Der Film kommt am 13.07.2023 in die deutschen Kinos
Bildrechte: dpa-Bildfunk/-

Juliette Binoche als Sara in einer Szene des Films "Mit Liebe und Entschlossenheit"

Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

"Mit Liebe und Entschlossenheit": Preisgekröntes Beziehungsdrama

Eine harmonische Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau gerät in dem Film "Mit Liebe und Entschlossenheit" in eine gefährliche Schieflage. Der neue Film von Regisseurin Claire Denis, mit Juliette Binoche in der Hauptrolle.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Paris im Winter. Jean und Sara leben seit neun Jahren zusammen. Sie lieben sich und sind glücklich. Aber dann trifft Sara ihren Ex-Freund Francois und ihre Beziehung und tiefe Liebe zu Jean wird auf die Probe gestellt. Juliette Binoche und Vincent Lindon spielen in ihrem neuen Film ein inniges Paar, das in eine unglücksselige Dreierbeziehung rutscht. Die renommierten Regisseurin Claire Denis bekannt für "Stars at Noon" und "High Life" bekam für dieses emotional intensive Drama "Mit Liebe und Entschlossenheit" den Silbernen Bären für "Beste Regie" bei der Berlinale 2022.

Silberner Bär bei der Berlinale 2022

Sara und Jean schwimmen im Meer. Schauen sich in die Augen. Küssen sich, wirken jung und frisch verliebt. Als sie durch das Meer an den Strand zurückgehen, halten sie sich an den Händen unter Wasser. Sie sind miteinander verbunden, auch wenn man es an der Oberfläche nicht sehen kann.

Die Innigkeit der Beiden verändert sich auch nicht nach einem harten Schnitt, als die Kamera plötzlich durch einen Tunnel der Pariser Metro fährt und das Paar bei der Ankunft in der gemeinsamen Wohnung zeigt. Auch hier herrscht Vertrautheit, Freude und das zärtliche Lächeln, mit dem sich Sara und Jean auf dem Balkon über den Dächern der Stadt in die Augen sehen. Die Anziehungskraft der Bilder ist sehr überzeugend und trotzdem ahnt man, dass dieses Glück nicht ewig währt.

Zurück in ihrer Wohnung, sprechen sie über einen möglichen neuen Job für Jean in einer Agentur. Sara ist erfolgreiche Radiomoderatorin, sie bezahlt die Rechnungen. Jean war im Gefängnis und möchte wieder Fuß fassen, sein Selbstbewusstsein als Mann zurückerlangen.

Aber die neue Stelle wäre bei Saras Ex-Mann Francois. Als sie darüber reden, sagt Sara sehr offen, dass sie Francois mal sehr geliebt habe und dass so eine Liebe nie ganz weggehe. Auch, dass sie noch sehr viel für ihn empfinde. Aber, Jean sich ihrer sicher sein könne, sie lebe ja schließlich mit ihm zusammenleben und eben nicht mit Francois. Durch diesen Dialog wird deutlich, dass Sara zwischen diesen zwei Männern steht. Sie liebt Jean ehrlich und empfindet doch noch etwas für Francois.

Ein emotional intensives Drama

Regisseurin Claire Denis lässt dabei vieles im Dunklen - oder besser, fordert den Zuschauer auf mitzudenken. Erklärt beispielsweise nicht, warum Jean im Gefängnis war oder warum Sara, Francois seinerzeit verlassen hat. Man ist dazu gezwungen, auf Sätze und Handlungen der Protagonisten zu achten, die diese Fragen beantworten. Und während die Liebe von Jean und Sara bedroht ist tauchen andere Probleme in Jeans‘ Leben auf.

Sein 15 - jähriger Sohn Marcus, der bei seiner Großmutter außerhalb von Paris lebt, droht von der Schule zu fliegen. Als Jean im Gefängnis war, hat sich die Großmutter um den Jungen gekümmert. Er ist schwarz, Teenager und hat auf nichts Lust. Die Mutter von Marcus lebt auf Martinique. Jeans Mama ist überfordert mit den Problemen des Enkels, fühlt sich damit alleine gelassen. Versucht immer wieder erfolglos den Vater, Jean, zu erreichen. Sagt verzweifelt zu ihrem Enkel: „Ich bin einfach zu alt, ich bin keine richtige Oma, das schaff ich nicht mehr“.

Jean versucht an seinen Sohn emotional heran zu kommen, vergeblich. Er fährt drei Stunden durch Paris aufs Land, um mit Marcus zu sprechen, er will nicht. Jeans Leben entgleitet ihm langsam. Diese Abwärtsspirale zieht sich durch Jeans leben und durch den gesamten Film. Die perfekten Bilder einer Paarbeziehung und einer schicken Pariser Dachwohnung werden ausgetauscht, durch überforderte Menschen, eine Familie, die sich nicht mehr zu helfen weiß. Und auch hier verzichtet die Regisseurin auf Erklärungen, lässt offen, warum die Großmutter den Enkel großzieht, warm die Mutter nicht anwesend ist.

Der gnadenlose Zerfall einer Liebesbeziehung

Als Sara Francois auf einer Party begegnet, brennt die alte Liebe lichterloh. Francois nennt sie "Mon Amour", meine Liebste. Jean beobachtet Sara und Francois, wie sie sich umarmen, vertraut wirken und bekommt Angst. Die Liebe zwischen Sara und Francois wirkt wie ein vollgestopfter Schrank, dessen Türen jahrelang mit Gewalt zugehalten wurden. Jetzt öffnen Sara und Francois diese Türen und die reingestopften Dinge drängen nach draußen, fallen unkontrolliert alle auf einmal aus diesem Schrank heraus.

Jean fühlt sich machtlos und ist es auch. Merkt wie sich alles verändert. Versucht sein Leben und die Beziehung zu Sara zusammenzuhalten. Er wird eifersüchtig und zum Kontrollfreak. Macht Sara Vorwürfe, sie würde ihn nicht mehr anschauen. Sara fühlt sich unfrei und gegängelt. Jean dagegen ist tief verletzt von der zur Schau getragenen Innigkeit zwischen Sara und ihrem alten Liebhaber Francois.

Die Regisseurin Claire Denis zeigt den gnadenlosen Zerfall einer scheinbar stabilen Liebesbeziehung. Mit einer ungewöhnlichen Rolle für Juliette Binoche, die gerne als Sympathieträgerin unter Vertrag genommen wird, aber hier eine Frau spielt, die sich nicht entscheiden kann. Sie lügt, verheimlicht und ist trotzdem integer, denn man glaubt ihr ihre Zerrissenheit, man sieht, wie sie kämpft und in den Momenten mit Jean und Francois denkt, das Richtige zu tun. Man versteht ihr Handeln. Bei aller dargestellten Leidenschaft und tiefer Gefühle, bewahrt der Film aber eine gewisse Nüchternheit gegenüber seinen Figuren. Sie wirken wie eingeschlossen in ihrer Persönlichkeit und einfach nicht in der Lage etwas an ihrer Situation wirklich zu verändern. Als Sara ihr Smart Phone in die Badewanne fällt und sie einen Techniker bittet, die Daten zu retten, sagt er nur: "Es ist gar nichts mehr drauf". Alle Daten, alle Fotos, alle Nummern, alles weg. Unwiderruflich. Katastrophe oder Gnade? Das kommt vermutlich immer darauf an, wo man grad im Leben steht.

"Mit Liebe und Entschlossenheit", Regie: Claire Denis, mit Juliette Binoche, Vincent Lindon, Grégoire Colin, 116 Minuten. Kinostart in Deutschland ist der 13. Juli 2023

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!