Unter seinem zwölf Kilo schweren Hammer wird Gold zu einem Hauch von nichts. So dünn, dass das Licht blau hindurchscheint. Werner Auer ist einer der letzten Goldschlägermeister in Schwabach. Erst schlägt er mit rechts, wechselt dann die Hand und schlägt mit links, ohne aus dem Takt zu kommen. Das Klopfen der Hämmer war früher der typische Klang der Stadt. Heute ist er meist nur noch hier in der Schauwerkstatt des Stadtmuseums zu hören, denn längst haben Maschinen den Großteil der Herstellung übernommen.
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Schwabacher Blattgold auf der Siegessäule
Das berühmte Schwabacher Blattgold – es lässt die Siegessäule in Berlin, die Kuppel des Felsendoms in Jerusalem oder die Abtei auf dem Mont Saint Michel erstrahlen. Erst kürzlich wurde die Tradition der Goldschläger auf die bayerische Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Viele Dächer und Kunstwerke in Schwabach sind ebenfalls golden. Auch ein übergroßes Goldei ist darunter – denn Eier sind hier, neben den Goldschlägern, eine weitere große Tradition. Denn eine umfangreiche Sammlung von Vogeleiern aus der ganzen Welt bildet den Grundstock des Schwabacher Stadtmuseums.
Carl Wenglein legte Grundstein für Vogelschützer
Die Sammlung hat der Naturschutzpionier Carl Wenglein zusammengetragen. Der Grammophonnadelfabrikant aus Schwabach gründete 1931 den Weltbund für Natur und Vogelschutz. Wenglein war fasziniert von der Vielfalt der Vogelwelt, die sich auch in der Unterschiedlichkeit ihrer Eier zeigt. Winzig klein und weiß, wie etwa die Eier des Goldhähnchens, oder riesig, wie die Eier des Vogel Strauß. Bläulich, grünlich, gefleckt, marmoriert – keines der Tausenden von Eiern, die in hellgrünen Vitrinen in einem Raum des Stadtmuseums lagern, gleicht dem anderen.
Wengleins Eier-Museum im Museum
Carl Wenglein hatte sich in seiner Fabrik sein eigenes kleines Museum geschaffen, die Vitrinen anfertigen lassen, alle Ausstellungsstücke fein säuberlich selbst beschriftet. Neben Eiern sind auch die unterschiedlichsten Vogelnester, Vogelschnäbel, Vogelkrallen und einige präparierte Tiere zu sehen – ein Kaiman etwa, einige Schlangen oder Küken im Ei. Und eben Eier und nochmal Eier: von Goldhähnchen und Beutelmeise, von Rotschenkel und Wasserläufer oder Eier von Elster, Ente oder Eisvogel.
Eier-Sammlung war Grundstock für Stadtmuseum
Auch einige besondere Eier zeigt die Sammlung. Es sind Launen der Natur. Ein Ei im Ei, oder ein faltiges, leicht verformtes Ei, wie es Hühner ab und an legen. Als "Hexenei" bezeichneten es die Menschen früher und dachten, es bringe Unglück. "Dann hat man die rückwärts übern Stall geworfen", erklärt Museumspädagogin Katharina Fischer. "Heute weiß man, dass das Huhn vielleicht krank war oder zu wenig Kalk in den Eiern drin war oder es einfach nur ein altes Huhn war." Nach dem Tod Carl Wengleins im Jahr 1935 vermachte seine Frau sein Eiermuseum der Stadt Schwabach, mitsamt Vitrinen und Schaukästen.
Kratz-Technik auf Emu-Ei und Edelstein-Eier aus Nepal
So vielfältig wie die Eiersammlung des Carl Wenglein ist auch die Sammlung der künstlerisch gestalteten Eier aus aller Welt im Schwabacher Stadtmuseum. Eier aus Russland mit farbenprächtigen Ikonen darauf, Emu-Eier aus Australien, deren braune Schicht vorsichtig abgekratzt wurde und auf denen weiße Blätter und Vögel schimmern, Ostereier mit filigranen Wachsmustern aus der Ukraine oder Blaudruck-Eier aus der Lausitz – in fast allen Kulturen hat das Ei eine besondere Bedeutung, auch in denen, die nicht christlich geprägt sind. Aus Nepal etwa stammen mit winzigen Edelsteinen beklebte Eier, auf denen immer ein Stein fehlt. Die Künstler hätten den letzten Edelstein mit Absicht weggelassen, sagt Museumspädagogin Katharina Fischer, "denn der Mensch ist nicht perfekt. Und deswegen ist das Kunstwerk, das der Mensch geschaffen hat, auch nicht perfekt."
Größtes Ei der Welt vom Elefantenvogel
Das kleinste Ei der Welt ist das des Kolibris. Im Schwabacher Stadtmuseum liegt es neben dem größten Ei der Welt, dem des ausgestorbenen Elefantenvogels. Der Vogel, der dem Strauß ähnelte, lebte auf der Insel Madagaskar vor der Küste Ostafrikas. Und das Museum hat auch einige uralte Eier in seiner Sammlung. Sie stammen aus der Würm-Eiszeit und wurden vor etwa 35.000 Jahren gelegt. Vier kleine Eier liegen in einem versteinerten Vogelnest, das ein Landwirt aus Sulzfeld am Main in Unterfranken auf seinem Acker gefunden hatte.
Goldene Eier für die Kinder
In der Goldschlägerstadt Schwabach dürfen goldene Eier nicht fehlen. Neben ihnen liegt ein Heftchen mit Blattgold zwischen den Seiten und das Werkzeug des Vergolders, eine Ebenholzzange. Nur mit ihr lässt sich das feine Blattgold anfassen, ohne dass es zerreißt oder an der Haut kleben bleibt.
Wie man ein Ei vergoldet, dürfen die kleinen Besucher von Karfreitag bis Ostermontag ausprobieren, allerdings nicht mit echtem Gold. Die Kinder bekommen kleine Stücke aus Schlagmetall zum Vergolden. Nach drei vergoldeten Eiern und einem langen Nachmittag im Museum ist der zwölfjährige Jonathan begeistert. "Alle sind einfach so verschieden, obwohl es alle Eier sind", sagt er und findet die Sammlung "cool. Sehr interessant." Für die aktuelle Sonderausstellung "Hasenspuren. Von Hasen und Osterhasen" hatte er deshalb gar keine Zeit mehr.
- Zum Artikel: Osterbräuche: Vom Osterhasen bis zu den Ostereiern
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