Ein Mann umarmt eine Frau
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Szene aus dem Film Münter & Kandinsky von Markus O. Rosenmüller

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Pappkameraden vor toller Kulisse: Der Film "Münter & Kandinsky"

Pappkameraden vor toller Kulisse: Der Film "Münter & Kandinsky"

Der Film "Münter und Kandinsky" von Marcus O. Rosenmüller handelt von der Gründung der Künstlergruppe "Der Blaue Reiter" sowie einer tragischen Liebesgeschichte im Voralpenland - leider bleibt vieles trivial, was interessant hätte werden können.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Natürlich ist das ein idealer Filmstoff. Die Gründung der Künstlergruppe "Der Blaue Reiter" zu Beginn des 20. Jahrhunderts in München gilt nicht umsonst als ein Höhepunkt des Expressionismus in Deutschland. Ihr Vordenker Wassily Kandinsky ist nach wie vor einer der ersten abstrakten Künstler weltweit, obgleich inzwischen etliche alternative Kunstgeschichten erzählt werden, zum Beispiel die von der Schwedin Hilma af Klint.

Dazu kommt, in jedem Film unumgänglich, eine Liebesgeschichte: Junge, selbstbewusste Frau – Gabriele Münter – verliebt sich in ihren Mallehrer Wassily Kandinsky. In einer privaten Kunstschule in München. Die Akademien waren Frauen noch verboten. Er verschweigt ihr, dass er längst verheiratet ist. Später wird er ihr sogar noch seine zweite Heirat mit der jungen Russin Nina verheimlichen, während Münter im Ersten Weltkrieg weiter auf seine Rückkehr nach München wartet.

Gabriele Münter wirkt bisweilen brüsk

In dieser ungleichen Beziehung wurde Kandinsky bisher immer als der allein Schuldige gesehen: Feig, überheblich, inkonsequent. Hier entwickelt das Drehbuch von Alice Brauner eine differenziertere Sicht. Im Sommer auf dem Filmfest München sagte sie: Gabriele Münter habe nicht wahrhaben wollen, "was er ihr schon 1914 erklärt hat, nämlich, dass er eigentlich nicht mit ihr zusammenleben wollte. Sie hat das komplett verdrängt. Es war wichtig, das einmal neu zu betrachten".

Gabriele Münter, in der sehr engagierten Interpretation ihrer Darstellerin Vanessa Loibl, wirkt bisweilen brüsk. Überheblich urteilt sie über die Bilder von Maria Marc. Deren Mann Franz droht daraufhin: "Ich könnte dieses Weib totschlagen!" August Macke solidarisiert sich mit den Marcs, während Kandinsky resigniert und schweigt.

An solchen Konflikten wäre der Blaue Reiter fast gescheitert, bevor seine eigentliche Geschichte beginnen konnte. Die Dialoge bestehen zu großen Teilen aus Briefzitaten, sagt Regisseur Marcus O. Rosenmüller: "Die historische Genauigkeit, die war uns schon sehr, sehr wichtig. Die Dinge, die überliefert sind, und es ist eine Menge überliefert." So sei der Briefverkehr zwischen Gabriele Münter und Wassily Kandinsky – zum Großteil ist der archiviert. Aber auch Briefe von Franz Marc an Kandinsky und umgekehrt, an Paul Klee, also in diesem ganzen Geflecht des Blauen Reiter. "Und wir haben es so weit dann getrieben, dass wir Passagen aus den Briefen auch in Dialoge übersetzt haben", sagt Rosenmüller.

Das Problem mit den Briefen

Da wären wir auch schon bei einem zentralen Problem dieses nach Briefen erzählenden Films: Die Personen und ihre Darsteller – darunter Tatort-Kommissare wie Vladimir Burlakov und Felix Klare – schreiten herum wie nett kostümierte Pappkameraden und sagen Papierenes auf. Erklären ausführlich, was wir auch einfach sehen könnten. Außerdem geht es viel zu sehr um die wechselnden Lagen der Liebe und viel zu wenig um Kunst. Zwar stehen die Darsteller in den wunderbaren Landschaften rund um Murnau – großartig im Kino-Weitwinkel – aber auf die Idee, die Farben einfach mal expressionistisch explodieren zu lassen, oder eine Landschaft mit dem entsprechenden Gemälde zu überblenden, kommt hier leider niemand.

Die stärkste Szene steht so gleich am Anfang, ist aber wiederum komplett erfunden: Im Nebel des Kriegsjahrs 1942 kommt eine militärische Abordnung der Reichskulturkammer zu Gabriele Münter nach Murnau. Die Männer wollen so genannte "entartete" Kunst beschlagnahmen. Obwohl der zu diesem Zeitpunkt längst andere Wege gehende Kandinsky sie so enttäuscht hat, versteckt Münter seine Kunst erfolgreich vor ihren Zerstörern. Danach geht es dann aber fast nur noch um Trivialeres.

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