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Jamaika-Bündnis (Symbolbild)

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Wie realistisch ist eine Jamaika-Koalition im Bund?

Wie realistisch ist eine Jamaika-Koalition im Bund?

Vor der Bundestagswahl zeichnet sich in Umfragen nur eine Alternative zur Großen Koalition ab: Jamaika, ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen. Doch wie realistisch ist diese Option? Sie knirscht ziemlich. Von Wolfgang Kerler und Janina Lückoff

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio.

Es gibt schon eine Jamaika-Koalition in Deutschland: In Schleswig-Holstein regiert seit knapp drei Monaten ein schwarz-gelb-grünes Bündnis - und das relativ geräuschlos. Die zwei führenden Köpfe von FDP und Grünen, Wolfgang Kubicki und Robert Habeck, arbeiten in Kiel vertrauensvoll zusammen. Dennoch sind beide skeptisch, ob ihr Bündnis auch in Berlin funktionieren könnte.

"Sie brauchen ja nicht nur ein Programm, auf das Sie sich einigen können, sondern auch Grundvertrauen in die handelnden Personen. Diese Erfahrung haben wir in Berlin nicht." Wolfgang Kubicki, stellvertretender Vorsitzender der FDP

Im Bundestagswahlkampf allerdings wird der Ton zwischen den beiden Parteien rauer, so auch bei den Parteitagen am Sonntag. Ginge man nach den Erfahrungen aus Kiel waren die Reden des Spitzenpersonals kein gutes Vorzeichen für Jamaika in Berlin.

Lindner: "Wir beschäftigen uns mit Inhalten"

Christian Lindner, Spitzenkandidat der FDP, hielt den Grünen vor, eine Kampagne gegen seine Partei zu fahren.

"Ich habe mein Büro gebeten aufzuschreiben, was die Grünen so in den letzten Tagen und wenigen Wochen über uns gesagt haben, und will das mal vorlesen: 'Lindner spielt Trump', 'Kopf-in-den-Sand-Politik', 'Klientelpolitik', 'Populismus', 'Ausbeutung und Umweltzerstörung', 'Schaumschlägerei', 'Politik für die Vergangenheit', 'Dagegen-Partei', 'nur Eigen-PR', 'Verführungsrhetorik', 'einfach aber dumm', 'Partei der Steuerhinterzieher', 'Menschenfeinde', 'Diät-AfD', 'Klimaleugner', 'Diktatorenversteher'. Mögen die Grünen sich mit uns beschäftigen, wir beschäftigen uns heute mit politischen Inhalten." Christian Lindner, FDP-Vorsitzender

Nur wenige Kilometer entfernt, ebenfalls in Berlin, warnte die Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt vor einer Neuauflage von Schwarz-Gelb. Sie konnte genauso Beispiele dafür liefern, wie sie von der FDP angegangen wurde.

"Herr Lindner und Herr Kubicki haben mir ja vorgeworfen, dass ich so moralin-impertintent sei. Da kann ich nur eines sagen: In Zeiten von Herrn Erdogan, in Zeiten von Herrn Putin und in Zeiten von Donald Trump - da finde ich: Moral ist ein echter Standortfaktor. Und dazu stehe ich auch." Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin der Grünen

Auch inhaltlich gibt es Differenzen

Nach den Parteitagen ist also klar: Die Atmosphäre stimmt noch nicht zwischen den beiden möglichen Partnern. Umso schwieriger dürfte es werden, die inhaltlichen Differenzen zu überwinden.

Ein paar Beispiele: Die Grünen wollen alte Kohlekraftwerke schnellstmöglich abschaffen und ab 2030 den Verbrennungsmotor für Neuwagen verbieten. Die FDP lehnt das ab. Die FDP dagegen will die Mietpreisbremse abschaffen, die Grünen wollen sie verschärfen. Die Grünen wollen außerdem eine Vermögenssteuer für Superreiche, die FDP dagegen will für alle Einkommensschichten die Steuern deutlich senken.

Bayerische Politiker offen für Gespräche

Trotzdem: Die bayerischen Vertreter von FDP und Grünen blieben - bei allen Bedenken - offen für Gespräche nach der Bundestagswahl. So sagte Anton Hofreiter von den Grünen, seine Partei wolle regieren, um die politischen Inhalte zu verändern:

"Da gibt es schwierige und einfache Partner, aber wir werden nach der Wahl mit allen demokratischen Parteien reden."

Ähnlich klang es beim Spitzenkandidat der Bayern-FDP, Daniel Föst, der trotz aller Skepsis gegenüber Jamaica betonte, für seine Partei sei es am wichtigsten, die "Trendwende" in der Bildung, der Infrastrutkur, der inneren Sicherheit und in Europa umsetzen.

"Und wenn wir das mit CSU, CDU und Grünen machen können, dann ertragen wir einiges", so Föst.

Ein Wunsch-Bündnis ist Jamaika im Bund also nicht - undenkbar aber auch nicht.