"Der Mann, der Verlorenes wiederfindet, nun lag er in Arcella auf dem Platz vor dem Kloster." (Zitat aus dem Text)
Es ist heiß im Juni 1231 in Italien unweit von Padua. Noch einmal hatte Antonius gepredigt und 3.000 Menschen begeistert, ein Popstar, eine Ikone schon zu Lebzeiten. Nun ist er zusammengebrochen und stirbt. Ergreifend und atmosphärisch dicht erzählt Köhlmeier von den letzten Tagen des Antonius, der elf Monate nach seinem Tod schon heiliggesprochen wird. Ein Rekord.
Kritischer Intellektueller
In Rückblenden erinnert sich dieser sterbende Antonius an Wegmarken seines Lebens. Aber nicht um Biographisches geht es in der Novelle, sondern um den Mönch als glänzenden Rhetoriker, Hochbegabten und Intellektuellen, der sich und andere zeitlebens in Frage stellte und gegen Hochmut kämpfte.
"Solche Figuren, die etwas Archetypisches gewinnen in ihrer Zeit und zu mythischen Figuren werden, die interessieren mich besonders." (Köhlmeier)
Diesmal also Antonius, der portugiesische Adelige, der zum Franziskanermönch, Heiligen und Kirchenlehrer der katholischen Kirche wurde, "Der Mann, der Verlorenes wiederfindet". Aber nicht um verlorene Dinge geht es in der Novelle, sondern um verlorene Seelen.
"Ich habe mir Antonius immer als einen ganz volkstümlichen, ganz einfachen Mann vorgestellt, irgendwann habe ich erfahren, dass er ganz anders war, ein Intellektueller, ein Gegenpol zu Franziskus, den er einmal traf." (Köhlmeier)
Erfundene Wirklichkeit
Wenig ist bekannt von dem berühmten Franziskaner. Köhlmeier füllt die Leerstellen mit Phantasie, Erfindung und großen aktuellen Fragen: Wie kommt das Böse in die Welt?. Wie geht man um mit Andersgläubigen, den Moslems? Wie wahr sind Zeugenaussagen?
Michael Köhlmeier: "Der Mann, der Verlorenes wiederfindet", Hanser 20 Euro