Porträtbild der Wiener Schriftstellerin Julya Rabinowich. In ihrem Roman "Der Geruch von Ruß und Rosen" erzählt sie vom Schmerz derer, die einen Krieg überlebt haben.
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Die Wiener Schriftsteller Julya Rabinowich. In mehreren Romanen erzählt sie von Madinas Geschichte.

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Gezeichnet vom Krieg: Der Roman "Der Geruch von Ruß und Rosen"

Gezeichnet vom Krieg: Der Roman "Der Geruch von Ruß und Rosen"

Die Wiener Schriftstellerin Julya Rabinowichs erzählt von einer Familie, die aus ihrem Land vertrieben wurde und fliehen musste. Nachdem der Krieg vorbei ist, fährt Madina, die junge Erzählerin, zurück und wird dabei Zeugin großen Leids.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

Madina erfährt die Nachricht aus der Zeitung: Der Krieg ist vorbei. Schnell steht für die Schülerin fest, sie will in das Land fahren, aus dem sie einst, zusammen mit der Familie, fliehen musste. Auch wenn sie, wie sie das nennt, eine "fürchterliche Schisserinnen-Angst" hat. Madina will den Vater suchen, der verschwunden ist im Land der Kindheit. Sie weiht die Mutter nicht in ihre Pläne ein, bricht auf zusammen mit ihrer Tante Amina. Diese hat, um Madinas Ticket für die Reise zu bezahlen, eine goldene Kette verkauft, ein Erbstück. Sie will der Nichte helfen. Und ist dabei selbst tief traumatisiert und seelisch verletzt.

Eindrückliche literarische Chronik

Madina hört Stück für Stück von ihrer eigentlichen Geschichte, von ihrem großen Leid. Und mit ihr die Leserinnen und Leser von Julya Rabinowichs Roman. Die Wiener Schriftstellerin hat Madinas Geschichte bereits in den Romanen "Dazwischen: Ich" und "Dazwischen: Wir" erzählt. In "Der Geruch von Ruß und Rosen" setzt sie ihre eindrückliche literarische Chronik fort. Madina, so sagt Julya Rabinowich, sei ihr – als Figur – nah. "Obwohl sie nicht 'Ich' ist. Und die das weiterträgt, damit auch andere Zeuge dessen und Zeugin dessen sein können, was sie erlebt."

Die Reise in das Land der Kindheit – in das "Dazwischenstromland", wie es heißt in "Der Geruch von Ruß und Rosen" – ist für die Protagonistin in vieler Hinsicht eine große Herausforderung. Vor allem deshalb, weil Madina, kurz vor dem Ende ihrer Schulzeit, erfährt, was es wirklich bedeutet, einen Krieg erlebt und überlebt zu haben. Den Menschen, die ihn überstanden haben, krieche der Krieg wie Stacheldraht und Kugeln unter die Haut, kann man einmal lesen in Julya Rabinowichs Roman, geschrieben für jugendliche Leserinnen und Leser. Und weiter: Er, der Krieg, breite sich im Blutstrom aus, dunkel und kalt, er vergifte, weiter und weiter und weiter.

Die Hoffnung ist verloren

Sie beneide ihre Figur ein wenig, sagt Julya Rabinowich – ausgezeichnet mit wichtigen Kinder- und Jugendbuchpreisen – im BR-Interview. Es sei ihr – durch das Kriegsende in der Heimat – möglich gewesen, dorthin zu fahren. "Gleichzeitig ist es natürlich eine schreckliche Reise. Es ist eine Reise an einen Ort, der nicht mehr existiert und den sie trotzdem noch irgendwo zum Vorfinden erhofft. Es ist also eine Reise, die sie im Endeffekt nicht dorthin bringt, wo sie ursprünglich hinwollte. Und es ist auch eine Reise, die ihr nicht das zurückbringt, was sie wünschte."

Madina ist zusammen mit ihrer Tante unterwegs in einer vom Krieg zerstörten Welt. Sie verliert ihre Begleiterin, Amina, durch einen tragischen Unfall. Und sie findet den Vater, in einem Versteck. Die Suche führt sie auch zum Haus, in dem sie, vor ihrer Flucht, mit der Familie gelebt hatte. Der Vater hatte einst die Eingangstür grün gestrichen, als Zeichen der Hoffnung. Die Tür ist übermalt worden – im Haus wohnen neue Mieter. Auch sie gezeichnet vom Krieg und schrecklichsten Gewalterfahrungen. Die Hoffnung ist weg, wie die Farbe der Tür.

Erzählen vom Schmerz der Opfer

Sie konnte ihren Leserinnen und Lesern die Realität nicht ersparen, sagt Julya Rabinowich. "Ich konnte es auch Madina nicht ersparen. Es gibt viele Familien, die da durchmüssen. Manche schaffen es nicht. Es ist nicht einfach. Und das Stehen vor der grünen Tür, die nicht mehr grün ist, das war ein Gefühl, wo ich den Eindruck hatte, exakt das ist auch vielen Überlebenden des Holocaust passiert. Auch die standen dann vor verschlossenen Türen ihrer Heimat."

Julya Rabinowich arbeitet nicht nur als Schriftstellerin und Dramatikerin. Sie ist ebenso seit vielen Jahren als Dolmetscherin tätig, begleitet Menschen, die Folter, Gewalt und Vertreibung erfahren mussten, bei der Therapie. Die vielen Stimmen, sagt die Schriftstellerin, seien in ihr. Die Geschichten, von denen sie erfährt, fließen – literarisiert – ein in ihre Romane. Die Literatur will den "fremden Schmerz" der Opfer weitergeben. Und sie will und kann Leserinnen und Leser sensibilisieren.

Hilfe für die Überlebenden

In "Der Geruch von Ruß und Rosen" wird auch erkennbar, dass mit der letztlich glücklichen Vatersuche von Madina längst nicht alles gut ist. Er kommt mit in das Land des Exils – und die Familie merkt: Er ist so traumatisiert, dass er dringend Hilfe braucht. "Ich hätte auch einen Disney-Film schreiben können", sagt die Schriftstellerin, die in Leningrad geboren wurde und als Kind, zusammen mit den Eltern, nach Österreich kam. "Aber das wollte ich nicht. Ich wollte realistisch bleiben. Ich wollte erzählen, was zu erzählen ist. Klar, wär schön, wenn alles pikobello wäre, Happy end, alle glücklich, Schöne Musik, Abspann. Aber das ist für viele Kriegsüberlebende nicht der Fall."

Julya Rabinowichs Roman ist schonungslos. Er mutet uns viel zu. Er muss das tun, er kann die Realität eines Krieges nicht verschweigen. Und er zeigt ebenso, dass Madina, diese so besondere literarische Figur, bei all dem, was sie erlebt und erfährt, nicht allein ist. Mit Laura hat sie eine besondere Freundin. Und Madina geht ihren Weg, mutig und entschlossen, aller Traurig- und Hoffnungslosigkeit zum Trotz. Sie hat uns, der wir ihrer Geschichte folgen, viel zu erzählen.

Julya Rabinowichs Roman "Der Geruch von Ruß und Rosen" ist im Hanser-Verlag erschienen und kostet 18 Euro. Heute (1.12.) Abend liest die Schriftstellerin in München, um 18.00 Uhr in der Veranstaltungsreihe "Das bunte Kultursofa" in der Immanuel-Nazareth-Kirche im Stadtteil Denning.

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