Auf einem Smartphone wird das Logo der Plattform TikTok angezeigt.
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Seit dem 1. Februar ist die Musik von Taylor Swift, Drake, SkiAggu & Co. von TikTok verschwunden.

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Keine Universal-Musik auf TikTok: Was das für Künstler bedeutet

Universal nimmt seinen Musikkatalog von TikTok. Damit verlieren viele Künstler, die bei Universal unter Vertrag stehen, eine wichtige Werbe-Plattform. Warum der Schritt auf lange Sicht trotzdem gut für die Musikbranche sein könnte.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Bei TikTok sind derzeit viele Beiträge stumm: Seit dem 1. Februar sind auf der Plattform keine Songs mehr von Megastars wie Taylor Swift, Drake, SkiAggu & Co. zu hören. Der Grund ist ein Lizenzstreit des Musikriesen Universal mit den Verantwortlichen von TikTok. Dabei geht es vor allem um eines: Geld. Viele Kunstschaffende verlieren damit auch den wichtigsten Kanal für die Vermarktung ihrer Musik. Was das für Konsequenzen hat und warum der Lizenzstreit langfristig auch gut sein könnte für die Musiker.

TikTok als wichtige Plattform für Musikmarketing

Für die Vermarktung von Musik ist TikTok inzwischen eine der wichtigsten Plattformen. Rund 1,5 Milliarden TikTok-Nutzer können auf der Videoplattform Musik suchen und dann bis zu 60-sekündige Ausschnitte der Songs unter ihre Videos legen. Einer Chartplatzierung geht deshalb heute in vielen Fällen ein Hype auf TikTok voraus. Für viele Musiker ist die chinesische Videoplattform damit die wichtigste Möglichkeit, um ihre Musik zu vermarkten.

Die Grundlage dafür sind Lizenzverträge, die die Musiklabels mit TikTok abschließen und die bestimmen, wie viel Geld jeder Künstler für die Verwendung seiner Musik bekommt. Seit Anfang Februar sind nun alle Künstler, die bei Universal unter Vertrag stehen, davon ausgeschlossen, denn Ende Januar ist der bisherige Lizenzvertrag abgelaufen.

Gemischte Stimmung bei den Kunstschaffenden

Bei den Verhandlungen zu einem neuen Lizenzvertrag konnten sich Universal und TikTok zum Stichtag nicht einigen und so sind nun seit dem 1. Februar alle Songs von Universal-Künstlern offline. Während Universal und TikTok miteinander ringen, bleibt den Musikern, DJs und anderen Kunstschaffenden nur eines: abwarten. Doch wie ist die Stimmung bei ihnen, nachdem bei TikTok so viele Songs offline sind?

Gregor Seyffarth betreibt die ArktikOne GmbH in Berlin und vertritt als Musikmanager größere Künstler wie Makko, NegativOG oder die Boloboys, die teilweise auch von der Sperre betroffen sind. Im Gespräch mit BR24 beschreibt er die Stimmung der Kunstschaffenden als gemischt: "Alles ist so ein bisschen dabei, viele wissen überhaupt nicht, was Sache ist und können auch nicht einschätzen, was die tatsächlichen Interessen von Universal sind."

Für Seyffarth ist aber auch klar, dass Universal als börsennotiertes Unternehmen und Branchenriese ein finanzielles Eigeninteresse an einer besseren Bezahlung durch TikTok hat. Er selbst blickt leicht optimistisch auf eine mögliche Einigung: "Wenn sich Universal und TikTok einigen, dann ist es am Ende sehr wahrscheinlich, dass auch mehr Geld für Künstlerinnen hängen bleibt."

Kritik übt Seyffarth hingegen an der Tatsache, dass es häufig nur wenige Informationen dazu gibt, wie sich die Bezahlung pro verwendetem Song des Künstlers auf TikTok zusammensetzt: "Das ist eine Blackbox - auch ich als Management bekomme da nicht immer Informationen dazu." Grundsätzlich gelte die Regel: "Um so größer die Künstlerin, umso mehr Geld wird auch ankommen." Daher geht Seyffarth davon aus, dass auch eine kleine Einigung zwischen Universal und TikTok den Künstlern hilft: "Auch wenn es nur um 0,001%-Bereiche geht, in der Masse wird dann mehr Geld zur Verfügung stehen und das dann eben für die ganze Branche."

