Die sonst durchaus impulsive Hollywood-Ikone Whoopi Goldberg versuchte die Wellen der Empörung zu glätten: Die Hysterie um "Barbie" nach Bekanntgabe der diesjährigen "Oscar"-Nominierungen sei fehl am Platz. "Man bekommt halt nicht immer alles, was man will", kommentierte Goldberg die Entscheidung [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt], "Barbie"-Star Margot Robbie nicht in die Riege der fünf besten Hauptdarstellerinnen aufzunehmen. "Es gibt keinerlei Brüskierungen. Man sollte im Blick behalten, dass nicht jeder einen Preis bekommen kann, das ist alles nun mal subjektiv. Filme sind subjektiv. Die Filme, die Sie mögen, werden von anderen möglicherweise nicht geliebt."
Gosling: "Enttäuschung wäre eine Untertreibung"
So schicksalsergeben wollte sich "Barbie"-Star Ryan Gosling, der Ken spielte, offenbar nicht mit den Entscheidungen der amerikanischen Film-Akademie abfinden. Er selbst hat in der Kategorie "Nebendarsteller" Chancen auf einen "Oscar" und fühlt sich nach eigenen Worten "unglaublich geehrt", zeigte jedoch Mitgefühl für die leer ausgegangene Film-Partnerin Robbie [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt]: "Es gibt keinen Ken ohne Barbie, und es gibt keinen Barbie-Film ohne Greta Gerwig und Margot Robbie, die beiden Hauptverantwortlichen für diesen wahrhaft historischen und weltweit gefeierten Film. Ohne ihr Talent, ihren Mut und ihre Genialität wäre für niemanden im Film eine Anerkennung möglich. Zu sagen, dass ich enttäuscht bin, dass sie nicht in ihren jeweiligen Kategorien nominiert wurden, wäre eine Untertreibung."
Hillary Clinton schaltete sich ein
Nun ist "Barbie", ein Film, der weltweit rund 1,4 Milliarden US-Dollar einspielte, immerhin achtmal unter den Nominierten, u.a. in der Kategorie "bester Film", so dass Margot Robbie immerhin als Mit-Produzentin gewinnen und eine Dankesrede halten könnte. Neben Gosling als "Nebendarsteller" ist America Ferrera ("Gloria") ebenfalls in einer Nebenrolle nominiert. Außerdem winken Auszeichnungen für die Kostüme, für zwei Songs ("I'm just Ken" und "What Was I Made For?"), die Ausstattung und das "adaptierte" Drehbuch, das Gerwig gemeinsam mit Noah Baumbach geschrieben hat.
Gleichwohl geht in der US-Filmbranche die für einige Kommentatoren "schockierende" Mär um, die Academy habe "Barbie" wohl absichtlich brüskiert. Sogar Hillary Clinton hatte sich eingemischt [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt] und auf "X" (vormals Twitter) geschrieben: "Es kann schmerzhaft sein, an der Kinokasse zu triumphieren, aber nicht die Goldmedaille mit nach Hause zu nehmen. Aber eure Millionen Fans lieben euch."
"Empfinde ich schon als befremdlich"
Die als Nebendarstellerin nominierte Ferrera zeigte sich ähnlich enttäuscht [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt]: "Robbie und Gerwig haben nicht nur Kassenrekorde gebrochen, sondern auch etwas geschaffen, das auf der ganzen Welt Anklang fand, und die Wirkung dessen, was sie geschaffen haben, ist in unserer Kultur spürbar und wird auch weiterhin spürbar sein. Ich glaube, ich schließe mich dem Wunsch vieler Menschen an, dass ihnen dafür Anerkennung gezollt wird."
Hollywood-Experte Dave Karger, Verfasser eines Buches über 50 "Oscar"-Zeremonien, meinte [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt], es sehe "definitiv nicht gut aus", wenn die Academy mit Margot Robbie und Greta Gerwig ausgerechnet zwei Frauen "außen vor gelassen" habe, die in "Barbie" die Benachteiligung von Frauen thematisiert hätten: "Obwohl sie beide für ihre Arbeit an Barbie in anderen Kategorien Nominierungen erhielten, werden diese beiden aufsehenerregenden Versäumnisse noch lange in Erinnerung bleiben – und sie werden schmerzhaft sein."
"Subversives kulturelles Statement"
In der BBC verriet Caryn James den angeblich "wahren Grund" [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt] für die behauptete "Brüskierung": "Dass der Film auf einer Puppe basiert, hat 'Barbie' bei den Oscars wirklich geschadet. Der anhaltende Sexismus in der Filmindustrie mag ein Faktor gewesen sein, aber das verstärkte nur das grundlegende Problem." Die Wahlberechtigten der Academy hätten "Barbie" wohl als "Popcorn-Film" abgetan und kein Empfinden für sein "subversives kulturelles Statement" gehabt, das "Stereotypen über Frauen" untergrabe: "Oscar-Wähler konnten oder wollten nicht unter die Oberfläche schauen, um zu erkennen, wie einfallsreich und substanziell der Film ist und wie sorgfältig Gerwig ihn inszeniert hat."
James bedauerte auch, dass Gerwig und Baumbach kein "Original-Drehbuch" zugebilligt wurde, weil ihre Story auf einer bereits bekannten Figur, nämlich der "Barbie"-Puppe beruhe: "Der Bezug des Films zu Geld und Unternehmenskultur war von Anfang an problematisch."
"Nur eine leere Kiste"
Auch Drehbuchschreiber Judd Apatow ("Immer Ärger mit 40") regte sich darüber auf, dass Gerwig und Baumbach unterstellt wurde, sie hätten als Autoren "nach einer Vorlage" gearbeitet. Das sei eine "Beleidigung": "Es gab kein Material, keine Geschichte, nur eine leere Kiste."
Autor Brad Meltzer meinte augenzwinkernd, die Academy erzähle buchstäblich die satirische Filmhandlung nach, wenn sie "Ken" nominiere, aber nicht "Barbie". Die Polizei im australischen Queensland, der Heimat von Margot Robbie, erlaubte sich den Scherz [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt], eine Pressemitteilung herauszugeben, wonach die Schauspielerin um ihre "Oscar"-Trophäe "beraubt" worden sei: "Die Polizei ermittelt, nachdem einer ehemaligen Bewohnerin der Ramsay Street angeblich ein Oscar entwendet wurde."
"Schlimmere Fans als Taylor Swift"
Ganz anders das Urteil von Filmexpertin Stacey Henley. Sie argumentierte [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt], mit Feminismus habe das alles gar nichts zu tun, es sei eben ein "konkurrenzstarkes" Filmjahr gewesen und Margot Robbie somit gewiss kein Opfer des "Patriarchats". Außerdem sei "Barbie" im Kern nichts anderes als eine Werbesendung für Spielzeug mit "leicht verdaulichen" Feminismus-Anteilen. Deshalb habe Regisseurin Gerwig zwar verdient, nominiert zu werden, "aber nicht zu gewinnen".
Der Blogger und erklärte "Barbie"-Fan James Greig schrieb [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt] leider habe Gerwig schlimmere Fans als Taylor Swift, so leicht erregbar, wie sie seien: "Gott steh den tapferen Seelen bei, die anderer Meinung sind." Die schärfsten Kritiker von "Barbie" und insbesondere der dort gezeigten Form von Feminismus seien "größtenteils Frauen" gewesen, und einige ihrer devotesten Fans seien Männer: "Ob es Ihnen gefällt oder nicht, es ist kein Lackmustest dafür, wie fortschrittlich Sie sind."
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