Das Archiv der Zukunft in Lichtenfels
Bildrechte: 2023 / ARCHIV DER ZUKUNFT LICHTENFELS

Das Archiv der Zukunft in Lichtenfels

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"Archiv der Zukunft" in Lichtenfels eröffnet

Die Tradition der Stadt aufnehmen, ihre Zukunft gestalten: Das hat sich das "Archiv der Zukunft", der neue Ausstellungsraum in Lichtenfels, vorgenommen. Sinnbild dafür: ein Baum, den Algorithmen wachsen lassen.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wer über den Marktplatz von Lichtenfels schlendert, kommt an diesem spektakulären Gebäude nicht mehr vorbei. Direkt neben dem Rathaus ist es der neue Kopfbau, der den Markt beherrscht.

"Der Baum steht", sagt Günter Hofmann, einer der Initiatoren des Projektes, als wir ihn vor Ort treffen. Der Baum, das sind genauer besehen zwei skulpturale Weiden aus Stahlrohren. Fest installiert stehen sie auf einem großen Betonpodest vor dem Neubau und verwachsen gewissermaßen mit ihm.

Die zwölf Meter hohe, golden schimmernde und weit ausladende Installation soll die Tradition des Ortes und das "Archiv der Zukunft" verbinden.

Lob der Lichtenfelser: gar nicht so schlecht

Günter Hofmann formuliert es so: "Der Baum soll eine digitale Weide symbolisieren – also den Bogen spannen vom alten Handwerk zu neuen digitalen Techniken wie dem 3D-Druck."

Daran müsse man sich erst einmal gewöhnen, das gibt er zu. Aber viele Lichtenfelser seien mittlerweile schon an der Weide vorbeigekommen und hätten zugegeben, dass das so schlecht nun auch wieder nicht sei. "Und das ist für uns als Franken eigentlich schon ein großes Lob."

Wirtschaftlich spielt die Korbflechterei in Lichtenfels so gut wie keine Rolle mehr. Aber der Ort gehört inzwischen zu einem der führenden Standorte für die Entwicklung des digitalen 3D-Drucks. Günter Hofmann und sein Bruder Robert besaßen eine Firma, die vor rund 25 Jahren den ersten Drucker weltweit für Stahl präsentieren konnte.

Ort für Optimismus und Kritik

Inzwischen wurde der Betrieb verkauft, weil er als Familienunternehmen nicht mehr zu führen war – und ein Teil des Gewinns landete dann in Absprache mit der Gemeinde im "Archiv der Zukunft". Das soll Ängste nehmen und kritische Entwicklungen hinterfragen.

Das kleine neue Museum ist öffentlich und verlangt keinen Eintritt. Angeboten werden Diskussionsabende, technische Vorführungen und wechselnde digitale sowie interaktive Ausstellungen – die erste beschäftigt sich mit der Zukunft der Arbeit, wie Stefan Mehl, der Geschäftsführer des Archivs erläutert.

Ein wichtiger Aspekt sei dabei die durch die Pandemie sich verändernde Arbeitswelt: "Braucht es noch Büros? Welche neuen Arbeitsumfelder sind entstanden? Hier gegenüber wird von der Stadt gerade eine neue große Bibliothek gebaut, wo es auch Aufenthalts- und Gemeinschaftsräume geben soll. Und auch da könnte man sich sowas wie Co-Working-Spaces vorstellen."

Neue Energie statt großer Leere

Als Gemeinde mit 20.000 Einwohnern hat Lichtenfels viel vor für die kommenden Jahre. Dieser Geist und diese Energie waren es auch, die Architekt Peter Haimerl für den Entwurf des dreistöckigen Gebäudes inspiriert haben, das jetzt mit großen Glasflächen als transparenter Ausstellungspavillon mitten in Lichtenfels steht.

"Grundsätzlich haben so kleinere Städte oft ein Problem", sagt er. "Sie haben sich entleert, oft gibt es kaum mehr bürgerschaftliches Engagement – und ich wollte mit Architektur diese Energie zurückbringen, die es normalerweise in solchen Orten nicht mehr hat, weil sich vieles aus den Innenstädten heraus verlagert hat."

Lebensbaum, Trauerweide, Baumskulptur

Die beiden Weiden vor dem Archiv der Zukunft sind in diesem Sinne auch Lebensbäume, die den Ort gewissermaßen energetisch aufladen sollen. Zusammengeschraubt aus galvanisierten Vierkant-Baustahlrohren wirken sie aus einiger Entfernung tatsächlich wie Trauerweiden mit bis zum Boden herabhängenden Ästen, und werden beim Näherkommen zu abstrahierten Baumskulpturen, die mit den Ästen in ihren Ausmaßen die Größe des alten abgerissenen Hauses ausfüllen.

Peter Haimerl hat für den Entwurf ein Computerprogramm geschrieben, das die Bäume entwickelt hat, als würden sie von sich aus wachsen: "Das ist ein Baum, der algorithmisch wächst – und der wächst so lange, bis er an die imaginäre Hülle des Hauses stößt, das hier vorher stand. Und in dem Moment, wo ein Ast diese Hülle berührt, wird er nach unten gelenkt."

Auch so verbinden sich beeindruckend Geschichte und Moderne in Lichtenfels.

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