Aus Sicht der Bauwirtschaft ist die Lage dramatisch. Sowohl die Zahl der fertig gestellten Wohnungen als auch die Zahl der Baugenehmigungen nimmt deutlich ab. Und schon genehmigte Projekte werden, wie das Ifo-Institut meldet, häufig storniert.
Bedarf an bezahlbarem Wohnraum hoch wie nie
Das ist aber nur die eine Seite, wie Robert Feiger von der Industriegewerkschaft BAU betont: "Gleichzeitig ist aber der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum so hoch wie wir ihn noch nicht hatten." Insbesondere aufgrund des Zuzugs von Flüchtlingen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum entwickele sich zu einer Gefahr für die Gesellschaft. Zugleich fürchtet Feiger im Einklang mit anderen Vertretern der Branche eine Negativspirale am Bau. "Ich sehe die große Gefahr, dass bei dem Fachkräftebedarf in anderen Branchen natürlich eine gewisse Arbeitskräfteabwanderung droht und stattfinden wird."
Schnelle Hilfen der Politik für kriselnden Wohnungsbau
Der Wohnungsbau stehe daher vor einem gefährlichen Kipppunkt. Vor diesem Hintergrund verlangt das Bündnis Wohnungsbau schnelle Hilfen von der Politik, wie Christian Staub vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes erläutert: "Wir brauchen eine Erhöhung der Förderkulisse, wir brauchen eventuell die Aussetzung von erhöhten Energiestandards, um sofort das Bauen wieder in Gang zu bringen - also, ich melde hier Alarm."
Allein für den Sozialen Wohnungsbau sollte der Bund weitere 50 Milliarden Euro in die Hand nehmen, in Form eines neuen Sondervermögens - was bei Bauministerin Klara Geywitz, SPD, aber auf Bedenken stößt: "Sondervermögen klingt super, nach einem Batzen Geld, in Wirklichkeit ist es aber ein Batzen Schulden. Das ist eine Forderung, die kann ich verstehen, wir müssen aber auch das Grundgesetz sehen, das schränkt die Verschuldungsmöglichkeit des Staates ein."
Keine Zusagen von Robert Habeck
Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck gibt den versammelten Branchenvertretern keine feste Zusage. Es gehöre zur Ehrlichkeit zuzugeben, "dass wir nicht alles und überall verbilligen können, wohl aber gezielt im sozialen und ökologischen Bereich Unterstützung gewähren, die die Volkswirtschaft tragen kann." So müsse man prüfen, wie vorhandene und möglicherweise an anderer Stelle eingesparte Mittel gezielt für die Bauwirtschaft eingesetzt werden könnten, so der Grünen-Politiker.
Kritik von Opposition
Oppositionspolitiker wie Mario Czaja von der CDU werfen der Regierung dagegen vor, die Misere am Bau selbst mit zu verstärken: "Weil doch zwei Fragen nicht beantwortet sind. Die erste Frage ist: Was kommt auf mich zu? Die zweite: Welche Förderung bekomme ich?"
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Das gelte gerade für die energetischen Vorgaben im Gebäudesektor - Stichwort Heizungen. Auch die Vertreter der Bauwirtschaft sehen hier ein großes Problem. Die Kosten am Bau hätten sich nicht nur durch die höheren Preise für Baumaterialien oder die gestiegenen Zinsen erhöht, sondern auch durch die immer strengeren Auflagen - von Stellplätzen über die Gestaltung von Außenanlagen bis hin zu den Anforderungen zur Energieeffizienz.
"Uns geht das Geld aus für all diese Maßnahmen, die jetzt von uns gefordert werden, das ist die Wirklichkeit", sagt Axel Gedaschko vom Verband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Ein Problem, das auch Bauministerin Geywitz im Grundsatz anerkennt. Sie sagt zu, die Auflagen am Bau kritisch unter die Lupe zu nehmen. Sie werde dafür das Baugesetzbuch einmal gründlich ausschütteln.
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