Der Jazzsaxofonist Immanuel Wilkins
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Echte Entdeckung: "Blues Blood" von Saxofonist Immanuel Wilkins

Echte Entdeckung: "Blues Blood" von Saxofonist Immanuel Wilkins

Er zählt zu einem der aufsteigenden Stars der jüngeren schwarzen Szene in Amerika. Der 27-jährige Saxofonist Immanuel Wilkins aus Philadelphia. "Blues Blood" ist der Titel seines aktuellen Albums.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wenn die Erinnerung Noten schreibt, so könnte man den Entstehungsprozess des neuen Albums von Saxofonist Emanuel Wilkins beschreiben. Denn hinter den melancholischen Songs stehen klar umrissene Bilder, die der heute 27-Jährige mit seiner Kindheit verbindet.

Man beginnt, so Wilkins, die klapprige Fliegengitter-Tür und das Sofa zu vermissen, auf dem niemand sitzen konnte, so abgenutzt, wie es war. Man versucht, die Kekse seiner Großmutter zu backen, und merkt, dass sie nicht ganz so wie ihre sind. Tatsächlich gießt Wilkins hier seine Sehnsucht in Töne, herauskommt diese Musik.

Weltbürgertum von New York bis Afrika

Natürlich, das Verfahren, sich zu erinnern, um daraus Kunst zu schaffen, ist seit Marcel Proust gesetzt, hatte der doch den Geschmack einer Madeleine auf der Suche nach der verlorenen Zeit literarisch unsterblich gemacht. Aber Wilkins geht es keineswegs um die Anbiederung an westliche Hochkultur, sondern um eigene Erfahrungen.

"Blues Blood", der Titel von Wilkins neuem Album, beweist, es zielt auf Kernerfahrungen der Black Community. Es geht um Blutsverwandtschaft, die den Blues als zentrales musikalisches Gen mitführt. Dazu kommt ein Weltbürgertum, das sich von New York bis Afrika und Asien ausweitet.

Ego in den Dienst der Komposition gestellt

Immer wieder steht auf dem neuen Album die menschliche Stimme im Vordergrund. Erstaunlich für einen wie Wilkins, der in seinen bisherigen Alben durch straight-jazzige Themen auffiel. Aber hier scheint es, als habe er sein instrumentales Ego ganz in den Dienst der Komposition gestellt.

Tatsächlich hatte er in letzter Zeit mit dem Gospel & Blues-Ensemble "The Black Monks" von Theaster Gates gearbeitet. Eine Erfahrung, die ihn auf dem neuen Album gleich ein ganzes Stimmengewirr auffahren lässt, am prominentesten Cécile McLorin Salvant. Auch sie singt von der Erinnerung an eine geliebte Person, die die Erde bereits verlassen hat.

Wendigster Saxofonist seit Wayne Shorter

Spätestens jetzt mag man begreifen, dass Wilkins, der vielleicht wendigste Saxofonist seit Wayne Shorter, seinen musikalischen Kompass hier klar Richtung Soul und ja sogar Pop ausrichtet. Für Wilkins aber ist wichtig, eine Musik zu machen, die berührt.

Er spricht von Balsam für die Seele, von der heilenden Kraft der Musik, von seiner Berufung, sich um das Erbe der schwarzen Musik zu kümmern. Und so ist es, als lausche man hier in den weiten Äther eines Paarungs- und Erinnerungsschatzes der Black Music, die letztlich keine Stil- und Genregrenzen mehr braucht.

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