsvorgänger "nicht sein Versprechen einhält, sich zu verbergen und zu gehorchen".

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.