Ob bei Pfadfinderlagern, Schulungen oder privaten Treffen – auch im Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder kam es zu sexualisierter Gewalt. Der größte evangelische Pfadfinderverband Deutschlands spricht von 64 bislang bekannten Fällen in den Jahren 1977 bis 2020. Elf Taten wurden strafrechtlich verfolgt.
Bruch mit "Kultur des Schweigens und Wegsehens"
"Wir müssen davon ausgehen, dass es weitere Fälle gegeben hat", so Peter Keil, Mitglied im Bundesvorstand des Verbands, bei der Vorstellung erster Zahlen am Montag. Zugleich kündigte Keil eine wissenschaftliche Studie zu sexualisierter Gewalt innerhalb des Bundesverbandes an. Er sprach von einer "Kultur des Schweigens und Wegsehens", mit der der Verband brechen wolle.
Den gemeinsamen Auftrag zur unabhängigen Aufarbeitung für den Zeitraum 1973 bis 2020 erhielten das Institut für Bildung und Forschung in Berlin sowie das Institut für Praxisforschung und Projektberatung in München. An beide sollen sich Betroffene und Zeitzeugen wenden, so der Aufruf des Verbandes.
EKD-Studie zu Missbrauch nächste Woche erwartet
Begleitet wird die wissenschaftliche Aufarbeitung durch den verbandsinternen Beirat zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt, der bereits im Sommer 2020 eingesetzt wurde. Der Verband trage die Kosten für die Aufarbeitung selbst, dafür seien in den zurückliegenden Jahren Rücklagen gebildet worden. Bis Ende 2025 sollen Ergebnisse vorliegen.
Bereits in der kommenden Woche stellt ein Forscherteam eine erste bundesweite Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche in Deutschland vor. Drei Jahre lang hatten die Forscher sexualisierte Gewalt innerhalb von Diakonie und EKD untersucht, die evangelischen Pfadfinder sind nicht Teil der Studie.
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