Seit dem Massaker der Terrororganisation Hamas in Israel und dem in der Folge begonnenen Krieg in Gaza erlebt Deutschland eine beispiellose Welle von Antisemitismus und Rassismus. Viele Künstlerinnen und Künstler haben darauf bisher sehr verhalten reagiert. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine war das anders, die Kulturszene nahm Stellung und Anteil.
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"Artists Against Antisemitism"
Künstlerinnen und Künstlern aus Augsburg waren dieses "laute Schweigen" (so Pianist Igor Levit ) in der Kulturszene nach dem 7. Oktober leid. Sie unterzeichneten die Kampagne "Artists Against Antisemitism", die schon länger gegen Antisemitismus in der Kunstszene kämpft und veranstalten nun selbst Abende gegen den Hass auf Juden, mit Diskussionen, Lesungen und Musik. Mit von der Partie sind am 24. April unter anderem die Autorin Carmen Achter, Sabeth Braun, die leitende Dramaturgin des Augsburger Staatstheaters, André Bücker, der Intendant des Augsburger Staatstheaters, die Schriftsteller Franz Dobler und Gerald Fiebig und Gäste aus Berlin, die zum Institut für Neue Soziale Plastik gehören.
"Nicht so bekannt" sei "Artist Against Antisemitism" (kurz: AAA), sagt Franz Dobler, einer der Teilnehmer des Augsburger Abends gegen den Hass, im BR-Interview. "Artist Against Antisemitism" wurde von Künstlerinnen und Künstlern - darunter die Band Ecotronic - bereits 2021 gegründet: als Reaktion auf die "Initiative GG53 Weltoffenheit gegen den BDS-Bundestagsbeschluss". Doch anders als letztere, der sich große Kulturinstitutionen in ganz Deutschland angeschlossen hatten, fand die Initiative AAA wenig Unterstützung bei großen Kultureinrichtungen. "Da ist das Staatstheater Augsburg eine Ausnahme, sowohl namentlich mit Intendant André Bücker als auch insgesamt als Staatstheater Augsburg", sagt Dobler.
Gesicht zeigen, Stellung beziehen
Und Bücker und sein Staatstheater-Team fangen nicht erst jetzt damit an, ein Zeichen gegen Gleichgültigkeit und den Hass gegen die Juden zu setzten. Schon bald nach dem 7. Oktober hat das Augsburger Staatstheater einen Raum für Lesungen und Gespräche geöffnet, etwa mit einer 24-Stunden Lesung in Solidarität mit Israel von Lion Feuchtwangers "Josephus Trilogie".
Die Sorge der Augsburger Künstlerinnen und Künstler gilt nach Dobler nicht nur dem wachsenden Antisemitismus, sondern damit verbunden zugleich dem Zustand der Demokratie in unserem Land. "Dass es in Deutschland eine immer stärker werdende neue Rechte gibt", beschäftige ihn mehr als er wolle, und dass "sich die Wahrnehmung, wer sind die Bösen in diesem Nahost-Konflikt verschiebt in Richtung Israel bis hin zu Punkt, dass Israel als Apartheidstaat definiert werde, im Sinne von im Vergleich mit Südafrika."
Es soll nicht bei dem einen Abend im Rock-Café des Staatstheaters bleiben: Die Augsburger Künstlerinnnen und Künstler, die im Sinne des AAA Gesicht zeigen und sich eindeutig positionieren, machen heute nur den Anfang und laden dazu ein, zu kommen.
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