Der Westen plädiert für eine Zweistaatenlösung nach dem Ende der Kämpfe zwischen Israel und der Hamas. Nach den USA verstärken nun auch Deutschland und die EU den Druck auf Gegner einer Zweistaatenlösung für den Nahost-Konflikt. "All diejenigen, die davon nichts wissen wollen, haben bisher keine andere Alternative auf den Weg gebracht", kritisierte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Montag bei einem EU-Treffen in Brüssel. Bei der Zweistaatenlösung soll ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich an der Seite Israels existieren.
Baerbock: "Zweistaatenlösung die einzige Lösung"
Zentral sei es nun, deutlich zu machen, dass Israel nur in Sicherheit leben könne, wenn auch die Palästinenser in Sicherheit und in Würde leben könnten. Gleichzeitig gelte, dass Palästinenserinnen und Palästinenser nur in Würde, Sicherheit und Freiheit leben könnten, wenn Israel in Sicherheit lebe. "Deswegen ist die Zweistaatenlösung die einzige Lösung", so Baerbock. Deutschland werde alles daran setzen, sie auf den Weg zu bringen. "Das ist mehr als komplex, aber die Alternative, nichts zu tun und einfach abzuwarten, ist für uns keine Option", sagte sie.
Neben Deutschland und der EU dringen auch Großbritannien und die USA auf die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates. Ähnlich äußerten sich auch etliche andere Ministerinnen und Minister und kritisierten insbesondere den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Netanjahu: "Werde keine Kompromisse eingehen"
Netanjahu hatte jedoch bereits am Samstagabend die Darstellung von US-Präsident Joe Biden zurückgewiesen, dass eine Zweistaatenlösung nach dem Gaza-Krieg mit ihm als Regierungschef machbar sei. "Ich werde keine Kompromisse eingehen, wenn es um die volle israelische Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordans geht - und das steht im Widerspruch zu einem palästinensischen Staat", schrieb er auf "X" (früher Twitter).
Eine mögliche Zweistaatenlösung war am Montag Topthema beim Außenministertreffen in Brüssel. An den Gesprächen in Brüssel sollten auch der Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten, Ahmed Aboul Gheit, sowie die Außenminister der Länder Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien teilnehmen. Zudem war in gesonderten Runden auch ein Austausch mit dem israelischen Außenminister Israel Katz sowie dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riyad al-Maliki, vorgesehen.
Bericht: Arabische Länder arbeiten an Plan für Zweistaatenlösung
Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge arbeiten die arabischen Länder bereits an einem Vorschlag für eine Zweistaatenlösung nach Ende des Gaza-Krieges. Saudi-Arabien biete im Gegenzug für die Schaffung eines palästinensischen Staates die Anerkennung Israels an, wie das "Wall Street Journal" am Montag unter Berufung auf arabische Beamte schrieb.
Der Vorschlag sei Israel über die USA unterbreitet worden. Es handele sich um den ersten gemeinsamen Plan arabischer Staaten zur Beendigung des Gaza-Krieges und für eine Zweistaatenlösung, hieß es. Die Details des Vorschlags würden noch ausgearbeitet, bisher sei die Haltung der israelischen Regierung ablehnend. Die Gründung eines palästinensischen Staates sei dabei der Hauptstreitpunkt, hieß es.
Israel: Pläne für künstliche Insel vor Gazastreifen
Ob allerdings der steigende Druck auf Israel Wirkung zeigen kann, gilt als fraglich. Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zeigte sich der israelische Außenminister in den Gesprächen bei dem Thema nicht kompromissbereit. Stattdessen stellte Katz den Angaben des Spaniers zufolge Pläne für eine künstliche Insel vor der Küste des Gazastreifens und eine Eisenbahnverbindung mit Indien vor. Die Insel-Pläne sehen nach früheren Angaben von Katz vor, dort unter anderem einen Hafen und möglicherweise sogar einen Flughafen zu errichten. Warenflüsse und Reisende könnte so effizient kontrolliert werden.
Eine Mehrheit der Israelis lehnt inzwischen eine Zweistaatenlösung ab. Viele befürchten, dass auch aus dem Westjordanland Raketen auf israelische Orte geschossen werden könnten. Außerdem argumentieren manche, ein unabhängiger Staat ausgerechnet nach dem beispiellosen Massaker vom 7. Oktober komme einer "Belohnung" gleich. Auch die islamistische Hamas selbst ist gegen eine Zweistaatenlösung.
US-Präsidentschaftswahl als wichtiger Faktor
EU-Diplomaten befürchten, dass Netanjahu auf einen Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl im Herbst setzt. Der Republikaner hatte Netanjahu in seiner ersten Amtszeit stark unterstützt und unter anderem verkündet, dass die USA den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland nicht mehr kategorisch als völkerrechtswidrig betrachten würden. Trumps Nachfolger Biden hat diesen Kurs wieder korrigiert. Der Demokrat fordert stattdessen von Israel Offenheit für eine Zweistaatenlösung.
Als wenig Erfolg versprechend wird von mehreren Teilnehmern des Ministertreffens auch ein Vorstoß des EU-Außenbeauftragten Borrell für eine Friedenskonferenz-Initiative angesehen, die im ersten Schritt Spitzengespräche ohne die Palästinenser und Israelis umfassen könnte. "Es hat keinen Wert, dass wir wieder Friedenskonferenzen organisieren, wenn keiner da ist", sagte beispielsweise der luxemburgische Außenminister Xavier Bettel. Dann entstünde der Eindruck, insbesondere für Israel, vor einem Gericht zu stehen.
Feuerpausen als vorerst nächster Schritt
Ein zurückhaltenderes Vorgehen könnte nach Angaben von EU-Diplomaten vorsehen, erst einmal auf weitere Feuerpausen in dem aktuellen Gaza-Krieg zu drängen, mit dem Israel derzeit auf das schlimmste Massaker in seiner Geschichte reagiert. Bei diesem waren am 07. Oktober auf israelischer Seite 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Geiseln genommen worden. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Mit Informationen von dpa.
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