Augsburger Musikerin Rubi bleibt optimistisch

Rubi ist Musikerin aus Augsburg und hat auf TikTok fast 300.000 Follower. Auch ihre Musik ist seit dem 1. Februar nicht mehr auf TikTok verfügbar. Im Gespräch mit BR24 erzählt Rubi: "Im ersten Moment war es ein Schocker, weil es dann wirklich durchgesetzt wurde. Aber ich glaube, der Schrecken war ziemlich kurz, weil man dann auch einfach realisiert hat, es sind so viele Leute betroffen." Plötzliche Veränderungen ist man aber in der Musikszene inzwischen gewöhnt: "Ich glaube, es gibt ganz viele Sachen, die in den letzten Jahren die Musikindustrie getroffen haben wie zum Beispiel Corona mit dem Live-Geschäft."

Dass Rubi jetzt bei der Vermarktung ihrer Musik umdenken muss, sieht die Augsburgerin optimistisch: "Klar, es ist ein großes Marketingtool, was da wegfällt, aber man hat Gott sei Dank noch andere Plattformen, die einem da 'ne gute Reichweiten bieten." Trotzdem wünscht sich Rubi für die Zukunft eine Einigung zwischen TikTok und Universal: "Ich wünsche mir primär, dass es eine faire Einigung gibt. Es wäre super schön, wenn wir Künstler auch mehr vergütet werden würden. Ich glaube, es ist ja bekannt, dass man auch auf anderen Streamingplattformen einfach sehr wenig pro Klick verdient."

In Zukunft setzt Rubi jetzt erst mal auf andere soziale Netzwerke, um dort ihre Musik zu präsentieren. Trotzdem bleibt sie auf TikTok aktiv: "Ich glaube, man wird immer noch versuchen, darauf aufmerksam zu machen, dass man Musiker ist und da seinen Standpunkt weiterhin vertreten, aber Musikpromotion würde ich auf jeden Fall auf Instagram oder YouTube-Shorts weitermachen."

Ein neuer Lizenzvertrag steht aus

Wie lange die Situation so bleibt, ist unklar - die Fronten sind verhärtet. In einem Statement, das BR24 vorliegt, teilte TikTok mit: "Es ist bedauerlich und enttäuschend, dass die Universal Music Group ihre eigene Gier über die Belange ihrer Künstler*innen und Songwriter*innen stellt."

Im Gegenzug spricht Universal in einem offenen Brief davon, dass TikTok im Vergleich zu Plattformen mit ähnlicher Größe deutlich weniger an die Künstler auszahlen wolle. Die Nutzung von Musik sei ein elementarer Bestandteil im Konzept der Social Media-Plattform: "Letztendlich versucht TikTok, ein musikbasiertes Geschäft aufzubauen, ohne einen fairen Wert für die Musik zu zahlen." Eine BR24-Anfrage dazu ließ Universal bislang unbeantwortet.

Wie reagieren weitere Künstler auf die Blockade?

Wie es jetzt weitergeht, scheint ein großes Fragezeichen zu bleiben. Nicht zuletzt die betroffenen Künstler hängen jetzt in der Luft und müssen für nahende Veröffentlichungen ohne die Plattform auskommen. Im Internet sind die Reaktionen weiterer Universal-Künstler dazu gemischt, aber meist verhalten. So äußerte der Musiker Montez via Instagram die Hoffnung, dass sein kommendes Album nun auf anderen Plattformen die Aufmerksamkeit bekommt - auch wenn er eigentlich gerade damit begonnen hatte, es hauptsächlich über TikTok zu bewerben und nun kurzfristig umplanen muss.

Die Band Giant Rooks teilte auf TikTok kurzerhand ihren einzigen Song, der nicht über Universal veröffentlicht wurde, und forderte seine Fans auf, diesen anstelle des aktuellen Albums zu teilen. Mit viel Ironie äußerte sich der Rapper Kez auf Threads: "Stell dir vor, du nimmst jahrelang hauptsächlich Künstler unter Vertrag, die auf TikTok funktionieren, um dann deine Musik von TikTok zu nehmen, weil sie nicht genug bezahlen und argumentierst dann mit 'Kunst schützen'. Kannst du dir nicht ausmalen."

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