Im Prozess um die Ermordung der zehn Jahre alten Lena in einem Kinderheim in Wunsiedel hat der im Verdacht stehende Minderjährige am zweiten Prozesstag eingeräumt, das Mädchen aus Waldsassen eigenhändig stranguliert zu haben. Das bestätigte sein Anwalt dem BR am Mittwoch.
Der mittlerweile zwölf Jahre alte Junge war dazu am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt worden. Er habe außerdem im Zeugenstand ausgesagt, dass er zu der Tat angestiftet und bedroht worden sei, und zwar von dem wegen Vergewaltigung angeklagten 26-Jährigen, wie sein Rechtsanwalt Michael Hasslacher ausführte.
Anwalt: 26-Jähriger soll bei Tötung dabei gewesen sein
Verteidiger Hasslacher sagte dem BR zudem, dass der angeklagte 26-Jährige nach Worten des Jungen zu Beginn der Strangulation dabei gewesen, dann aber weggelaufen sei. Der Zwölfjährige habe zudem eingeräumt, das Mädchen während der vorausgegangenen Vergewaltigung festgehalten zu haben.
Am Dienstag haben zudem zwei Polizeibeamten vor Gericht ausgesagt, die den Jungen nach dem Vorfall abends mit Erziehern des Kinderheims betreut hatten. Deren Aussagen zufolge soll der Junge beim Spielen gesagt haben: "Um in den Himmel zu kommen, muss man durch die Hölle gehen." Diesen Satz habe der damals 11-Jährige beim Puzzeln zusammenhangslos und von sich aus gesagt, so die beiden Beamten.
Auf die Frage einer Erzieherin habe er geantwortet, dass er das aus einem Lied habe. Der Junge habe zudem sehr aufgedreht gewirkt und die Aufmerksamkeit der beiden Erwachsenen genossen. Er soll auch gesagt haben, dass es gemein sei, wenn man mit zehn Jahren sterbe.
Glaubwürdigkeit des Zwölfjährigen auf dem Prüfstand
Die Anwältin des Vaters der Getöteten, Martina Fuchs-Andonie, sagte am Morgen des dritten Prozesstages im Gespräch mit dem BR, dass die Aussage des Jungen ihrer Meinung nach "konsistent" gewesen sei. Der Junge habe einen roten Faden in seiner Aussage beibehalten. Die Glaubwürdigkeit des Zwölfjährigen und die Einzelheiten müssten nun vor Gericht geklärt werden – auch mithilfe von Gutachtern.
Für den Angeklagten könnte die belastende Aussage des Jungen Folgen haben. Grundsätzlich könnte das Landgericht auch noch im Laufe des Prozesses zu der Auffassung kommen, dass sich der 26-Jährige auch wegen Mitwirkung, beziehungsweise Anstiftung zum Tötungsdelikt verantworten muss. Ob das Landgericht Hof der Aussage des Jungen folgt, ist momentan aber noch völlig offen.
LKA-Experten: Spuren des Angeklagten an Lenas Hals gefunden
Am Mittwoch wurden zunächst weitere Zeugen angehört, darunter auch Beamte der Spurensicherung, die den Tatort im Kinderheim untersucht haben. Eine Sachverständige des bayerischen Landeskriminalamts erläuterte dabei die Auswertung zahlreicher DNA-Spuren am Auffindeort von Lena. Unter anderem seien sogenannte DNA-Mischspuren des Mädchens, dem 26-jährigen Angeklagten und dem damals elfjährigen Jungen an Lenas Bein, Rücken, T-Shirt und Hand gefunden worden. Auch an ihrem Hals seien, laut der Sachverständigen, Spuren des Angeklagten gefunden worden. Das LED-Band, mit dem der Elfjährige das Mädchen stranguliert haben soll, trägt vor allem genetische Spuren der beiden Kinder.
Am Nachmittag wurde das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgeführt, da Videoaufnahmen mit Aussagen des Elfjährigen vom April 2023 gezeigt und ausgewertet wurden. Am Freitag soll das Verfahren dann mit der Aussage eines Sachverständigen der Rechtsmedizin Erlangen und dem pathologischen Gutachten weitergehen.
Im Video: BR24Live zum Prozessauftakt am Landgericht Hof
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